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OLG Düsseldorf: E.ON vor Niederlage (Langfristverträge)

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RR-E-ft:
[ 11-KfH-O-158-00 ; 2-U-136-01 ; KZR-12-02  20-05-2003 ; B-8-113-03 ]

Die Meldung:

http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=24518373

Der Gegenstand des Streits:

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Kartell/Kartell06/B8-113-03.pdf

RR-E-ft:
Quelle: www.strom-magazin.de (Professionals)

Langfristige Gasverträge:

E.ON Ruhrgas vor gerichtlicher Niederlage

Im Streit mit dem Bundeskartellamt um langfristige Gaslieferverträge zeichnet sich eine Niederlage von E.ON Ruhrgas ab. Das OLG Düsseldorf stellte heute eine Abweisung der Eilanträge von Ruhrgas in Aussicht. Das Unternehmen hatte gegen das vom Kartellamt erlassene Verbot von Langfristverträgen Beschwerde eingelegt.

Düsseldorf (ddp-nrw/sm) - In der ersten Anhörung sagte der Vorsitzende Richter Hans-Peter Dicks, nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts führten die langfristigen Verträge zur Marktabschottung und seien damit rechtswidrig. Ruhrgas habe bisher nicht glaubhaft machen können, dass sich durch Sonderkündigungsrechte oder ihre angekündigte Selbstverpflichtung etwas Grundsätzliches am Markt ändern werde. Dicks betonte, es sei nicht davon auszugehen, dass die Versorgungssicherheit durch das Verbot der Verträge gefährdet werde. Gewisse Marktbeschränkungen von Ruhrgas seien hinzunehmen, um den Wettbewerb zu fördern.

Das Bundeskartellamt sieht in den langfristigen Lieferverträgen zwischen den Ferngaskonzernen und den Stadtwerken und Regionalversorgern ein wesentliches Wettbewerbshemmnis auf dem deutschen Gasmarkt. Eine einvernehmliche Lösung mit den Unternehmen war im vergangenen Herbst gescheitert. Die Bonner Behörde will künftig nur noch zweijährige Laufzeiten erlauben, wenn die Bedarfsdeckung mehr als 80 Prozent beträgt, und höchstens vierjährige Verträge bei einer Deckung von 50 bis 80 Prozent.

In allen wesentlichen Punkten unterstützte das Gericht die Kartellamts-Argumentation. Der Richter sagte bei der öffentlichen Anhörung, rund drei Viertel der Ruhrgas-Verträge seien bezüglich Bedarfsdeckung und Laufzeiten kritisch zu sehen. Das Unternehmen könne mit Hilfe dieser langfristigen Lieferbeziehungen potenziellen Konkurrenten den Marktzutritt verwehren. Im Netzgebiet von E.ON Ruhrgas sei damit derzeit nur ein "Restwettbewerb" möglich.

Dicks verwies darauf, dass es mit der deutschen Wirtschaftsordnung nicht vereinbar sei, Ruhrgas zu erlauben, sich den Gasabsatz in einem Marktgebiet fest abzusichern. Dies widerspreche den gültigen Gesetzen und ihrer Normenlage. Ruhrgas habe auch keinen Anspruch darauf, am Wettbewerb um die frei werdenden Gasmengen teilnehmen zu können, wenn gerade hierdurch der Wettbewerb insgesamt eingeschränkt werde. Nach vorläufiger Auffassung des Gerichts könne der Konzern auch keinen Vertrauens- oder Bestandsschutz bei Altverträgen geltend machen. Anzuwenden sei der Paragraph 81 des EG-Vertrages, und danach seien die umstrittenen Verträge nichtig.

Die neuen zeitlichen Vorgaben des Kartellamtes bei der Vertragsgestaltung wollte der Richter im Eilverfahren zunächst nicht bewerten. Dies sei eine Sache für das Hauptsacheverfahren, sagte er. Eine endgültige Entscheidung im Eilverfahren wurde am Mittwoch noch nicht erwartet.

Von Andreas Heitker


Anmerkung:

Der selbe Senat hatte sich auch schon mit den Auswirkungen der Langfristverträge zu befassen und machte dabei deutlich, dass sich auch örtliche Gasversorger gegen die Preiserhöhungen wehren könnten:

http://www.wz-newsline.de/sro.php?redid=113223

RR-E-ft:
http://www.verbaende.com/News.php4?m=38065

http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=14446

http://de.today.reuters.com/news/newsArticle.aspx?type=companiesNews&storyID=2006-04-26T112516Z_01_HUB641098_RTRDEOC_0_DEUTSCHLAND-BRANCHEN-ENERGIE-ZF.xml

http://www.ftd.de/unternehmen/handel_dienstleister/68099.html

http://www.energate.de/news/83632

Anmerkung:

Die betroffenen Verträge verlieren nicht erst ihre Gültigkeit, sondern sind im Falle eines Verstoßes gegen Kartellrecht gem. §§ 1 GWB, 134 BGB längst gesetzlich verboten und deshalb nichtig.

Auch das OLG Düsseldorf spricht von der Nichtigkeit solcher Verträge. Diese Folge tritt nicht etwa erst später ein, sondern besteht schon.

Das OLG Düsseldorf hatte solche Verträge bereits in einem Urteil vom Dezember 2001 als nichtig und unwirksam befunden undzwar rückwirkend ab dem 28.04.1998, d. h. ab der vollständigen Liberalisierung des Erdgasmarktes.

In dem angefochteten Beschluss führte das Bundeskartellamt aus, dass durch diesen Beschluss lediglich ein bereits bestehendes gesetzliches Verbot aktualisiert wird.

Wo diese Verträge bereits nichtig sind, kann E.ON Ruhrgas auch nicht unter Bezugnahme auf in diesen nichtigen Verträgen enthaltene Preisanpassungs- und Preisgleitklauseln gegenüber den Stadtwerken die Preise erhöhen.


Es bestehen dann derzeit anstelle der nichtigen Verträge sog. Interimsverhältnisse zwischen E.ON Ruhrgas und den betroffenen Stadtwerken. In solchen Interimsverhältnissen kommt § 315 BGB unmittelbar zur Anwendung, was zur Folge hat, dass die von E.ON Ruhrgas weiter geforderten Preise für die Gaslieferungen einer zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle unterfallen.

Die Stadtwerke müssen die sich ergebenden Möglichkeiten erkennen und sich zunutze machen.

Schlussendlich hätten dann Gerichte den billigen Preis für Erdgaslieferungen der E.ON Ruhrgas an Stadtwerke zu kontrollieren/ zu bestimmen.

Eine solche Möglichkeit zur Bestimmung des "billigen" Erdgaspreises bietet sich so schnell nicht wieder.

Kunden, deren Stadtwerke von E.ON Ruhrgas aufgrund langfristiger Verträge beliefert werden, sollten ihren Versorger darauf besonders hinweisen.

Die Stadtwerke hatten ab Herbst 2004 selbst immer wieder darauf verwiesen, die Preiserhöhungen beruhten auf entsprechenden Klauseln in langfristigen Bezugsverträgen und somit eben solchen, die längst nichtig sein sollen.

Für kartellrechtswidrige und deshalb verbotene Verträge gibt es keinen Vertrauensschutz, zumal die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf schon lange besteht.

Auch vor dem BGH wird man keine Chance haben. Der Kartellsenat des BGH stellte erst in den Urteilen vom 07.02.2006 - KZR 8/05 und KZR 9/05 klar, dass Art. 82 EGV nicht zur Disposition des nationalen Gesetzgebers steht. Das Bundeskartellamt macht in seiner Entscheidung auch einen Verstoß gegen europäisches Kartellrecht geltend.

Siehe auch hier:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/464288/



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Graf Koks:
@RR-e-ft:

Haben Sie schon das Aktenzeichen des Verfahrens beim OLG Düsseldorf ?
Dann kann es gleich in Schriftsätze aufgenommen werden.

M.f.G. aus Berlin
Graf Koks

RR-E-ft:
@Graf Koks

Wollen Sie unbedingt vor einer Kartellkammer verhandeln?

Das wäre wohl  die Konsequenz, wenn man sich in Schriftsätzen entsprechend positioniert.

Untunlich!


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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