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Autor Thema: E.ON edis AG Fürstenwalde (Brandenburg)  (Gelesen 32800 mal)

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Offline Fidel

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E.ON edis AG Fürstenwalde (Brandenburg)
« Antwort #32 am: 28. Februar 2007, 16:58:04 »
Richter: Ball (Vorsitz), Dr. Wolst, Dr. Frellesen, Hermanns, Dr. Hessel

Revisionskläger: Dr. Heckel (Stromkunde), RA Dr. Nassall

Revisionsbeklagte: E.ON edis AG, RAin von Gierke, RA Dr. Schultz

28.02.07, 12:10 - 12:43

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Ball trägt die Sachlage vor: Es geht um Stromlieferungen in den Jahren 2002, 2003.
Anfangs bestand ein Stromliefervertrag zum Wettbewerbstarif "local plus".

Diesen Tarif hat die E.ON zum 1.5.2002 erhöht.
Heckel widersprach der Erhöhung des Tarifs.
E.ON sprach daraufhin einen Änderungskündigung aus und stufte Heckel
in den Allgemeinen Tarif "local classic", der teurer ist, ein.

Heckel monierte die daraus entstandenen Rechnungen (mit diversen Begründungen,
die hier nicht näher dargelegt wurden) und leistete darauf keine Zahlungen mehr.
Er rügt die Preise als unbillig.
Vor dem AG und LG Potsdam hat er verloren.

Zur Frage, ob denn die Strompreise überhaupt noch der Billigkeitskontrolle
unterliegen, führt Ball aus: Es ist zweifelhaft, ob die Billigkeit in diesem
Prozess überhaupt zu prüfen sein wird.
Erst gegen die Erhöhung vom 1.5.2002 wurde Unbilligkeitseinwand erhoben.
Die Preise davor, also der Anfangspreis "local plus" wurde nicht als unbillig gerügt.

Selbst wenn grundsätzlich die Möglichkeit der Billigkeitskontrolle noch besteht,
so kommt sie in diesem Rechtsstreit nicht in Betracht, weil der Anfangspreis
vereinbart war. ES SEI DENN, der Anfangspreis ist auch einseitig festgesetzt.
Der Kartellsenat hat diese Frage derzeit hinsichtlich Netzzugangsentgelten zu
klären. Daher hat der Zivilsenat eine informelle Anfrage an den Kartellsenat
gestellt, ob die dortige Konstellation auf den vorliegenden Fall übertragbar ist.
Eine Auskunft wird für kommende Woche erwartet.

Wenn der Tarif "local plus" tatsächlich anfänglich vereinbart war, dann ist §315
weder direkt noch analog anwendbar. Hier besteht nämlich kein Anschluß- und
Benutzungszwang und Heckel war 2002 auch nicht auf eine Belieferung durch E.ON
angewiesen. Im Jahr 2002 hatte E.ON auch keine Monopolstellung mehr inne.

Die Billigkeit der Erhöhung des Tarifs ist zunächst einmal nicht zu prüfen,
da der Vertrag nach dem Widerspruch von Heckel ja seitens der E.ON gekündigt wurde.
Die Erklärung der E.ON, nach dem Widerspruch von Heckel werde dieser in den allgemeinen
Tarif zurückgestuft, stellt aber keineswegs automatisch einen Vertragsschluss dar.
Offen ist nämlich, ob eine Änderungskündigung überhaupt zulässig war.
Aus den gesamten Prozessunterlagen konnte die Kammer keine Rechtsgrundlage für eine
Kündigung entnehmen. Allerdings haben beide Parteien auch nichts dazu vorgetragen!

Ein Widerspruch gegen eine Preiserhöhung ist also nicht automatisch eine Kündigung.
Im Gegenteil: Heckel hat sich ja bereit erklärt, den ursprünglichen Preis im Tarif
"local plus" weiterzuzahlen. Der  alte Vertrag besteht also im Zweifel weiter.
Die weitere Stromentnahme nach einer einseitigen Änderungskündigung ist keineswegs
als konkludente Zustimmung zum neuen Vertrag "local classic" zu interpretieren.

Sollte der ursprüngliche Vertrag weiterbestehen, was ja noch zu klären ist, dann ist
überhaupt erst eine daraus resultierende strittige Erhöhung zu überprüfen.

Nassall trägt vor (12:30)
----------------------------------
Der anfängliche Preis wurde vereinbart.
Über die Erhöhung des Tarifs ist es zum Streit gekommen.
Fragen an das Gericht: "Ist die Erhöhung wirksam?", "Wurde der alte Vertrag wirksam beendet?"
Zwar kann man im Strombereich wechseln, allerdings stehen nicht alle öffentlich
bekundeten Angebote auch allen interessierten Kunden zur Verfügung.

Ball erwidert: Das Berufungsgericht hat beide Tarife - den Wettbewerbstarif
"local plus" und den genehmigungspflichtigen allgemeinen Tarif "local classic"
unzulässigerweise in einen Topf geworfen. Die AVBEltV gilt aber nur für den
allgemeinen Tarif, sofern sie wirksam in den Liefervertrag einbezogen worden ist.
Davon hängt aber gerade ab, ob überhaupt eine Erhöhungsbefugnis seitens der E.ON
aus AGB-Sicht besteht. Auch diese Frage ist in diesem Rechtsstreit noch offen.

von Gierke führt aus (12:35)
----------------------------------
Eine Billigkeitskontrolle ist hier gegenstandslos, wenn der Vertrag garnicht
wirksam beendet worden ist. Dann ist erstmal zu klären, ob eine Erhöhung überhaupt
zulässig war.

Falls die Kündigung unwirksam war, dann hat sich Heckel allerdings treuwidrig
verhalten, weil er zwar angegeben hat, keinen Strom zu dem verlangten Preis
beziehen zu wollen, aber dennoch Strom bezogen hat anstatt zu kündigen.
Laut §4 AVBEltV kann eine Partei die Preise einseitig erhöhen; dafür kann die andere
Seite dann kündigen. Wer nach einer Preiserhöhung nicht kündigt, handelt daher treuwidrig.
Aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens sind etwaige Billigkeitsansprüche verwirkt.
Im Prozess vor dem AG hatte Heckel noch andere Gründe gegen die Rechnungen
vorgebracht, nicht jedoch Billigkeitseinwand.

Ball: Dann spielt §315 dabei doch gar keine Rolle, oder? Hat denn die E.ON einen
Anspruch darauf, einen Kunden nach Tarif "local classic" zu beliefern?

Nassall: Wenn ein Kunde bei einer Preiserhöhung stets kündigen müsste, dann wäre eine
Billigkeitskontrolle ja grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Entscheidung wird am 28.3.07 verkündet.
Bereits am 14.3.07 wird ja die Entscheidung zum Verfahren vom 21.12.06
vom selben Senats verkündet.


Der Prozeß dauerte diesmal nur gut 35 Minuten. Dabei hat alleine Richter Ball rund 25
Minuten vorgetragen. Die Zivilkammer des BGH macht eindeutig einen kundenfreundlichen
Eindruck. Den Richtern ist die Situation der Kunden offensichtlich genau bewusst und
sie befassen sich nach eigener Aussage intensiv mit der öffentlichen Diskussion.
Ebenso stellt die Kammer auch aus eigenem Antrieb Erkundigungen an.

Gruss,
ESG-Rebell

Offline RR-E-ft

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E.ON edis AG Fürstenwalde (Brandenburg)
« Antwort #33 am: 28. Februar 2007, 21:15:36 »
@ESG-Rebell

Prima Terminsbericht. Vielen recht herzlichen Dank.

Die Verhandlung selbst und Folgerungen daraus  ggf. bitte hier weiter diskutieren:

http://www.forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=5779



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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E.ON edis AG Fürstenwalde (Brandenburg)
« Antwort #35 am: 17. April 2007, 18:26:13 »
E.ON edis erwartet weitere Strompreiserhöhung, weil man den Strom bei Vattenfall kauft:

http://www.moz.de/index.php/Moz/Article/category/Bad+Freienwalde/id/181834

Offline RR-E-ft

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E.ON edis AG Fürstenwalde (Brandenburg)
« Antwort #36 am: 15. Mai 2007, 10:35:10 »
Entwicklung der Strompreise ungewiss

Die Netkosten waren bisher 14 Prozent zu hoch kalkuliert, was entsprechend überteuerte Strompreise zur Folge gehabt haben dürfte:

http://www.svz.de/nnn/newsnnn/NNNVermischtes/15.05.07/23-17159348/23-17159348.html

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10931572/485072/

Wenn man 43 Mio EUR im Jahr in ein bestimmtes Geschäftsfeld investiert, verringert sich selbstredend der Gewinn um einen entsprechenden Betrag. Das lässt sich dann nicht als Gewinneinbruch deklarieren.

http://www.eon-edis.com/html/19322.htm

 

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