Die eigentlichen Prozessbevollmächtigten der E.ON- Filiale sollen die mündlichen Ausführungen zum Großteil den Kollegen Dres. Kunth/ Tüngler (Freshfields) überlassen haben, wobei Kollege Dr. Kunth das Wort führte.
Dieser soll mit gewisser Rührung ausgeführt haben, was der Prozess allein bisher gekostet habe und dass der Preisprotest zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führe, welcher wohl in die nächste Gaspreiserhöhung eingerechnet werden müsse....
Wenn es tatsächlich so betrüblich stünde, müsste sich das Unternehmen schon die Frage gefallen lassen, warum es nicht sogleich und zeitnah
alle Zahlungsverweigerer verklagt hat, sondern lieber zuwartet, was offensichtlich möglich ist, ohne dass das Unternehmen dadurch etwa in ernstliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät.
Schließlich war im Zusammenhang mit der Klageerhebung im letzten Jahr von Seiten des Unternehmens von \"Gleichbehandlung\" die Rede. Offensichtlich werden die Kunden jedoch nicht
gleich behandelt, weder in zeitlicher, noch in sachlicher Hinsicht.
Möglicherweise wird auch eine außerplanmäßige, gesonderte Gaspreiserhöhung wegen der auflaufenden Honorarforderung der Anwälte erforderlich, könnte man wohl ebenso gut besorgen....
Eine spannende Frage wäre schon, ob bei einer Auseinandersetzung über eine zukünftige Gaspreiserhöhung etwa die Rechnungen über die entsprechenden Anwaltshonorare offen gelegt werden müssen, um zu prüfen, ob diese einem \"guten Wirtschaften\" entsprechen, wie Frau RinBGH Ambrosius es nennt.
Ein Umstand, der nicht unberücksichtigt bleiben sollte, wenn der Versorger mit einer gehörigen Anzahl gut dotierter Anwälte in der Verhandlung aufläuft.
Die Zulässigkeit der Klage als Sammelklage und die Zuständigkeit des Gerichts sollen nicht thematisiert worden sein.
Das Gericht soll zu erkennen gegeben haben, dass § 315 BGB nicht durch § 19 GWB verdrängt wird, insoweit in Übereinstimmung mit der BGH- Rechtsprechung.
Dann sollte die weitere eindeutige BGH- Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast des EVU im Zahlungsprozess zum Tragen kommen, wobei davon auszugehen ist, dass die Gesamtpreise als unbillig gerügt wurden.
Im Raum stehen soll eine mögliche Widerklage wegen der Verrechnung des Unternehmens auf als unbillig gerügte Forderungen.
Eine vergleichsweise Einigung dahingehend, dass beide Parteien gemeinsam einen unabhängigen, zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung der Unterlagen des Unternehmens beauftragen, sei gescheitert, weil sich der Versorger hierzu wohl nicht bereit finden wollte/ konnte.
Eine Besonderheit besteht darin, dass es sich bei den Verträgen nicht wie sonst um sog.Norm- Sonderverträge, sondern nach Angaben des Unternehmens um reine Tarifkundenverhältnisse handeln soll.
Dementsprechend liege anders als bei den anderen E.ON- Filialen die in die Tarife einklakulierte Konzessionsabgabe weit höher.
Im Anbetracht der Praxis anderer Unternehmen, die dadurch Konzessionsabgaben ersparen und mithin günstigere Preise kalkulieren können, stellt sich die Frage, ob dies zu rechtfertigen ist.
Nach der Stellungnahme von Frau RinBGH Ambrosius dürfte dies gegen die von ihr genannte \"gute Betriebsführung\"/ Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen.
Dabei müsste m. E. die neuere Preislisten- Rechtsprechung des BGH Berücksichtigung finden, wonach keine Einigung auf Preise, sondern lediglich auf regelmäßig vom EVU für Perioden einseitig bestimmte \"jeweils geltende Tarife\" erfolgte, so dass auf die Gesamtpreise wegen einer sonst zu besorgenden künstlichen Aufspaltung die Billigkeitskontrolle in direkter Anwendung des § 315 BGB stattfindet, wie es der Kartellsenat des BGH in seinem Urteil vom 18.10.2005 - KZR 36/04 ausführte.
Entgegen den Ausführungen des WDR standen die Beklagten nicht mehr oder weniger vor Gericht als die Vertreter der Klägerin. In der Verhandlung werden alle Platz genommen haben; nach der Verhandlung musste keiner stehen bleiben, sondern alle Beteiligten gingen ihrer Wege.
\"Auf der Anklagebank sitzen\" oder \"vor Gericht stehen\", sind antiquierte Ausdrücke, die allenfalls auf Strafverfahren bezogen werden, nicht jedoch bei einem Streit gleichberechtigter Kontrahenten vor einem Zivilgericht.
Nach Arzt/ Fitzner und wohl auch Prof. Ehricke ergibt sich aus § 4 II AVBV gar kein Recht zu einseitigen Preiserhöhungen...
Nach den Erfahrungen in Bremen und nach der Stellungnahme von Frau RinBGH Ambrosius zur Bindungswirkung ist keinem Kunden anzuempfehlen, sich auf die Aussagen des Unternehmens zu verlassen, man werde alle Kunden nach einem Urteil gleich behandeln:
http://www.tribunius.de/2006/03/26/zerbroeselt-die-justiz-das-gaspreiskartell/Die swb hat wohl deutlich gemacht, was ein entsprechendes Wort eines Gasversorgers im Zweifel zählt....
Vielmehr sollte jeder Kunde für sich tunlichst gegen alle zurückliegenden Preiserhöhungen und den Gesamtpreis die Unbilligkeit rügen und alle weiteren, ggf. gekürzten Zahlungen ausschließlich unter Vorbehalt leisten, um sich keiner Rechte zu begeben.
Ein kurzer Bericht findet sich hier:
http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=14227Ersichtlich wird es wohl kein kurzer Prozess, wie der Versorger/ Konzern sich das ggf. erhofft haben mag.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt