[ KZR-30-00 09-07-2002 ; VIII-ZR-138-05 15-02-2006 ]
Vielen wird der folgende Beitrag bekannt sein:
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=2515http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/BGH-Urteil_KZR30-00_09-07-02.pdfEine AGFW- Stellungnahme von Kollegen Norman Fricke / Jena, derzeit Frankfurt/ Main:
http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/Boernsen-Urteil_und_Preisprotest.pdfHierzu ist folgendes anzumerken:
Unbesehen der Tatsache, dass das OLG Stuttgart der Neukundentheorie des LG Ulm nach dem
Büdenbender- Gutachten die Gefolgschaft verweigert, gilt Folgendes:
Der BGH hat den angeblich so
schillernden Begriff der
Daseinsvorsorge erst in seinem Urteil vom Februar 2005 zum Auskunftsanspruch zum Niedersächsichen Pressegesetz wieder "aufgerufen" und mit zahlreichen Fundstellen belegt (vgl. S 6/7 UA):
http://www.publicgovernance.de/pdf/Bundesgerichtshofentscheidung.pdfUnter
Daseinsvorsorge versteht die Rechtsprechung demnach einen Teil der öffentlichen Leistungsverwaltung, welche auch in der Form des sog.
Verwaltungsprivatrechts erbracht werden kann:
http://de.wikipedia.org/wiki/DaseinsvorsorgeDemgegenüber ist der Verkauf von Grundstücken wohl niemals Teil einer öffentlichen Leistungsverwaltung gewesen, selbst nicht bei Bodenreformen:
http://de.wikipedia.org/wiki/BodenreformDamit kann man den die Gemeinde Börnsen bei Hamburg betreffenden Sachverhalt von Anfang an auch schon nicht vergleichen.
Wo eine Gemeinde Grundstücke verkauft handelt sie vielmehr als
Fiskus, in der
"Verkleidung eines Kaufmanns "und nimmt wie ein solcher am Rechtsverkehr teil, ebenso wie bei der Beschaffung von Bleistiften, und Radiergummis für die Verwaltung oder eben Panzern und Socken für die Bundeswehr.
Der
Fiskus ist jedoch von der öffentlichen Verwaltung und somit auch von der Leistungsverwaltung säuberlich zu trennen. Diese Erkenntnis gehört wohl zum Allgemeingut und man muss dafür kein juristisches Studium absolviert haben:
http://de.wikipedia.org/wiki/FiskusIst die Leistungsverwaltung Teil des hoheitlichen Verwaltungshandelns der Gemeinde, welches nach Art. 28 GG geschützt ist, so handelt es sich beim
fiskalischen Handeln um keine hoheitliche Betätigung, sondern um reines privatrechtliches Handeln.
Schon wegen dieser eindeutigen Unterscheidung kann die Stellungnahme nicht überzeugen, die den Grundstücksverkauf mit der Fernwärmeversorgung gleichzusetzen versucht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Verwaltungshandeln.pngNicht anders verhält es sich bei der Marktabgrenzung eines angeblich einheitlichen Wärmemarktes.
Einen solchen gibt es nicht, weil schon nirgends Wärme als solche gehandelt wird.
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=3578Auf dem Markt für Heizsysteme betätigen sich Energieversorgungsunternehmen regelmäßig nicht, weil die Kunden nicht ein komplettes Heizsystem, sondern vielmehr allein den Energieträger beziehen (vgl. nur umfassend
Lutz, RdE 2000, 62 ff. , m. w.N.)
Der BGH hatte deshalb vollkommen recht mit der Feststellung, dass es einen einheitlichen Wärmemarkt nicht gibt.
Nun mag der Markt für Grundstücke und Heizsysteme ( etwa Kachelöfen) ein bundesweiter sein.
Nur weil es Fernwärme heißt, handelt es sich demgegenüber bei der Fernwärmeversorgung jedoch noch lange nicht um einen bundesweiten Markt.
Fernwärme von einem Unternehmen kann nur beziehen, wer an dessen notwedig räumlich begrenztes Netz angeschlossen ist.
Ein bundesweites Fernwärmenetz wäre unbekannt geblieben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fernw%C3%A4rmeZwar gibt es ein bundesweites Erdgasnetz, jedoch erfolgt auch dabei die räumliche Marktabgrenzung regional (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 28.11.2005; BGH, B. 13.12.2005 - KVR 13/05).
Auch dabei kann eine versuchte Gleichsetzung der vollkommen unterschiedlichen Märkte für Grundstücke einerseits und Fernwärme andererseits deshalb nicht überzeugen.
Der BGH hatte also vollkommen zutreffend die verschiedenen Begriffe und Märkte abgegrenzt und nicht etwa mit Begriffen nach Lust und Laune jongliert, weil noch Platz auf dem Papier war.
Und soweit es um den eigentlichen Sinn dieser Stellungnahme geht:
Der BGH hatte zudem bereits in mehreren Entscheidungen die Anwendbarkeit von § 315 BGB auf (faktisch) einseitig bestimmte Fernwärmepreise festgestellt, zuletzt in der Entscheidung vom 15.02.2006 (BGH NJW 2006, 1667 Tz. 28 ff. = WuM 2006, 207).
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=586e460626440a28c735291a95e9e837&client=%5B%273%27%2C+%273%27%5D&client=%5B%273%27%2C+%273%27%5D&nr=35754&pos=3&anz=40Nach alldem überzeugt diese umfassende Stellungnahme, die wohl so ganz aus sich selbst schöpft und keine Quellen benennt, nicht.
Nicht nur in Jena wurde und wird jedenfalls an der Universität anderes gelehrt.Man fragt sich schon, wem solche umfangreichen AGFW- Stellungnahmen nützen sollten, wenn sie sich doch schon auf den ersten Blick "quasi auf die Stirn geschrieben" als unhaltbar erweisen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt