Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Billigkeitskontrolle von Gaspreisen (Stand)

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RR-E-ft:
Quelle: http://www.pr-inside.com/de/print65042.htm



--- Zitat ---BGH verhandelt am 13. Juni erneut über Klage gegen Gaspreiserhöhung

Karlsruhe (ddp). Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am 13. Juni erneut darüber, ob Gaspreiserhöhungen gerichtlich auf ihre Angemessenheit überprüft werden können.

Das teilte der Vorsitzende Richter des 8. Zivilsenats des BGH, Wolfgang Ball, am Mittwoch in Karlsruhe mit. Das Verfahren dürfte weit reichende Auswirkungen für Gaskunden und Energieversorger haben.

Geklagt hat der als «Gaspreis-Rebell» bekannt gewordene frühere Richter Klaus von Waldeyer-Hartz aus Heilbronn. Er wehrt sich dagegen, dass die Heilbronner Versorgungs-GmbH zum 1. Oktober 2004 den Gaspreis um rund zehn Prozent angehoben hat - von 3,47 auf 3,84 Cent pro Kilowattstunde. Nach Auffassung des Klägers soll der BGH feststellen, dass diese Erhöhung des Gaspreises unbillig und daher unwirksam ist. Das Amtsgericht Heilbronn hatte der Klage stattgegeben. In der Berufung wies dann aber das Landgericht Heilbronn die Klage ab. Dagegen legte Waldeyer-Hartz Revision ein.

Der 8. Zivilsenat hatte bereits am 20. Dezember 2006 in der Sache verhandelt und wollte ursprünglich an diesem Mittwoch sein Urteil verkünden. In der Beratung habe sich aber gezeigt, dass einige wichtige Fragen «bisher nicht ausreichend erörtert wurden», sagte Richter Ball. Zu klären sei etwa, ob bereits die Ausgangspreise vor dem 1. Oktober 2004 «unbillig erhöht» waren. Die Preiserhöhung ab 1. Oktober 2004 könnte dann deswegen unangemessen gewesen sein. Die Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 könnte aber auch angemessen gewesen sein, wenn sie letztlich eine vorherige unbillige Erhöhung ausgeglichen hätte und diese damit nicht voll an die Kunden weitergegeben worden wäre.

Die bisherige Auffassung des Senats, dass es auf den Ausgangspreis nicht ankomme und nur die Erhöhung zum 1. Oktober 2004 Streitgegenstand sei, gelte nun wohl nicht mehr, sagte Ball. Der Senat wolle aber «nicht mit verdeckten Karten spielen» und habe deswegen erneut eine mündliche Verhandlung angesetzt.

 

(AZ: VIII ZR 36/06)

 

ddp.djn/dmu/hwa
--- Ende Zitat ---


Siehe auch hier:


http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2007-03/artikel-7901301.asp


Nach den zutreffenden Aussagen des Senatsvorsitzenden kommt es auf die Gesamtkalkulation an, so dass eine einzelne Erhöhung nicht gesondert betrachtet werden kann.

Der erhöhte Preis muss mithin insgesamt der Billigkeit entsprechen, was sich nicht dadurch nachweisen lässt, dass etwaig nur gestiegene Beschaffungskosten weitergegeben wurden.

Damit würde ein zuvor bereits unbillig überhöhter Preis unzulässig in die Zukunft perpetuiert.

An der Billigkeitskontrolle der Erdgastarifpreise als einseitige Preisfestsetzungen gem. § 315 BGB kann deshalb kein Zweifel mehr bestehen, auch nicht daran, dass die erhöhten Preise insgesamt bzw. nach Preissenkungen die neu festgesetzten Preise insgesamt der Billigkeit entsprechen müssen, was nur durch die Offenlegung der Preiskalkulation nachgewiesen werden kann (vgl. auch OLG Karlsruhe RdE 2006, 356).

Vgl. Rechtswissenschaftliche Forschung und Entwicklung, Band 707, Utz-Verlag München 2004, S. 116:



--- Zitat ---"Die jeweils geltenden Entgelte sind verbindlich, wenn sie insgesamt der Billigkeit entsprechen. Bei Unbilligkeit sind sie daher auch insgesamt unverbindlich, ggf. kann das Gericht nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ein billiges Entgelt festsetzen. Dagegen gilt bei Preis- oder Zinsanpassungen der ursprünglich vertraglich vereinbarte Preis oder Zins weiter. Dieser unterliegt, da und sofern er in der konkreten Höhe vertraglich vereinbart und nicht einseitig festgelegt ist, keiner Billigkeitskontrolle.

Bei der Kontrolle von Entgelten aufgrund faktischer Bestimmungsrechte kommt eine Überprüfung der Höhe der geforderten Entgelte ebenso in Betracht wie die Betrachtung einer konkreten Erhöhung. Werden über einen bestimmten Zeitraum (einseitig festgesetzte) Entgelte gefordert und diese sodann (einseitig) erhöht, müssen daher nicht nur die letztlich geforderten Entgelte, sondern auch die Erhöhung ihrerseits der Billigkeit entsprechen. Eine Billigkeitskontrolle der Erhöhung neben der Höhe der Entgelte wird beispielsweise vorgenommen durch BGH, Urt. v. 24.11.1977 - III ZR 27/76, ZLW 1979, 140, 146 f. = LM LuftVZO Nr. 5/6 = WM 1978, 1097 = VRS 55, 18 "
--- Ende Zitat ---



Bei Gastarifpreisen handelt es sich gem.  § 4 Abs. 1 AVBGasV um jeweils geltende Entgelte im vorgenannten Sinne, die jederzeit vom Versorgungsunternehmen einseitig festgelegt wurden und bei denen deshalb der Anfangspreis nicht weniger einseitig bestimmt ist als ein einseitig festgelegter Folgepreis (vgl. BGH NJW 2006, 684 Rn. 10).

ingobertus:
Hallo,

von meinem Widerspruch (Gaspreise) erhielt ich bereits vor 3 Wochen eine Bestätigung meiner Stadtwerke.
Vor kurzem habe ich nun eine Mahnung (in Höhe der nicht gezahlten Rechnungsbeträge) mit Androhung einer Versorgungssperre erhalten.
Daraufhin habe ich bei den Stadtwerken angerufen und diese freundlich aufgefordert, die Versorgungssperre bitte schriftlich zurückzunehmen.  

Ein Mitarbeiter der Stadtwerke hat mir dann erklärt, dass sie keine Monopolisten mehr wären. Es hätte sich ein Versorger gefunden, der bundesweit liefern könne (zumindest hätte er dies schriftlich behauptet). Aber dieser Versorger sei uninteressant, da dessen Gaspreise über denen der Stadtwerke liegen würden.

Somit würde §315 nicht greifen, da eine Monopolstellung nicht mehr gegeben sei. Aber trotzdem würde ich von der Sperre runtergenommen.

Ich habe mich freundlich bedankt und dem Mitarbeiter entgegnet, dass es einen solchen Versorger aus technischen und organisatorischen Gründen auch langfristig nicht geben könne.
Falls dem so sei, dann kann dies doch nur eine Strategie der Energieversorger sein, einen fingierten Alibi-Versorger aufzustellen, um Druck auf Widersprecher auszuüben.

Ist hier etwas bekannt darüber?

mfg
ingo

RR-E-ft:
@ingobertus

§ 315 BGB findet nicht nur bei einer Monopolstellung direkte Anwendung:

http://www.forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=5989

Zum bundesweiten Gaspreis- Angebot der E.ON- Tochter E wie einfach ist hier im Forum sehr viel zu erfahren.

uwes:

--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---@ingobertus

§ 315 BGB findet nicht nur bei einer Monopolstellung direkte Anwendung:

http://www.forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=5989
--- Ende Zitat ---


Das scheint der 8. Senat des BGH wohl doch nicht so zu sehen, wenn er in seinem Hinweisbeschluss vom 14.3.2007 ausführt,

"Die (Anfangs-)Tarife der Beklagten unterlägen der Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 BGB, wenn es sich um Tarife eines Monopolunternehmens handelte, das Leistungen der Daseinsvorsorge anbietet, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist...."

Wenn man den BGH so verstehen soll, dann sind für mich die letzten Entscheidungen zu Stromtarifen etc (Lichtblickurteil) allerdings nicht mehr verständlich.

Wird hier zurückgerudert? Knickt jetzt auch der Bundesgerichtshof vor der Lobbymacht der Versorger ein?

Die Erläuterungen von Ihnen, Herr Kollege Fricke überzeugen mich wesentlich mehr. Siehe hier:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?p=26602#26602

RR-E-ft:
@uwes

Danke, Herr Kollege.

Dem Senat muss dessen eigene Rechtsprechung ggf. nochmals etwas klarer vor Augen geführt werden.

Mancher sieht womöglich schon den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. :wink:

Immerhin auf die Erhöhung selbst wird § 315 BGB direkt angewendet, ohne dass nach einer Monopolstellung gefragt wird.

Das schon bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbarte einseitige Leistungsbestimmungsrecht ist indes denknotwendig unteilbar, so dass auch schon der Anfangspreis ebenso einseitig bestimmt ist.

Wie gut, wenn man erst einmal erkannt hat, dass § 4 AVBV ein vertraglich vereinbartes, einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers enthält.:wink:

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