Zielrichtung einer Sammelklage
Hallo,
im Sonderheft 1 der Energiedepesche, die mir soeben auf den Tisch kommt, erläutert Herr RA T.Fricke aus Jena den "Stand der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle nach §315 BGB", den ich mit grossem Interesse gelesen habe (vielen Dank für diese Fleissarbeit mit vielen Referenzen !).
Lassen Sie mich einige wichtige Punkte wiederholen, so wie ich sie verstanden habe - ich bitte ggf. um Korrektur ! -, bevor ich zur Frage komme.
Ziel einer Feststellungsklage ist es demnach, dass das Energieversorgungsunternehmen (EVU) die "Billigkeit", das heisst die günstige Preisgestaltung im Sinne des Verbrauchers nachweisen muss. Dazu ist die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen unabdingbar notwendig.
In den bisherigen Verfahren (Hamburg, Bremen, Heilbronn usw.) haben sich die EVU ebenso unabdingbar davor gedrückt, verschleiert oder sonstwie versucht aus der Affäre zu ziehen. Die Offenlegung wird (offenbar aus gutem Grund) gescheut wie das Weihwasser vom Teufel). All diese Verfahren sind noch offen.
Die in der Theorie sehr verbraucherfreundliche Rechtslage ist also in der Praxis noch nicht Substanz geworden.
Nehmen wir an, einem EVU wird gerichtlich endgültig die "Billigkeit" abgesprochen, beispielweise weil dauerhaft die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen verweigert wird. Dann sind die bis dato erfolgten Kürzungen der monatlichen Abschlagszahlungen gerichtsfest, und weitere Kunden können vor Gericht auf Rückzahlung von Teilbeträgen klagen. Es wird zu einer Flut von Rückzahlungen kommen, gegen die das beklagte EVU im Grunde nur durch rechtzeitige Rückstellungen Vorsorge treffen kann. Der "korrekte" Gas- oder Strompreis ist damit aber nach wie vor nicht bekannt.
Im o.a. Gutachten wird klar hervorgehoben, dass EVU keine Gewinnmaximierung betreiben dürfen. Es dürfen lediglich "die notwendigen Rücklagen gebildet, erforderliche Investitionen getätigt, die Eigenkapitalverzinsung abgedeckt werden". Das wird von Herrn Fricke durch diverse BGH, OLG, LG- Urteile belegt, die Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes mit §§1,2, bestätigt das auch auf gesetzgeberischer Seite noch einmal ausdrücklich.
Alle EVU haben jedoch immense Gewinne, die sie mindestens in Baden-Württemberg an ihre Eigner, in der Regel die Gemeinden und den ominösen Münchner Moloch im Hintergrund, genannt Thüga (der wieder EON-Ruhrgas gehört), ausschütten.
Frage: die Eigenkapitalrenditen der EVU können aus den Geschäftberichten leicht nachgelesen werden, sie liegen wohl in der Regel über 20, oft über 30%. Hier wird glasklar und offenkundig gegen das Verbot der Gewinnmaximierung und das Gebot des "günstigen Preises" im Sinne des Verbrauchers verstossen. Kann man nicht ein Gericht dazu bringen, nach Augenmass und common sense die Eigenkapitalrendite festzulegen, beispielsweise auf einen Wert zwischen 2 und 8% ? Die Badenova beispielweise müsste dann - ich überschlage mal ganz grob - runde 50 Mio Euro an 150000 Kunden zurückzahlen, macht für jeden etwa 300 Euro. Das entspricht auch in etwa den 20-30% der Jahresrechnung, um die der Preis wahrscheinlich überteuert ist.
Man vergebe mir meine Naivität und den EVU ihre Dreistigkeit.
Mit besten Grüssen
Uwe Hobohm