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Autor Thema: Neue Aufsätze zu § 315 BGB (Versorgersicht)  (Gelesen 2848 mal)

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Offline RR-E-ft

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Neue Aufsätze zu § 315 BGB (Versorgersicht)
« am: 28. September 2006, 19:03:55 »
Bereits hier besprochen:

http://www.competence-site.de/energie.nsf/3CFBC8F794D6718AC12571540032DC3D/$File/0602unbilligkeit%20von%20gaspreisen.pdf

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/Gemeinschaftsaufsatz_Par315_et_0512.pdf

In zentralen Punkten wieder einmal neben der Sache:

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/Aufsatz_Hoech-Goege_et_2006-50ff.pdf

Hier soll sogar den Unternehmen eine Handreichung zuteil werden, die im Extremfall gar keine eigene Kalkulation angestellt haben (!).

Netzentgelt werden sich auch weiterhin über § 315 BGB kontrollieren lassen.

Kuehne will weiter die aktuelle Rechtsprechung des BGH nicht annehmen. Er setzt sich inhaltlich nicht mit dieser auseinander, sondern verfolgt weiter die sog. "Verdrängungsthese":

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/Aufsatz_Kuehne_NJW_2006-2520ff.pdf

Dieser hat der BGH in allen Verfahren eine Abfuhr erteilt, in denen § 315 BGB angewandt wurde:

BGH Urt. v. 02.10.1991, NJW- RR 1992, 183 ff.
BGH Urt. v. 06.03.2001, NJW 2001, 2541
BGH Urt. v. 05.02.2003, NJW 2003, 1449
BGH Urt. v. 30.04.2003, NJW 2003, 3131
BGH Urt. v. 05.07.2005, NJW 2005, 2919
BGH Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 7/05
BGH Urt. v. 18.10.2005, NJW 2006, 684
BGH Urt. v. 07.02.2006, NJW- RR 2006, 915
BGH Urt. v. 15.02.2006; NJW 2006, 1667 (1670) Tz. 28 ff.

Immerhin sind Anwendungsfälle des § 315 BGB denkbar, in denen der Leistungsbestimmungsberechtigte gar keine marktbeherrschende Stellung inne hat....

Diese Fälle werden schlicht ignoriert, als wenn es sie nicht gäbe.

Die Herangehensweise mutet aus methodischer Sicht deshalb befremdlich an.

Sollte früher die Verdrängung noch Fälle der analogen Anwendung des § 315 BGB betreffen, so hat man wohl jetzt sogar die Fälle einer direkten Anwendung des § 315 BGB im Blick. Es fehlt jedwede nachvollziehbare Begründung dafür.

Selbstredend entfällt nicht der Tatbestand des § 315 BGB - wie auch ?!!!

Das gilt selbst dann, wenn Ansprüche deckungsleich wären (Idealkonkurrenz).

Was aber noch viel bedenklicher stimmt, ist dass die Autoren das im Energierecht vorrangige Prinzip der Preisgünstigkeit der Versorgung (§§ 1, 2 Abs. 1 EnWG) vollkommen unbeachtet lassen.

Dieses spielt indes selbst im Kartellrecht eine Rolle (vgl. KG Berlin, RdE 1997, 239 -Spreegas), ebenso wie das Kostendeckungsprinzip und das Prinzip der verursachungsgerechten Kostenzuordnung (insbesondere bei Erdgaspreisen vgl. BGH, RdE 1998, 24 [26], re. Sp.- SWM Stadtwerke München)

Offensichtlich fehlt es den Autoren an der Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung:

Der BGH hatte erst im Urteil vom 18.10.2005 (NJW 2006, 684), dort in Textziffer 13 am Ende darauf abgestellt, dass sich die Preisbildung von Unternehmen im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Strom und Gas an der Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung zu orientieren hat (§ 1 EnWG).

Mithin gibt es in §§ 1, 2 EnWG eine Einschränkung der Preisbildungsfreiheit, welche sowohl im Rahmen der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle als auch im Rahmen der kartellrechtlichen Kontrolle Beachtung verlangt.

Ebenso wird unterschlagen, dass ein gesetzlicher Kontrahierungszwang, also eine Versorgungspflicht besteht.

Wer diese ganz zentralen Gesichtspunkte außer Acht lässt, kann nicht zum zutreffenden Ergebnis fiinden.

Anders gewendet: Thema verfehlt.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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