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Autor Thema: BGH zu Erdgas- Monopolen  (Gelesen 3905 mal)

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BGH zu Erdgas- Monopolen
« am: 29. September 2006, 19:21:40 »
[ KVR-9-96 06-05-1997 ]

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2005-12-13&nr=36447&anz=26&pos=13&Frame=2

http://www.publicgovernance.de/pdf/Bundesgerichtshofentscheidung.pdf

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2003-2&nr=26574&linked=bes&Blank=1&file=dokument.pdf

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2003-2&nr=26575&linked=bes&Blank=1&file=dokument.pdf

http://www.recht.com/documents/BGH-DAT%20Zivilsachen/KVR%209_2F96.asp



Überschreitung des Tarifgestaltungsfreiraums
BGH, Beschl. v. 6. Mai 1997  – KVR 9/96

Ein Preismißbrauch im Sinne des § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB kann auch dann vorliegen, wenn ein Erdgasversorgungsunternehmen bei einzelnen Tarifabnahmeverhältnissen - in Überschreitung seines Tarifgestaltungsfreiraums - ungünstigere Preise als ein gleichartiges Versorgungsunternehmen fordert. »Gaspreis«

a) Ein Versorgungsunternehmen handelt nach § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB mißbräuchlich, wenn es ungünstigere Preise fordert als gleichartige Versorgungsunternehmen, es sei denn, es weist nach, daß der Unterschied auf abweichenden, ihm nicht zurechenbaren Umständen beruht. Dabei geht es nicht um den Vergleich der Preise des betroffenen Versorgungsunternehmens mit solchen, die von einem anderen unter gleichen Gebietsstrukturverhältnissen in wirksamem Wettbewerb gebildet wurden. Auch das Vergleichsunternehmen ist durch Verträge, die nach § 103 Abs. 1 GWB freigestellt sind, von brancheninternem Wettbewerb befreit. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß seine Preise zwar günstiger als die des betroffenen Versorgungsunternehmens sind, jedoch ebenfalls noch mißbräuchlich. Im Sinne eines (unvollkommenen) Ersatzes für die leistungsfördernde Wirkung des Wettbewerbs soll es nach § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB als Mißbrauch der Freistellung angesehen werden, wenn ein freigestelltes Versorgungsunternehmen sein Versorgungsgebiet zu ungünstigeren Preisen versorgt, als dies bei gleichen strukturellen Verhältnissen einem anderen Versorgungsunternehmen möglich ist (vgl. auch Monopolkommission, Die Mißbrauchsaufsicht über Gas- und Fernwärmeunternehmen, Sondergutachten 21, Tz. 62, 68  ).

Die Preisgestaltung dient dabei als einfach zu handhabendes Mißbrauchskriterium. ...

Nach dem Grundgedanken des § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB ist es - in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Vorschrift - nicht von vornherein ausgeschlossen, daß der Vergleich der Preise eines Versorgungsunternehmens mit den Preisen eines gleichartigen Versorgungsunternehmens auch dann, wenn er nur auf einzelne Abnahmeverhältnisse bezogen wird, zur Feststellung eines Mißbrauchs führt.

Dies gilt um so mehr, als die Mißbrauchsaufsicht nach § 103 Abs. 5 GWB auch dem Schutz einzelner Abnehmer dient (vgl. - noch zu § 104 GWB a.F. - BGH, Beschl. v. 27.11.1964 - KVR 3/63, WuW/E 655 - Zeitgleiche Summenmessung; Klaue, aaO, § 103 Rdn. 63; Jungtäubl, Preishöhen- und Preisstrukturkontrolle bei der leitungsgebundenen Stromversorgung, S. 125 f.; Ebel, Energielieferungsverträge, S. 115 f.).

Mit einem Preisvergleich für einzelne Abnahmeverhältnisse wird aber - jedenfalls im Tarifabnahmebereich - regelmäßig kein Mißbrauchsvorwurf begründet werden können, da zu berücksichtigen ist, daß den Versorgungsunternehmen ein Tarifgestaltungsfreiraum zusteht. ...

Der Tarifgestaltungsfreiraum der Versorgungsunternehmen ist jedoch nach dem Grundgedanken des § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB eng bemessen; er darf insbesondere nicht zu einem Mißbrauch bei der Preisstruktur führen, indem bei der Preisgestaltung unter Verstoß gegen den Grundsatz der verursachergerechten Kostenzuordnung einzelne Abnehmergruppen zugunsten anderer Abnehmergruppen benachteiligt werden (vgl. Büdenbender, Energiekartellrecht, § 103 GWB Rdn. 384; Jungtäubl, aaO, S. 149 ff.).

b) Danach wird im weiteren Verfahren erneut zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen für eine Beanstandung der Preisgestaltung gemäß § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB bei den genannten Abnahmeverhältnissen gegeben waren. Zumindest der Preisabstand zu den Preisen der Stadtwerke S. für gleiche Abnahmeverhältnisse ist mit 19 % derart hoch, daß ohne weiteres von einem Überschreiten der Grenzen des zuzugestehenden Tarifgestaltungsfreiraums auszugehen wäre, wenn nicht festgestellt wird, daß die im Verhältnis zu den Preisen der Vergleichsunternehmen ungünstigeren Preise der Betroffenen darauf beruhten, daß diese das fragliche Gebiet im Sinne des § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB unter abweichenden - ihr nicht zurechenbaren - Umständen versorgt.

 

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