Das Bundeskartellamt hält langfristige Gasbezugsverträge für kartellrechtswidrig und hat mit Verfügung vom 13.01.2006 als erstes E.ON Ruhrgas solche untersagt.
Das Bundeskartellamt strebt mit der Untersagung langfristiger Verträge zugleich eine Ausmerzung der Ölpreisbindung an, weil diese immer mit Langfristverträgen begründet wird.
Solche Langfristverträge sind überhaupt nicht notwendig, wie auch folgendes Beispiel belegt:
http://www.zfk.de/news/news.html#Anchor-Electrabel-35882Die Gasversorger behaupten, Sie würden
marktübliche Gaspreise verlangen. Tatsächlich berufen sie sich jedoch auf gestiegene Beschaffungskosten aufgrund von Langfristverträgen mit Ölpreisbindung, welche sie selbst
frei vertraglich vereinbart haben.
Diese Beschaffungskosten, die allein aus
frei vereinbarten Preisgleitklauseln resultieren, sind indes nicht zu verwechseln mit den
Marktpreisen für Erdgas, die sich in einem Gas-zu-Gas- Wettbewerb bilden.
Kein Gasversorger ist daran gehindert, Gas außerhalb des Langfristvertrages anderweitig auf dem seit 1998 liberalisierten Erdgasmarkt billiger zu beschaffen.
Mithin können gestiegene Beschaffungskosten im eigenen Bezugsvertrag nicht zur Begründung für Preiserhöhungen herangezogen werden:
Die Gasversorger hätten vielmehr nachzuweisen, dass sich vollkommen unabhängig vom eigenen Bezugsvertrag die
Marktpreise für Erdgas, zu denen sie selbst Erdgas beschaffen können, entsprechend geändert haben.
Ich habe Zweifel, dass ihnen dies gelingen kann.
Sie müssten die über Angebot und Nachfrage gebildeten
Marktpreise für Erdgas belegen.
Meines Erachtens werden diese zum Teil abgebildet durch die Erdgasimportpreise, so weit diese nicht wesentlich abweichen von den Erdgasimportpreisen anderer europäischer Länder, die ebenfalls auf Erdgasimporte angewiesen sind.
Schlussendlich handelt es sich bei den Erdgasimportpreisen jedoch um die Preise, welche die Preise in langfristigen Importverträgen abbilden.
Diese Preise beruhen wiederum lediglich auf frei vereinbarten Preisgleitklauseln und sind deshalb nicht mit den
Marktpreisen für Erdgas identisch.
Es ist schlicht
unmöglich, eine zukünftige Marktentwicklung in einer Preisgleitklausel vorwegzunahmen. Ebenso wie es unmöglich ist, anhand einer mathematischen Formel die Lottozahlen vorherzubestimmen.
Auf einem angeblichen Wärmemarkt werden auch Kohle, Brennholz, Heizstrom, Fernwärme etc. pp. gehandelt. All diese Marktsegmente werden jedoch bei einer ausschließlichen HEL- Preisbindung von vornherein ausgeklammert !
Marktpreise für Erdgas können sich nur erhöhen aufgrund gestiegener Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot, verknapptem Erdgasangebot bei gleichbleibender Nachfrage bzw. einem entsprechenden Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage geändert haben.
Dies kann man zum Beispiel in GB beobachten, wo die Sorge um eine Verknappung von Erdgas auf dem Erdgasmarkt in GB die Preise kurzfristig in die Höhe trieb.
Zerschlagen sich die entsprechenden Befürchtungen, weil neue Marktinformationen zur Verfügung stehen, sinken die Preise indes ebenso wieder.
In Deutschland gab es entsprechende Sorgen hinsichtlich eines sich verknappenden Angebotes nicht.
Auf die Sorgen in GB kann deshalb nicht abgestellt werden, weil es sich um eigenen Erdgasmarkt handelt, welcher von dem in Deutschland verschieden ist.
Andernfalls müssten die
Marktpreise für Erdgas, zu welchen die deutschen Gasversorger Gas beschaffen können mit denen in GB identisch sein.
Dann müssten jedoch auch die Gaspreise für Haushaltskunden (steuer- und abgabenbereinigt) in Deutschland genauso niedrig liegen wie in GB !
Es ist nicht ersichtlich, dass sich in Deutschland oder sonstwo das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Erdgas grundlegend geändert hätte.
In Deutschland trifft eine relativ konstante Nachfrage auf ein ebenso relativ konstantes Angebot.
Mithin sind keine Gründe ersichtlich, weshalb sich der
Marktpreis für Erdgas, welcher sich im Wettbewerb über Angebot und Nachfrage bestimmt, geändert haben könnte.
Auf frei vertraglich vereinbarte Klauseln in Verträgen kann dabei aus o. g. Gründen nicht abgestellt werden.
Schlussendlich spielt deshalb die Frage einer vertraglich frei vereinbarten Ölpreisbindung keine Rolle, bzw. kann und darf keine Rolle spielen.
Auf die Darlegung zu den
Marktpreisen für Erdgas, auf die es allein ankommen kann, darf man gespannt sein. Noch spannender dürfte es hinsichtlich notwendiger Beweisantritte aussehen.
Wenn schlussendlich feststehen sollte, ob und in welchem Umfange etwa die
Marktpreise für Erdgas gestiegen sind, ist nachzuweisen, dass deshalb gestiegene Beschaffungskosten nicht durch Kostensenkungen an anderer Stelle im Unternehmen ausgeglichen wurden.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt