Energiepreis-Protest > Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest
BGH Urteil vom 15.02.2006 zu §§ 315 BGB, 30 AVBV !!!
RR-E-ft:
@Graf Koks
Der BGH spricht von einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB, weil es keine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung gab, wonach das Versorgungsunternehmen den Preis bestimmen sollte, vgl. oben.
Die entsprechende Anwendung erfolgt zugunsten des Versorgungsunternehmens.
Die vom Versorgungsunternehmen demnach einseitig bestimmten Preise unterliegen als einseitige Leistungsbestimmung selbstredend einer zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle in direkter Anwendung des § 315 BGB.
Man kann nicht § 315 BGB zu Gunsten des Versorgungsunternehmens entsprechend anwenden und danach den allein daraus resultierenden Schutz des Vertragspartners nach § 315 Abs. 3 BGB "abschneiden".
Das eine ist ohne das andere nicht zu haben....
Ich war an dem Verfahren nicht beteiligt und selbstredend auch bei den Beratungen des BGH, die dem Urteil vorausgingen, ausgeschlossen (Spruchkammergeheimnis), so dass man nur logische Folgerungen treffen kann über das Warum und das Inwieweit....
Obwohl das Urteil sogar bereits in WuM 2006, S. 207 ff. veröffentlicht wurde, scheint es dem AGFW bisher entgangen zu sein, obschon es gerade für diesen Branchenverband besondere Bedeutung hätte:
http://www.agfw.de/762.0.html#939
btw:
Zudem handelt es sich bei der öffentlichen Fernwärmeversorgung durch eine Gemeinde um Leistungen der Daseinsvorsorge, bei denen nach der BGH-Rechtsprechung strikt das Kostendeckungsprinzip zu beachten ist.
Für einen einkalkulierten satten Gewinn als "Schnaps obendrauf" ist bei den Preisen für solche Leistungen überhaupt kein Platz:
http://www.rws-verlag.de/bgh-free/volltext_6/vo88142.htm
Durch ihre Beteiligung an einem zur Erzeugung von Fernwärme bestimmten Blockheizkraftwerk nimmt die Beklagte in privatwirtschaftlicher Form eine Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr, auch wenn sie zur Erfüllung dieser Aufgabe öffentliche Sach- oder Finanzmittel einsetzt (BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 26.3.1998 - I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 - 1.000 DM Umwelt-Bonus).
http://www.rws-verlag.de/BGH-FREE/volltext6/vo114098.php
Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die öffentliche Hand, wenn sie sich entschließt, Leistungsverhältnisse im Rahmen der Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form zu regeln, bei der Festsetzung der Tarife und Entgelte auch öffentlich-rechtliche Vorgaben zu beachten hat. Sie hat neben den Grundrechten jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens zu beachten (Urteil vom 5. Juli 2005, aaO, unter II 2 c bb (1); BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 96 f.). Entscheidend dafür ist die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Bürgers gegenüber der Erschließung gesetzwidriger Finanzquellen durch die öffentliche Verwaltung, die dem Bürger nicht Entgelte für Leistungen abverlangen soll, für die bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses Abgaben nicht erhoben werden dürften (BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 97).
Das Kostendeckungsprinzip gehört zu den grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens, die die öffentliche Hand auch dann zu beachten hat, wenn sie öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt (BGHZ 115, 311, 318).
Siehe auch hier:
BGH: Urteile v. 07.02.2006 zu § 315 BGB
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
RR-E-ft:
Das Urteil des BGH vom 15.02.2006 wurde mehrfach veröffentlicht, zum einen in WuM 2006, 207 ff. und nunmehr auch NJW 2006, 1667 ff.
Die entscheidende Passage beinhaltet dabei die Textziffer 28 (WuM 2006, 211 bzw. NJW 2006, 1670).
Demnach wird die Einrede der unbilligen Tariffestsetzung nicht durch § 30 AVBV ausgeschlossen. Die ständige Rechtsprechung des BGH wurde damit bestätigt.
Der Kunde eines Energieversorgungsunternehmens, der die geforderten Preise für überhöht hält, ist deswegen nicht auf einen Rückerstattungsprozess verwiesen und darf nicht auf einen solchen verwiesen werden.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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