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Autor Thema: Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!  (Gelesen 10095 mal)

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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« am: 09. Mai 2006, 17:12:51 »
Der Entwurf, welcher dem Bundesrat bereits zugeleitet wurde:

http://media.strom-magazin.de/411/256.pdf

Die Bestimmung in § 17 kann so ausgelegt werden, dass der Einwand nach § 315 BGB gar kein Einwand ist, der zum Zahlungsaufschub berechtigt.


Es muss m. E. richtig heißen:

"Der Einwand der Unbilligkeit einer Preisbestimmung nach § 315 BGB bleibt (hiervon) unberührt."

Alles andere lässt eine gegenteile Auslegung durch Gerichte besorgen !!!

M. E. Gefahr im Verzug.

Nur weil § 315 BGB genannt wird, ist man lange noch nicht auf der sicheren Seite !

Das genaue Gegenteil steht zu besorgen.

Um an die bisher eindeutige Rechtsprechung anzuknüpfen, dürfte der § 315 BGB sonst gar nicht erst genannt werden.

So wird schon im Büdenbender- Gutachten der AGFW ausgeführt, wenn die Verordnung auch den Einwand des § 315 BGB auschließen soll, so bedürfe es dafür einer entsprechenden Klarstellung (vgl. Büdenbender- Gutachten S. 83). Eine solche Klarstellung - gerade nicht im Interesse der Verbraucher - könnte mancher nun rauslesen.


Für eine entsprechende Klarstellung sollte ggf. dringend beim Bundesrat interveniert werden.

Die nächste Bundesratssitzung findet schon am 19.05.2006 statt.

 
 


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #1 am: 09. Mai 2006, 18:12:05 »
@Fricke,

also was tun?

Die BIFEP hatte bereits alle MP\'s angeschrieben. Rücküußerung liegt nur von RP, HE und SL vor.

Es wird beruhigt, es lägen ja nur Arbeitsentwürfe dem Bundesrat vor.
MFG
Gerd Cremer
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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #2 am: 09. Mai 2006, 18:18:36 »
Die Verbraucherverbände müssen mit aller Macht für Klarheit sorgen.

Entweder der zumindest missverständliche Entwurf wird vom Bundeswirtschaftsministerium zurückgezogen und geändert vollkommen neu eingebracht oder der Bundesrat darf diesem nicht zustimmen.

Der Bundesrat selbst kann den Text wohl nicht ändern.

Nach dem EnWG liegt die Kompetenz für den Erlass der VO beim BMWi.
Der Bundesrat kann nur zustimmen oder die Zustimmung verweigern.

Einen fahrenden Zug aufzuhalten, ist nicht einfach, jedoch machbar.

Und wenn wir alle nochmal auf die Straße müssen.

Einzelne Verbraucher könnten sich an ihre Wirtschaftsministerien bzw. an die für Bundes- und Europaangelegenheiten zuständigen Ministerien (zumeist Staatskanzleien) wenden.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #3 am: 09. Mai 2006, 18:30:58 »
@Fricke,

gut, dann das Spielchen mit allen Staatskanzleien (SK) wie mit den MP\'s erneut, wobei mir die Hesseische und saarländische SK geantwortet hatte

Ich als Bürger habe leider keine Einflussmöglichkeit bei den Chef der Staatskanzleien (CdS) direkt. Womit ich meine, einen TOP diesbezügl. für die nächste Sitzung der Chef der Staatskanzleien/Senatoren einzubringen.  Die CdS tagen ja ebenfalls regelmäßig wie die MPK, FMK, WMK, etc.
MFG
Gerd Cremer
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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #4 am: 09. Mai 2006, 20:10:57 »
Zwar lässt sich aus der Begründung auch anderes herleiten.

Die Begründung hat man nicht jederzeit parat und die Verordnung sollte wie jedes Gesetz vollkommen klar und deutlich sein.  :)

Die Verordnung bringt an einigen Stellen deutliche Verbesserungen, ist an anderen Stellen jedoch nicht weitreichend genug.

Was darf den Versorger der Geburtstag interessieren?
Demnächst bekommt man eine Geburtstagskarte.
Auch das Geburtsdatum sollte ihn nicht interessieren. :)  

§ 5 Abs. 2 belässt es bei den öffentlichen Bekanntmachungen, die nicht mehr in die Zeit passen.

Die Benachrichtigung in oder am Haus gem. § 9 ist erheiternd für Kunden mit großem Garten vor dem Haus und freilaufendem Hund darin.

Entgegen § 21 II AVBV sind Nachberechnungen des Versorgers nicht mehr auf zwei Jahre beschränkt.

Wegen der Unterbrechung der Versorgung sollte nicht allein der Netzbtreiber haften, schließlich könnte auch der Versorger eine Hauptleistungspflicht des Vertrages verletzen.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #5 am: 09. Mai 2006, 20:14:34 »
@Fricke,

wo steht das in welchen §§ mit dem Geburtsdatum?
MFG
Gerd Cremer
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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #6 am: 09. Mai 2006, 20:21:20 »
@Fricke,

schon gefunden

§ 2 Abs 3

Das war in dem alten Entwurf noch nicht drin !!!


Übrigens,
das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit hatte mir geantwortet (3.4.06), dass die Neufassung der AVBeltV und AVBGas voraussichtlich im April zunächst im Bundeskabinett beraten und erst ca. Mitte Mai 2006 in das Bundesratsplenium gehen wird.
MFG
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« Antwort #7 am: 09. Mai 2006, 20:34:12 »
Also aus der Begründung kann man klar entnehmen, dass eine Kürzung nach Unbilligkeitseinwand nicht zu einer Versorgungseinstellung berechtigt  und kein Kündigungsrecht des Versorgers begründet, der Versorger auch eine danach eingeschränkte Einzugsermächtigung akzeptieren muss.

Daraus folgt im Umkehrschluss, dass man dann jedenfalls auch Rechnungen kürzen darf undzwar, bis eine gerichtliche Klärung erfolgt ist.


Nur ergibt sich dies so eindeutig nicht aus dem Text selbst, so dass dieser redaktionell nicht unbedingt geglückt erscheint.

Indes:

Die Begründung stellt klar, was schon immer nicht nur meine Rede war:

§ 315 BGB ist auf die Grund- und Ersatzversorgungstarife von Strom- und Gasversorgern direkt anwendbar.

Stromversorger hatten dies bisher bestritten, weil der Kunde ja seinen Lieferanten wechseln könne, der Wettbewerb mit seinen großen Wahlfreiheiten, auf die es für die Anwendbarkeit des § 315 BGB gar nicht ankommt.

Mit ähnlicher Begründung, nämlich einer Wechselmöglichkeit zu einem anderen Energieträger hatten dies auch die Gasversorger behauptet.

All diese Argumente werden schon durch die Begründung des Wirtschaftsministeriums für die Verordnung ganz eindeutig Lügen gestraft.

Denn der entsprechenden Ausführungen in der Begründung würde es schlicht nicht bedürfen, wenn § 315 BGB schon nicht anwendbar wäre.

Also schon einmal die Begründung der Verordnung ausdrucken und den weiteren Schreiben an die Versorger beifügen.

Damit dürfte sich die Diskussion um die Anwendbarkeit des § 315 BGB auf diese Preise erledigt haben.

Auf eine Monopolstellung und Angewiesenheitslage kommt es überhaupt nicht an, sondern allein darauf, dass den Versorger eine gesetzliche Versorgungspflicht gegenüber dem Kunden trifft und der Grund- bzw. Ersatzversorger dabei die jeweils geltenden Allgemeinen Preise einseitig festsetzt.

Darum geht es. Nicht um mehr und nicht um weniger.

In diesem Sinne hat sich ein zähes und mühevolles Ringen wohl gelohnt.
Es wird endlich Klarheit im Interesse der Energieverbraucher in all diesen Fragen geschaffen. Daran kann dann auch kein Gericht mehr vorbei.



Die grammatikalische Auslegung nach dem Wortlaut könnte zum Gegenteil führen, die teleologische Auslegung nach Sinn und Zweck der Verordnung unter Zugrundelegung der amtlichen Begründung lässt jedoch keine Auslegung zum Nachteil der Verbraucher zu.

Deshalb schon mal Vivat!  :D  :D  :D

Klare Ansage auch hier:

http://www.energate.de/news/83762

Nicht zu vergessen:

Es handelt sich lediglich um Klarstellungen.
Es gilt bei Anwendung der AVBEltV und AVBGasV bereits heute und ergibt sich eindeutig aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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« Antwort #8 am: 10. Mai 2006, 07:46:49 »
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« Antwort #9 am: 10. Mai 2006, 11:43:02 »
@Cremer

Vielen recht herzlichen Dank.

Sehr gut.



Freundliche Grüße
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Thomas Fricke
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« Antwort #10 am: 10. Mai 2006, 13:37:22 »
Quelle: http://www.strom-magazin.de (Professionals)

VORLAGE
10.05.2006, 10:04 Uhr

Bundesrat prüft neue AVBEltV (Upd.)

Die seit Ende der 70er Jahre gültige Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) soll an die Regelungen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes angepasst werden. Der vom Wirtschafts-ministerium erarbeitete Entwurf liegt nun beim Bundesrat zur Beschlussfassung.

Berlin (red) - Das Wirtschaftsministerium hat dem Bundesrat Anfang Mai seinen Entwurf für eine neue "Verordnung zum Erlass von Regelungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung im Energiebereich" zur Beschlussfassung vorgelegt.

Das neue EnWG mache die Novellierung der bisher gültigen AVBEltV und die AVBGasV nötig, heißt es in der Begründung. Auf dem Prüfstand standen neben den Rahmenbedingungen für den Lieferantenwechsel auch die einjährige Mindestlaufzeit nach Vertragsabschluss. Eine erste Bilanz ergab, dass viele der neuen Regelungen die Rechtstellung der Haushaltskunden verbessern. Beispielsweise darf ein Versorger die Grundversorgung künftig erst vier Wochen nach der letzten Mahnung unterbrechen und nicht wie bisher nach zwei (§ 19 Abs. 2). Weiter heißt es dort: "Insbesondere bei geringfügigen Zuwiderhandlungen ist davon auszugehen, dass eine Unterbrechung der Stromversorgung als schwerwiegender Eingriff auch ohne Darlegung in der Regel unverhältnismäßig ist."

Gleichzeitig wird er verpflichtet, Preis- oder sonstige Vertragsänderungen nur zum Monatsbeginn vorzunehmen und sie sechs Wochen vor ihrer Wirksamkeit auch auf seiner Internetseite zu veröffentlichen (§ 5 Abs. 2). Die verlängerte Frist soll dem Kunden einen zügigen Lieferantenwechsel nach einer Preiserhöhung ermöglichen. Die von Verbraucherschützern im Vorfeld geforderte persönliche Information des Kunden, etwa per Brief, wurde hingegen nicht in den Verordnungsentwurf aufgenommen.

Weiterhin sieht der Verordnungsentwurf in § 9 vor, dass der Kunde drei Wochen vor dem "beabsichtigten Betretungstermin", etwa zum Zählerablesen, informiert werden muss, gleichzeitig muss mindestens ein Ersatztermin angegeben werden. § 12 Abs. 1 sieht vor, dass die Abrechnung "zeitnah" erfolgen muss, d.h. einen Zeitraum von zwölf Monaten "nicht wesentlich überschreiten" darf. In Abs. 3 wird geregelt, dass der Kunde beim Fehlen von Vergleichswerten eine pauschale Abschlagszahlung nicht akzeptieren muss, dann muss er allerdings glaubhaft darlegen und beweisen, dass sein Verbrauch geringer als der pauschal angesetzte Wert ist. § 16 sieht eine einfache und verständliche Rechnungslegung vor. "Es ist nicht hinreichend, dass sie bei Hinzuziehung eines Fachkundigen verstanden werden könnten."

Laut § 20 entfällt künftig die besondere Kündigungsfrist von einem Jahr bei Erstverträgen. Sie habe sich als wesentliches Hindernis für einen Lieferantenwechsel erwiesen. Sonderverträge mit längeren Laufzeiten können jedoch trotzdem weiter vereinbart werden.

In § 17 erwähnt die Verordnung zudem den § 315 BGB, mit dem Verbraucherschützer seit Monaten gerichtlich gegen "unbillige" Preiserhöhungen vorgehen. Sie sind allerdings mit der Formulierung gänzlich unzufrieden und fordern eine redaktionelle Neufassung. Es sei wohl die gute Absicht erkennbar, die Energiesperre bis zur gerichtlichen Klärung der Billigkeit auszuschließen, jedoch könne er auch so ausgelegt werden, dass der Einwand nach § 315 BGB gar kein Einwand ist, der zum Zahlungsaufschub berechtigt, kommentierte etwa der Jenaer Rechtsanwalt Thomas Fricke. Obwohl die Details in der Verordnungsbegründung eine andere Sprache sprechen, käme es darauf an, es direkt im Verordnungstext spezifischer zu formulieren.

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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #11 am: 10. Mai 2006, 14:02:15 »
Herr Kollege Dr. Hempel hat sich für die etablierte Energiewirtschaft geäußert:

http://www.energate.de/news/83783

Deren Lesart ist naturgmemäß eine etwas andere.


Auf einmal ist § 315 BGB gerade wegen des (möglicherweise beginnenden ????!) Wettbewerbs anwendbar.

Bisher hieß es wohl demgegenüber, § 315 BGB finde wegen des allseits bestehenden, gut funktionierenden Wettbewerbs gerade keine Anwendung.

Hatten wir bisher etwas falsch verstanden?

In Schriftsätzen in gerichtlichen Verfahren wird demgegenüber die Frage des Verhältnisses von § 30 AVBV zu § 315 BGB noch immer über mehr als zehn Seiten ermüdend  thematisiert.... Zuweilen kosten diese umfangreichen Ausführungen anscheinend soviel Zeit, dass sogar vom Gericht bestimmte Schriftsatzfristen versäumt werden.

Möglicherweise setzt sich die unvermeidliche Erkenntnis nur langsam durch, dass § 315 BGB keine Wettbewerbsvorschrift ist und dessen Anwendung deshalb überhaupt nicht davon abhängig sein kann, ob es nun einen Wettbewerb gibt oder nicht.

Es kommt allein darauf an, dass ein Vertragspartner einseitig die vertragliche Gegenleistung, also etwa die Preise bestimmt.

Ebenso findet § 315 BGB in Arbeitsverhältnissen und Mietverhältnissen Anwendung, wenn die eine Partei den Inhalt des Vertrages später einseitig abändert, ebenso bei Verträgen mit Banken und privaten Krankenversicherungen, Kabelnetzbetreibern etc. pp.

All diese haben auch keinerlei Monopolstellung und stehen mehr oder weniger im Wettbewerb -mit wem auch immer.



Die Stellungnahme der Versorgungswirtschaft gemahnt zur Vorsicht.

Es wird wieder einmal deutlich, wessen Handschrift die Verordnung hauptsächlich trägt.

Es stellt sich überhaupt die Frage, warum das Bundeswirtschaftsministerium im Interesse der Energiewirtschaft und nicht das Verbraucherschutzministerium im Energiewirtschaftsgesetz als federführend bestimmt wurde.

Schließlich geht es um die Belange der Verbraucher.

Die Energiewirtschaft verfügt traditionell über beste Kontakte in das Bundeswirtschaftsministerium. Man kennt sich und trifft sich oft wieder (Bundeswirtschaftsminister a.D. Müller -RAG-  und Clement -RWE Energy -....)

Übrigends ergibt sich aus dem Entwurf unzweifelhaft, dass auf nach dem Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes am 13.07.2005 neu geschlossene  Grundversorgungverträge bzw.  neu begründete Ersatzversorgungsverhältnisse rückwirkend die neue Verordnung Anwendung finden soll, mithin AVBGasV und AVBEltV für solche Verträge bisher gar nicht erst gelten.

Das war das bekannte Übergangsproblem.

Also:

Wessen Versorger die Anwendung von § 315 BGB auf Grundversorgungs- und Ersatztarife sowie einseitige Preiserhöhungen in laufenden Energielieferungsverträgen immer noch in Abrede stellt, der verweise auf die o. g.  Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Hempel.


Es sollte nicht verwundern, wenn sich irgendwann ggf. noch ein Energiekonzern dazu bekennen sollte, er habe eigentlich § 315 BGB erst erfunden und dessen Aufnahme in das Bürgerliche Gesetzbuch vorangetrieben und dessen Fokus auf die Energiepreisdiskussion gerichtet.

wER ist ON?

So wie schon Transparenz- Offensiven zur Offenlegung der Gaspreiskalkulationen gestartet wurden, der Gasmarkt für Haushaltskunden geöffnet  und der Wettbewerb vorangetrieben wurde, die Verbraucher geschützt, fair und vertrauenswürdig behandelt wurden.....

Welches etablierte EVU wird wohl Preiserhöhungsschreiben und öffentlichen Bekanntmachungen darüber demnächst wie folgt ergänzen:

"Entsprechend des an uns herangetragenen Wunsches vieler  Kunden weisen wir gern  darauf hin, dass alle unsere Kunden selbstverständlich die Preiserhöhung ganz einfach als unbillig rügen können, so wie wir es gegenüber Vorlieferanten und vorgelagerten Netzbetreibern auch regelmäßig tun. Ihre Faxschreiben nehmen wir unter der Nummer XXXX-YYYYZ- 315 gern entgegen. So bleiben wir auch weiterhin einer der günstigsten Versorger."



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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« Antwort #12 am: 10. August 2006, 13:52:37 »
Die Verordnungen verzögern sich weiter:

http://www.energate.de/news/85179

Offline taxman

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Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
« Antwort #13 am: 10. August 2006, 14:09:36 »
Kann jemand mir einmal die geplanten Änderungen erläutern? :oops:

Zitat:
Ursprünglich sollten die neuen Verordnungen zumindest vom Bundesrat noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden. Doch eine Vielzahl von Einwendungen - in erster Linie von Verbraucherseite - habe den Prozess verzögert.

War der Vorschlag so verbraucherunfreundlich?

Wenn ich die Vorbemerkungen richtig verstanden habe, soll die Energiewirtschaft wesentlich die neue Verordnung beeinflusst haben. Ich verstehe es ja, wenn diese neue Verordnung sowas wie das GG der Energieversorgung darstellt.

Zitat:
So geht den Ländern Sachsen und Sachsen-Anhalt die Haftungspflicht für Sachschäden schon bei einfacher Fahrlässigkeit zu weit. Baden-Württemberg und Hessen setzen sich dagegen für eine Verschärfung der Haftungsregelungen ein.

Ääähh, was heißt das denn?

Zitat:
Auch über die Begrenzung der Baukostenzuschüsse auf nur noch 50 Prozent wird im Bundesrat weiter gestritten. Zudem setzt sich Bayern dafür ein, die Grenze für die Erhebung von Baukostenzuschüssen zu reduzieren. Der Regierungsentwurf stellt derzeit alle Anschlüsse mit einer Leistung bis 40 kW frei.

Von was 50%? Von den kalkulatorischen Herstellungskosten des Hausanschlusses?

Zitat:
Für intensive Diskussionen sorgen weiterhin die vorgesehenen Regelungen zur Bestimmung des Grundversorgers. Danach ist der Grundversorger derjenige, der in einem Netzgebiet die meisten Haushaltskunden versorgt.

Hat diese Diskussion das Ziel den Versorger zu erkennen der die Preise bestimmen :cry: darf?

Sorry, viele Fragen die nach Aufklärung suchen!

taxman
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Dort treffen sich Kunden der Stadtwerke Walldorf, Heidelberg, Hockenheim, Weinheim, Neckargemünd, MVV und Erdgas Südwest!

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« Antwort #14 am: 10. August 2006, 14:26:08 »
@taxman

Nein.

Das gesamte Gesetzgebungsverfahren ( seit ca. sechs Jahren) und die Hintergründe lassen sich an dieser Stelle nicht darstellen.

Weshalb ich dringenden Nachbesserungsbedarf aus Verbrauchersicht sehe, ist oben zu lesen.

Länder wie NRW sind dem - nach dem gehörigen Druck, der aufgebaut wurde - beigetreten:

http://www.energieagentur-nrw.de/_infopool/info_details.asp?InfoID=4216

Legen Sie die AVBV und die Versordnungsentwürfe des Bundeswirtschaftsministeriums nebeneinander, um eine Synopse zu erhalten und lesen Sie die amtliche Begründung zu den Verordnungsentwürfen.

Der Grundversorger wird zukünftig zum 01.07. eines Jahres ermittelt.

Gekürt wird der Lieferant, der in einem Netzgebiet zum Stichtag die meisten Haushaltskunden versorgt.

Eine Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass viele Versorger ihre Netzsparte ausgregründet und diese mit den Netzsparten anderer Versorger fusioniert haben, was ihnen zunächt vorteilhaft erschien und sich jetzt als Bumerang erweist.

So sind an der NBB Netzgesellschaft Berlin Brandenburg GmbH & Co KG. die Erdgas Mark Brandenburg und die Berliner Gasag beteiligt.

EMB und Gasag  sind nun weiter Gaslieferanten, jedoch in einem gemeinsamen Netzgebiet.

Nun stellt sich die Frage, welcher dieser Lieferanten die meisten Haushaltskunden im nunmehr gemeinsamen Netzgbiet versorgt und zum Grundversorger gekürt wird.

Der andere verliert demnach seine Grundversorgereigenschaft.....

Nun will aber keiner der beiden, nachdem man (tricky) eine gemeinsame Netzgesellschaft ausgegründet hat, seine Grundversorgerstellung in seinem bisherigen Versorgungsgebiet verlieren.....

Möglicherweise haben Stadtwerke, die sich auf eine Netzfusion mit einem bisherigen Regionalversorger eingelassen haben, jetzt erst bemerkt, dass sie ggf. vom größeren Partner übervorteilt wurden (wie das so ist ohne eigene Rechtsabteilung).

Im einzelnen wird das Thema hier zur Sprache kommen:

http://www.bgw-kongress.de/detailansicht.php?id=604&a=veranstaltungen

Es kommen dadurch nämlich nicht mehr automatisch Neukunden durch Gasentnahme hinzu, so wie bisher.



Viel Spaß also beim Stöbern in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren, den Stellungnahmen der verschiedenen Interessenverbände etc. pp.

http://www.hfv-speyer.de/Bohne/pdf-Dateien/Web-InfoS201neu.pdf

An den Hochschulen gibt es Seminare zum Energiewirtschaftsrecht.

http://www.hfv-speyer.de/Bohne/s201.htm
http://www.speyer.de/de/bildung/hochschule

Gruß an die Alumni  :D



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