@ElCattivo
Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen und darf nicht immer gleich Panikmache betreiben:
VNG steht bestimmt nicht vor der Pleite.
Entsprechende ad-hoc- Warnungen gab es nicht.
Ein Unternehmen wie VNG könnte es sich über Jahre hinweg sogar auch leisten, in Unterdeckung zu arbeiten. Viele Unternehmen agieren so am Markt, wenn sie im Wettbewerb stehen.
Das hat mit einer Insolvenzgefahr nicht das geringste zu tun.
Hierfür müssten schon Zahlungsunfähigkeit oder ein gewisser Grad bilanzieller Überschuldung ohne positive Fortsetzungsprognose vorliegen.
Davon war auch auf der Bilanzpressekonferenz keine Rede.
Schließlich ließen sich im Fall der Fälle stille Reserven heben.
a)
Die Stadtkämmerer werden sicherlich Schuhdrücken wegen der bisherigen Quersubventionierungen bekommen.
Das ist ganz normal, wenn man die Energiepreise an sonstigen Bedürfnissen der Kommunen ausrichtet und somit gegen den Ordnungsrahmen verstößt, vgl. nur BGH, Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 7/05.
Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass die realen Kosten der Gasversorgung nicht mehr gedeckt werden könnten.
Man braucht lediglich den steuerlichen Querverbund aufzuheben und schon stimmt die Rechnung wieder.
Dies betrifft zunächst die Stadtwerke selbst.
b)
Anders mag der Fall bei den Kommunen liegen, die Mit- Anteilseigner der VNG sind, so zum Beispiel Jena.
Die Bilanzen von VNG kenne ich nicht.
Liegen die irgendwo offen?
Möglicherweise liegt es an hohen Finanzinvestitionen in Osteuropa und sonstwo in der Welt.
Ein Ergebnisrückgang bedeutet zudem nicht, dass man in die Unterdeckung gerät.
Die Gewinne sind eben nicht mehr so hoch und trotzdem wird sich das Geschäft noch lohnen.
Andernfalls würde man die Aktien wohl auf den Markt werfen und Gazprom würde wohl sehr gern danach greifen, hätte auch das Kapital dazu....
Dies könnte auch den an VNG beteiligten Kommunen einmalige Einnahmen verschaffen, die wiederum andernorts angelegt werden könnten, wenn man sich woanders bessere Renditen verspricht.
Gazprom hatte ja schon früher Interesse bekundet und wurde durch EWE ausgebootet.
Es handelt sich also um keinen "Beinbruch", sondern ist Ausfluss eines normalen Riskos, welches mit Finanzbeteiligungen einhergeht.
Man müsste also schon genauer hinsehen, warum das Ergebnis zurückgegangen ist usw.
c)
Ob § 315 BGB etwa im Verhältnis der VNG zur Gazprom gilt, ist zweifelhaft.
Jedenfalls gibt es den Musterbrief und die Vorgehensweise hinsichtlich der Billigkeitskontrolle seit langem wohl in guter russicher Übersetzung im Netz.
Es kommt auf die konkrete Vertragsgestaltung an.
Wenn deutsches Recht (Übergabestelle) gelten sollte, bestünden wohl beste Aussichten.
Selbst § 307 BGB käme in Betracht (OLG Rostock).
Ansonsten lohnt ggf. ein Blick in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10 Rnr. 388 ff.
Auch § 1 GWB und Art. 81, 82 EGV zählen zum nationalen deutschen Recht, so dass man ggf. noch einmal in der Däuper- Dissertation nachzuschlagen hätte:
http://www.bbh-berlin.de/deutsch/Publikationen/pub_start.htmlWenn man den gut übersetzten Text des Musterbriefes in russisch samt der entsprechenden Merkblätter benutzt, also nicht nur irgendwas erzählt, bliebe die Reaktion zunächst abzuwarten.
Es käme auf einen blauäugigen Versuch an.
Schließlich hat Lord Browne (BP) im aktuellen SPIEGEL die aktuell weltweit steigende Energienachfrage folgendermaßen erklärt:
Erdölforderung und -nachfrage sind weltweit stabil geblieben.
Gleichwohl ist der Preis um 30 Prozent gestiegen, reine Spekulation und zugegebenermaßen unverdiente Gewinne für BP, die aber auch Rentenfonds als Aktionären zu Gute kommen und somit teilweise als sozialisiert betrachtet werden.
Was für die Ölindustrie gilt, kann wohl beim Gas nicht anders sein.
An einer tatsächlich gestiegenen Energienachfrage kann es nicht liegen, sondern nur an der künstlichen Kopplung an aus spekulativen Gründen explodierenden Ölpreisen, nichts anderes als ein reiner Mitnahmeeffekt, windfall profits.
Wäre die weltweite Energienachfrage tatsächlich entsprechend gestiegen, stünde auch die rasche Erschöpfung der fossilen Energiereserven zu besorgen.
Würden sich die Ölpreise nach den Erzeugungskosten richten, so lägen diese wohl bei nahe 5 USD/Barrel.
Das Ölgeschäft ist somit wohl eines der profitabelsten überhaupt.
Das russische Gasgeschäft ist - nicht im Inland - aber in Bezug auf Westeuropa hochprofitabel.
Die wesentlichen Zahlen liegen offen.
Man denke an die Veröffentlichungen des EWI.
Und schließlich muss man das Gas absetzen, da man es nicht speichern kann. Würden sich die Nachfrager nach russischem Erdgas kartellieren, könnte der Verhandlungsspielraum für Gazprom gar nicht so groß sein, um steigende Erdgaspreise durchzusetzen.
Russland kann es sich nicht leisten, das Gas nicht abzusetzen, weil der russische Staatshaushalt am Tropf dieser Einnahmen hängt.
Ohne Pipelines woanders hin und ohne umfangreiche LNG- Kapazitäten, kennt das Gas nur eine Richtung: SEWER
Fraglich, ob sich Gazprom etwa auf eine Regelung entsprechend § 30 AVBV beruft und Moskau Inkasso mit einer unberechtigten Sperrandrohung schickt.
Da könnten wohl die Gerichte weiter helfen, wenn man den ordentlichen Gerichtsweg nicht wie üblich, ausgeschlossen hat.
An einer entsprechenden mündlichen Verhandlung dürften viele Interesse zeigen.....
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die gestiegenen Erdgasimportpreise nicht das Ergebnis einer Ölpreisbindung, sondern das Ergebnis parallel bestehender, gestapelter Verträge sind, bei denen die Preise für die Ausbeutung verschiedener Gasfelder im vornherein relativ fix vereinbart sind und sich dabei die Neuverträge verteuert haben.
Dazu hat sich indes noch niemand geäußert.
Nach alldem scheint mir die angestellte Betrachtung zu kurz gegriffen.
:wink:
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt