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Autor Thema: Umgruppierung in anderen Sondertarif  (Gelesen 3185 mal)

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Offline Monaco

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Umgruppierung in anderen Sondertarif
« am: 21. März 2006, 09:52:51 »
Liebes Forum,

unser Vorsorger hat uns mit Schreiben von 17.02.2006 rückwirkend zum 31.01.2006 von einem Sondertarif (Voraussetzung Lastschriftverfahren) in einen anderen Sondertarif (ohne diese Bedingung) umgestuft. Begründung: Man könne begrenzte Abschläge - insbesondere nach einer Rücklastschrift auch nach Wiedererteilung einer Einzugsermächtigung nicht einziehen und dadurch ist keine Aufwandsersparnis mehr gegeben. Und als \"untreuer\" Kunde (im übertragenen Sinne) könne man dann auch nicht mehr die Vergünstigungen des \"Treuepakets\" (so der Name des Sondervetrages) in Anspruch nehmen.

Nun meine 2 Fragen:

Ist es rechtlich überhaupt zulässig, ohne eigenes Einverständnis einfach so in einen anderen Sondervertrag (natürlich ohne entsprechende Unterschriftsleistung) umgestuft zu werden?
Wenn schon Kündigung, dann \"Abschiebung\" in den Allgemeinen Tarif. Das traute man sich dann aber wohl auch nicht ...

Bestandteil des \"Treue-Pakets\" war eine jährliche Bonuszahlung des EVU per Überweisung, nach dem 1. Jahr 25,- €, nach dem 2. 30,- €, ab dem 3. Jahr jeweils 35,- €. Da wir uns nach Einspruch auf Basis §315 ungerechtfertigt aus dem Sondervertrag \"entfernt\" sahen, und auch der Kündigung entspreched wiedersprachen, bleibt nun die Frage:
Können wir den Bonus z.B. einfach von einem Abschlag oder von der Jahresrechnung abziehen, oder greift hier auch so etwas, wie ein \"Aufrechnungsverbot\"?

Mit freundlichen Grüßen

Monaco.

Offline RR-E-ft

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Umgruppierung in anderen Sondertarif
« Antwort #1 am: 21. März 2006, 10:29:13 »
@Monaco

wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich gar nicht unbedingt um einen anderen Tarif.

Ihnen wird nur eine \"Treue- Bonus\" nicht mehr gewährt.

Diesen Treue- Bonus möchte der Versorger offensichtlich nur bei einer Niebelungen- Treue gewähren. Das hätte er bei der Bezeichnung auch herausstellen können.

Fraglich schon, was ein Treue- Bonus bewirken sollte, wo die Kunden sowieso monopolgebunden sind.

Der Bonus kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Versorger tatsächlich in entsprechender Höhe Kosteneinsparungen durch die Erteilung der Einzugsermächtigung erfährt.

Zudem hatten Sie ja die Einzugsermächtigung nicht gekündigt, sondern wohl beschränkt, so dass dem Versorger die Vorteile daraus grundsätzlich erhalten bleiben.

Es darf bezweifelt werden, dass eine erteilte Einzugsermächtigung dem Versorger einen äquivalenten Vorteil von 35 EUR/ Jahr erbringt.

Solche ungerechtfertigten  Bonusprogramme gehören aus meiner Sicht abgeschafft und dafür die Tarife gesenkt.

Es ist schwierig, etwas, dass man nicht zu zahlen hat, sondern gewährt bekommt, durchzusetzen.





Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Monaco

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Umgruppierung in anderen Sondertarif
« Antwort #2 am: 21. März 2006, 13:07:22 »
@RR-E-ft

Hallo Herr Fricke,

\"wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich gar nicht unbedingt um einen anderen Tarif\".

Das ist hier die Frage. Der \"alte\" Tarif hieß/heißt Treue-Paket, der \"neue\" Classic-Paket. Die Preise sind in der Tat die Selben. Der Zweite allerdings ohne Bonus. Dennoch ist es aus meiner Sicht ein anderer Vertrag, auch wenn die Eckdaten die Selben sind. Immerhin sind die 25/30/35,- € eine Art \"Gesamtpreisbestandteil\". Ich hätte ja bei Vertragsabschluss gleich das Classic-Paket wählen können. Das wollte ich aber nicht, weil der Gesamtpreis beim Treuepaket günstiger war (und für den Kunden zählt doch unter dem Strich nur der Gesamtpreis, beinahe egal wie sich dieser zusammensetzt).

\"Fraglich schon, was ein Treue- Bonus bewirken sollte, wo die Kunden sowieso monopolgebunden sind.\"

Genau diese Frage habe ich meinem Versorger auch gestellt, was etwas ungläubiges Staunen verursachte. Indirekt könnte man auch hinterfragen, weshalb man gerade diesen günstigsten Tarif nicht wählen sollte, wo sich einem eh\' keine Alternativen bieten.

\"Zudem hatten Sie ja die Einzugsermächtigung nicht gekündigt, sondern wohl beschränkt, so dass dem Versorger die Vorteile daraus grundsätzlich erhalten bleiben.\"

Genau so ist es. Nach einer nötigen Rücklastschrift hatten wir sofort eine neue (begrenzte) Einzugsermächtigung erteilt. Schließlich wollten wir ja auch nicht vertragsbrüchig werden.

\"Es ist schwierig, etwas, dass man nicht zu zahlen hat, sondern gewährt bekommt, durchzusetzen.\"

Wenn man davon ausgeht, dass die Kündigung des Sondertarifes nicht gerechtfertigt war, dann kann man doch dieses Verhalten nicht auch noch damit \"belohnen\", dass man auf den Bonus verzichtet. Und um die Arbeitserleichterung hat sich der Versorger ja schließlich selbst gebracht. Darüber hinaus haben wir jetzt einen Mehraufwand, indem wir jeden Monat eine Überweisung tätigen müssen. Und das wollten wir ja gerade nicht.

Man kann es auch als Diskriminierung gegenüber anderen Kunden sehen, die §315 nicht angewandt haben und brav weiter die vollen Beträge abgebucht bekommen. Gerade diese Bedingung scheint rechtswidrig. Voraussetzung für das Treue-Paket war eine mindestens 2-jährige Vertragsbindung sowie die Erteilung einer Einzugsermächtigung. Beide Punkte sind erfüllt. Noch im vergangenen Jahr hatten wir ebenfalls unsere Einzugsermächtigung begrenzt. Und hatten den Bonus trotzdem erhalten.
Die Verwendung des Bonus etwa als \"Druckmittel\" erscheint mindestens ebenso fraglich.

Fazit: Wenn §315 BGB zurecht angewendet werden kann, dann hat der Versorger für alle sich hieraus ergebenden Nachteile geradezustehen und nicht der Kunde.

Und wenn Sondervereinbarung nicht gleich Sondervereinbarung ist, dann kann das Versorgungsunternehmen m.E. einzelne Kunden nicht einfach so - ohne deren Zustimmung - hin und her verschieben. Immerhin fehlt es hier an einer entsprechenden beidseitigen Willensbekundung. Fraglich wäre hierbei sogar, ob eine nicht gewollte Sondervereinbarung gültig ist. Eine Ersatzversorgung (Grundversorgung) würde doch stets im Allgemeinen Tarif erfolgen ...

Viele Fragen, ich weiß, aber für die \"Allgemeinheit\" sicher auch nicht uninteressant. Ich kann mir schlecht vorstellen, ganz allein in dieser Situation zu sein.

Mit freundlichen Grüßen

Monaco.

Offline RR-E-ft

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Umgruppierung in anderen Sondertarif
« Antwort #3 am: 21. März 2006, 13:41:22 »
@Monaco

Ihr Gasversorger könnte einhundert verschiedene Preismodelle zur Auswahl stellen. Der Kunde würde immer zum günstigsten greifen.

Alle anderen sollen also nur eine Wahl suggerieren.
Deshalb kann man diese auch getrost weglassen.

99 Mondpreise machen den hundertesten Tarif zwar in der tat zum günstigsten im Verhältnis zu diesen, allerdings lange noch nicht zum billigen im Sinne des § 315 BGB.

Die von Ihnen angesprochene Diskrimnierung können Sie auch bei der Energieaufsichts- / Landeskartellbehörde anbringen.

Meine Einschätzung zu solch unsinnigen Bonusprogrammen ist bekannt.


Wenn der monopolgebundene Kunde Treueboni bekommt (welche an anderer Stelle in die Preise einkalkuliert sind, verschenkt wird nichts), denkt er am Ende wirklich noch, er habe je eine freie Wahl gehabt.....

Ggf. lesen Sie in der aktuellen \"Energiedepesche\" wie bei unberechtigter  Kündigung vorzugehen ist.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Monaco

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Umgruppierung in anderen Sondertarif
« Antwort #4 am: 22. März 2006, 17:27:46 »
@RR-E-ft

Der Vorsorger hatte nicht mehrere preislich generell abweichende Tarife, sondern bot Tarife mit unterschiedlichen Bonifikationen an.
So braucht z.B. ein Gasinstallateur keinen Tarif, der ihm einen Rabatt auf die Wartung der Heizungsanlage einräumt. Diese repariert und wartet er ggf. selbst.
Kaufmännisch gesehen ist ein Bonusprogramm doch nur ein in Anspruch genommener, bereits vorher in die Preise einkalkulierter, Rabatt. Nicht der spart, der ihn in Anspruch nimmt, sondern der zahlt drauf, der ihn nicht nutzt.
Damit unterstütze ich zum Einen Ihre Auffassung, bekräftige aber auch noch einmal meine Aussage, dass letztlich der Gesamtpreis zählt. Und der Gesamtpreis incl. Bonus ist niedriger als der Gesamtpreis ohne Bonus.

Die Frage war hier jedoch: Ist eine Eingruppierung in einen anderen Sondertarif (ohne vorausgegangene Einigung) so ohne weiteres möglich. Würde man nicht allein durch Duldung die neuen, damit verbundenen Preise dulden? Immerhin stellt der Versorger diese Umgruppierung einem Neuvertragsabschluss (Vertragsbegin ...) gleich. Selbst wenn man sich dem nicht beugen muss, gefährlich erscheint die Situation dennoch. Manchmal lauert die Tücke eben im Detail.

Mit freundlichen Grüßen

Monaco.

 

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