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Autor Thema: Antwort der Stadtwerke Eilenburg auf Musterschreiben  (Gelesen 6652 mal)

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Antwort der Stadtwerke Eilenburg auf Musterschreiben
« am: 14. Oktober 2004, 17:03:31 »
Habe heute folgenden Brief meines Versorgers zu meinem Widerspruch zu der geplanten Erhöhung der Gaspreise erhalten:

Zitat

Herrn ...

...

... Eilenburg

Abnahmestelle ...
Kundennummer ...


Sehr geehrter Herr ...,

in vorgenannter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf Ihr Schreiben vom 24.09.2004. Sie führen aus, dass Sie die Erhöhung der Gaspreise zum 01.10.2004 für unbillig im Sinne des § 315 BGB halten und auch nach der Preiserhöhung an der Weiterzahlung des alten bisherigen Preises festhalten werden.

Leider können wir Ihre Rechtsauffassung nicht teilen. Eine Nachweispflicht der \"Billigkeit\" der neuen Preise ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt. Dies möchten wir Ihnen wie folgt erläutern.

Zunächst ist voranzustellen, dass die allgemein angekündigten Preissteigerungen für Strom- bzw. Erdgasversorgung derzeit in den Massenmedien kontrovers und nicht immer sachlich fundiert diskutiert werden.

Vor diesem Hintergrund ist Ihr Anliegen, Ihnen die \"Billigkeit\" (Angemessenheit) der Erhöhung der
Erdgaspreise nachzuweisen, aus Ihrer Sicht sicherlich verständlich, aus unserer Sicht aber nicht berechtigt.

Anders als Strom steht Erdgas am Energiemarkt in einem ausgeprägten Substitutionswettbewerb mit anderen Energieträgern. Deshalb hat der deutsche Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, Erdgas einer staatlichen Preisaufsicht zu unterwerfen. Dieser Wettbewerb besteht insbesondere bei der Energieversorgung für Heizungsanlagen mit leichtem Heizöl. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Erdgas, ebenso wie Erdöl auch, ein Naturprodukt ist, das nur in wenigen Ländern vorkommt. Deutschland ist derzeit zu ca. 80% auf Erdgasimporte aus dem Ausland angewiesen.

Daher bieten langfristige Verträge, deren Laufzeiten zum Teil über das Jahr 2025 hinausgehen, den deutschen Erdgasimporteuren Sicherheit für die Bezüge von den wenigen Erdgasproduzenten. In diesen Verträgen können jedoch keine konkreten Preise festgeschrieben werden, da diese sich flexibel an der jeweiligen Wettbewerbssituation im Markt orientieren müssen. Daher werden in vertragsrechtlich zulässiger Weise Preisformeln vereinbart, die sich an der wichtigsten Konkurrenz-energie im Markt, nämlich dem Heizöl, orientieren.

Diese Ölpreisbindung bewirkt - insbesondere bei sinkenden Ölpreisen - einen Schutz der deutschen Gasversorger gegen überzogene Preisforderungen der Produzenten. Daher wird das System der Ölpreisbindung von Produzentenseite in Zeiten niedriger Heizölpreise kritisiert, während die Kritik der Verbraucherseite meist in Zeiten hoher Heizölpreise laut wird, obwohl sie bei einem niedrigeren Ölpreisniveau von dann auch wieder niedrigeren Gaspreisen profitieren.

Die Preise für leichtes Heizöl sind bekanntermaßen weltweit im Jahresverlauf 2004 stark      angestiegen. Diese Entwicklung wirkt sich nun mit zeitlicher Verzögerung, allerdings nicht mit einer annähernd so hohen Steigerungsrate, auch in unserem Versorgungsgebiet auf die Gaspreise aus. Denn auch unser Bezugspreis für Erdgas ist an die Ölpreisentwicklung gekoppelt. Letztendlich wird daher unsere Preisgestaltung maßgeblich durch nicht von uns beeinflussbare Gestehungskosten geprägt, die wir, wie jeder andere Händler am Markt auch, in angemessener Weise an die Kunden weiterberechnen müssen.

Zu der von Ihnen angesprochenen Unbilligkeit der neuen Preise ist auszuführen, dass diese der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterliegen, Sie könnten also zur Nachprüfung dieser Frage das Gericht anrufen.

Wir gehen jedoch davon aus, dass wir Ihnen mit der Darlegung der wirtschaftlichen Einflussfaktoren der Preisbildung die Angemessenheit unserer Preise verständlich erläutert haben.

Sollten Sie dennoch die Meinung vertreten, unsere Preise seien unbillig, möchten wir auf § 32 Abs. 2 AVBGasV verweisen. Nach dieser Regelung kann der Kunde bei Änderung der allgemeinen Tarife das Vertragsverhältnis mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntgabe folgenden Kalendermonats den Versorgungsvertrag kündigen. Darüber hinaus besteht für jede Seite das Recht, nach Ablauf eines Jahres das Vertragsverhältnis mit einer Frist von einem Monat auf das Ende des Kalendermonats zu kündigen.

Wir hoffen, dass unsere Erläuterungen Ihr Verständnis finden, und stehen Ihnen für weitere Fragen jederzeit gerne zur Verfügung.



Mit freundlichen Grüßen

Stadtwerke Eilenburg GmbH


Wie soll ich Eurer Meinung nach darauf reagieren?

Ich will den Vertrag ja keinesfalls kündigen, schließlich heize ich ja mit Gas. Andererseits bin ich auch nicht bereit, selbst die Überprüfung der Billigkeit herbeizuklagen.

Vielen Dank für Eure Hilfe!

Offline RR-E-ft

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Antwort der Stadtwerke Eilenburg auf Musterschreiben
« Antwort #1 am: 14. Oktober 2004, 17:30:16 »
Ich habe gerade einen Beitrag ins forum gestellt, wie man auf das Musterschreiben seines Versorgers reagieren kann. Keinesfalls muss der Kunde die Unbilligkeit gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfen lassen. Vielmehr muss der Versorger klagen und dabei seine Kalkultion vollständig offenlegen.

Weitere Infos auch hier:


http://marktplatz.strom-magazin.de/marktplatz/news/news_Bedenken_Rechtliche_Unsicherheit_Duerfen_Verbraucher_Preiserhoehungen_wegen_Unbilligkeit_nicht_zahlen_12425_1.html

http://marktplatz.strom-magazin.de/marktplatz/news/news_Aufgrund_von_Unbilligkeit_RA_Fricke_Zahlungsunfaehige_Kunden_koennen_Energiezahlungen_aussetzen_12619_1.html

www.stromtip.de

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Antwort der Stadtwerke Eilenburg auf Musterschreiben
« Antwort #2 am: 14. Oktober 2004, 19:12:57 »
Sie brauchen vor allem nicht zu befürchten, dass der Versorger Ihnen den Gashahn abdreht oder den Vertrag kündigt. Denn er hat eine Versorgungspflicht nach § 10 Energiewirtschaftsgesetz.

RA Fricke

 

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