Energiepreis-Protest > Stadtwerke Leipzig

sofortiges Anerkenntnis

(1/2) > >>

Leipzigerin:
Liebe Mitstreiter,
ich finde auf Ihren Seiten das folgende Zitat:
Wenn das Energieversorgungsunternehmen Klage gegen den Kunden auf gerichtliche Festsetzung der angemessenen Preiserhöhung erhebt, muss es zunächst Unterlagen und Berechnungen vorlegen, aus denen sich die Billigkeit der Preiserhöhung ergibt. Liegen diese Unterlagen vor und ergeben diese einen Anpassungsbedarf über die vom Kunden bereits zugestanden 2 Prozent hinaus, dann kann der Beklagte (hier also der Gaskunde) die Forderung insoweit anerkennen.
Prozessrechtlich bewirkt ein derartiges "sofortiges Anerkenntnis", dass dem Kläger (hier also dem Gasversorger) die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, weil der Beklagte bis zur Vorlage der Berechnungsunterlagen keinerlei Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (§ 93 ZPO). Mit anderen Worten: Die Energieversorger bleiben auf den Prozesskosten sitzen, wenn sie die Verbraucher nicht vor der Klageerhebung ausführlich und nachprüfbar über ihre Kalkulationsgrundlagen für den Gaspreis informiert haben.

Ein Rechtsanwalt - Fachmann für Energie - sagte mir gestern, dass dennoch Gerichtskosten auf mich zukommen, wenn ich verklagt werde und sofort anerkenne.
Ich habe mit Musterschreiben der Billigkeit der Gaspreiserhöhung der Stadtwerke Leipzig (Grundvertrag, kein Sondervertrag!) widersprochen, regelmäßig die alten Preise gezahlt, aber keine 2 % Erhöhung.

Welche Aussage ist richtig???
Ich danke für Antworten, Kontakte.......
Tana

Fridericus Rex:
Die zweite Antwort ist richtig, sofern ich das richtig einschätze:

Sofern Sie die Klageforderung anerkennen, erkennen Sie die Billigkeit der Entgelte von Anfang an. Damit ist die Fälligkeit mit Rechnungslegung/ Abschlagszahlungszeitpunkt eingetreten. Wenn Sie dies nicht zahlen, geben Sie dem VErsorger Grund zu klagen.

§ 93 ZPO lautet:


--- Zitat ---§ 93 Kosten bei sofortigem Anerkenntnis
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
--- Ende Zitat ---


Das sofortige Anerkenntnis hat also nur dann Erfolg, wenn Sie sich gar nicht gegen die Klage verteidigen. Das ist der Fall, dass Sie verklagt werden und gleich sagen "Ja stimmt, ich zahle". Sofern Sie aber zunächst argumentiert haben, können Sie auch nicht mehr mi der Wirkung des §93 ZPO anerkennen.

RR-E-ft:
@Fridericius Rex

Ihre Aussage ist grundsätzlich richtig.

Im Falle einer einseitigen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB lässt der BGH jedoch eine Ausnahme zu, wenn man sich nämlich mit der Klageerwiderung ein sofortiges Anerkenntnis für den Fall des Nachweises der Angemessenheit vorbehält.

Der Bestimmungsgegner soll dabei nämlich gerade nicht in die Lage versetzt werden, "auf Verdacht" eine Forderung anzuerkennen, deren rechtlichen Bestand er nicht erkennen kann, um sich die Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses und der günstigen Kostenfolge zu erhalten.

Eine entsprechende BGH - Entscheidung ist sowohl in Energiedepesche Sonderheft als auch in Fricke, WuM 2005, 547 ff. nachgewiesen:

BGH, Beschluss v. 03.03.2004 - IV ZB 21/03 unter II 2 a) mit weiteren Nachweisen

Insoweit gilt im Zusammenhang mit § 315 BGB und § 93 ZPO eine Besonderheit, welche jedoch selbst in der Standardkommentierung nicht genannt wird und leider wenig bekannt ist.

Man darf deshalb auch nicht darauf vertrauen, dass ein Anwalt sie kennt.

Den Vorbehalt sollte man nicht vergessen zu erklären undzwar zuvörderst.


Allerdings sah ersichtlich  noch nie ein Verbraucher Anlass zu einem solchen sofortigen Anerkenntnis.

Jedenfalls wären entsprechende Entscheidungen bisher nicht bekannt geworden.

Ggf. sei deshalb Energiedepesche Sonderheft empfohlen.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

DieAdmin:
@Leipzigerin

es wäre nett, wenn Sie nicht doppelt wortgleiche Themen eröffnen würden. Schauen Sie bitte erst nach denen von Ihnen bereits eröffneten Threads. Und da erkennen Sie, das Ihre Fragen bereits beantwortet wurden.

Schöne Grüße aus dem Thüringer Wald

RR-E-ft:
In der o. g. BGH- Entscheidung heißt es:

Eine Partei ist nicht gehalten, einen erst im weiteren Verlauf des Rechtsstreits substantiiert vorgetragenen Klageanspruch schon zuvor - gleichsam auf Verdacht - anzuerkennen, um sich der Kostentragungslast entziehen zu können.

Weiter ergibt sich aus der Rechtsprechung eindeutig:

Eine einseitige Preisbestimmung ist für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht (§ 315 III BGB).  

Der Nachweis der Billigkeit ist deshalb Teil der notwendigen Substantiierung des Anspruches.

Die Substantiierung der Billigkeit einseitig bestimmter Energiepreise erfordert regelmäßig, dass das Versorgungsunternehmen seine Kalkulation offen legt.

Deshalb war meine Überlegung:

Mithin fehlt es ohne nachvollziehbare Offenlegung der Kalkulation an der notwendigen Substantiierung des Anspruches, so dass die o. g. BGH- Rechtsprechung zum Tragen kommt.

Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn die verklagte Partei bereits vorprozessual eine entsprechende Substantiierung durch Offenlegung der Kalkulation verlangt hatte, weil nicht verlangt werden kann, dass sie ohne einen entsprechenden Nachweis auf eine einseitig bestimmte Forderung leistet.

Von der Frage der Tragung der Prozesskosten (§ 93 ZPO) deutlich zu unterscheiden ist wiederum die Frage, ob Verzugszinsen geschuldet sind.

Wird die Forderung als der Billigkeit entsprechend anerkannt, entsprach sie wohl schon immer der Billigkeit und war mithin jederzeit verbindlich, so dass dann auch Verzugszinsen geschuldet sein können.

Zu dieser Frage gibt es indes verschiedene Auffassungen.




Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln