Energiepreis-Protest > Stadtwerke Jena-Pößneck
Vorsicht: Gaspreiserhöhung der Stadtwerke Jena/ Pößneck
RR-E-ft:
@Hennessy
Das haben wir doch schon oft dargelegt:
In einem wettbewerblichen Umfeld gäbe es - jedenfalls nach Auffassung des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission - keine Ölpreisbindung, die auch die Wirkung einer kartellrechtlich unzulässigen Preisbindung gem. § 14 GWB in sich birgt.
Wenn dem so ist, und der BGH eine Preisbestimmung fordert, wie sie sich im Wettbewrb bilden würde, mithin ohne die Preisbindung, müsste man wohl konsequent nach einem als-ob- Wettbewerbspreis bzw. einem sog. wettbewerbsanalogen Preis suchen....
Die Preiserhöhungen sollen ausschließlich auf den kartellrechtswidrigen Langfristverträgen und der darin vereinbarten -aus unserer Sicht ebenfalls europarechts- und kartellrechtswidrigen - Preisbindung beruhen.
Wenn es diese im wettbewerblichen Umfeld als solche gar nicht gäbe, müsste man sie nach den Grundsätzen des BGH also wohl hinwegdenken.
Dann gäbe es jedoch gar keinen von der Rechtsprechung anerkannten Grund für Bezugskostensteigerungen.
Demnach müsste man sich konsequenterweise auch die Bezugskostensteigerungen hinwegdenken.
Sie sind zwar real dar, dürften jedoch nicht anerkannt weden.
Das ist der umgekehrte Fall von kalkulatorischen Kosten, die real gerade nicht vorhanden sind , jedoch von der Rechtsprechung anerkannt werden.
Hier wie dort ein \"Griff in die Trickkiste\", bei denen gar nicht auf reale Kosten abgestellt wird.
Wollte man dem nicht folgen, müsste man wohl konsequent nur auf reale Kosten abstellen.
Auch dann würden die Preise ein anderes Bild zeichnen als die Zahlen, die gerade veröffentlicht wurden.
Ob man nun ausschließlich auf reale Kosten abstellt oder ausschließlich auf virtuelle wettbewerbsanaloge Kosten, muss eben entschieden werden.
Ungeachtet dessen:
Man kann zudem jedenfalls nicht nur auf gestiegene Bezugskosten abstellen, da diese an anderer Stelle ganz oder teilweise kompensiert sein können.
All das ist doch umfassend erörtert.
Nun warten wir erst einmal weiter das LG Hamburg ab.
Bis zum BGH ist es möglicherweise ein kurzer Weg.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Graf Koks:
@Hennessy:
Zur Frage der Anforderungen an eine Offenlegung i.S.d. § 315 BGB hat sich die obergerichtliche Rechtsprechung immer wieder geäußert. Es ist eben - und ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt - aber so, dass man dieses auf Versorgerseite nicht wahrhaben möchte und eine gewisse Sammelleidenschaft hinsichtlich derlei Urteile entwickelt hat.
Das LG Neuruppin führt in der Entscheidung vom 05.06.2005 unter Bezugnahme auf den BGH wie folgt aus:
„Im Rahmen der Offenlegung der Kalkulation hat der Versorger mithin im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die durch die Belieferung des Kunden mit Fernwärme entstehen, abzudecken sind; ferner, welchen Gewinn er zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des aufgenommenen Kapitals bzw. der Einlagen seiner Gesellschafter mit dem den Kunden berechneten Preis erzielen wollte (BGH NJW-RR 92, 183 ff.).“
Zunächst einmal muss aber wohl die Einsicht weitere Kreise ziehen, dass die gegenwärtige Preisbildungsmechanik, aus der die massiven Preiserhöhungen nach Versorgerverlautbarung alleine resultieren, einen Preismissbrauch i.S.d. Art. 82 Abs. 2 lit. a EGV darstellt, weil sie ohne sachlichen Grund in jeder nur denkbaren Konstellation zu Preishöhen führt, die über dem Preisniveau eines tatsächlich von Gas- zu- Gas- Wettbewerbs liegen. Sie hindert zugleich auch den Wettbewerb auf den nachgelagerten Marktstufen und erhält sich damit immer weiter selbst am Leben. Also gleich zwei Verstöße gegen europäisches Recht.
Von daher könnte es durchaus sein, dass durch die Aktivität der EU- Kommission bzw. des BKartA sehr viel Bewegung in den Wettbewerb und auch in die Preise kommt, noch bevor sich der BGH mit § 315 BGB befassen muss. Da ich Sie geschäftlich eher auf Letztverteilerebene verorte, sollte dieses für Sie doch eine erfreuliche Entwicklung sein.
Eines muss klar sein: Die Kunden können nicht für die Regionalversorger in den Ring steigen, und schon gar nicht ANSTELLE der Letztverteiler. Wir können nur aufzeigen, wo der Hebel anzusetzen ist. Ich denke dies dürfte nun klar geworden sein.
M.f.G. aus Berlin
Graf Koks
RR-E-ft:
@Hennessy
Das alles weiß mein Kollege so gut, weil er das Werk von Däupner sorgfältig studiert hat, dessen Lektüre Sie wohl leider in den Wind schlugen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Hennessy:
Die Branche selbst kann sich keinen Wettbewerb schaffen, ohne dass einzelne Unternehmen deutliche Kostenvorteile beim Gaseinkauf erzielen.
Wenn ich nicht günstiger als andere beschaffe, wie will ich dann in fremden Gebieten günstigere Preise trotz zusätzlichem Aufwand anbieten?
Man kann es so machen, wie Yello und einige hundert Millionen Euro verbrennen. Wer wünscht sich einen solchen defizitären Versorger, der günstiger verkauft, als es seine eigene (Real-) Kostenbasis zuläßt - auch als Dumping bezeichnet?
Der Wettbewerb im Strom ist ausschließlich auf Grund unterschiedlicher Kraftwerksportfolios und damit unterschiedlicher Erzeugungskosten entstanden. Hier hatte man die Möglichkeit Beschaffungsvorteile in fremden Gebieten zur Kundenakquisition zu nutzen - heute ist es auch auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Spaltung der Konzerne attraktiver diese Strommengen an die Börse zu bringen.
Der Vorwurf der überhöhten Netzentgelte sollte sich innerhalb der nächsten Monate erledigen, denn der Gesetzgeber hat in den NEVs festgelegt, wie zu rechnen ist. Wenn das dann überhöht ist, sollte man sich an den Gesetzgeber als Verursacher wenden!
Also - wo soll der Wettbewerb unter diesen Randbedingungen im Gas denn herkommen ???????? Da hilft m.E. weder das Kartellamt noch Brüssel wirklich weiter!
RR-E-ft:
@Hennessy
Zur Branche gehören auch E.ON Ruhrgas und Wingas.
Woher wollen Sie einschätzen können, dass deren Margen nicht ausreichen, um sofort loslegen zu können?
Die Marge beträgt ggf. die Differenz zwischen den veröffentlichten Erdgasimportpreisen und den Abgabepreisen an Stadtwerke, abzüglich der Transportkosten im Inland.
Eine solche Marge dürfte sehr auskömmlich sein und einen Preiswettbewerb zulassen.
Wie man bei den Preiskalkulationen der E.ON- Filialen sehen kann, soll sich das Gasgeschäft ja bereits bei kleinsten Margen bezahlt machen....
Auf die nächsten Geschäftsberichte des E.ON- Konzerns darf man gespannt sein.
Nur ist es eben so, dass Wettbewerb die Margen abschmelzen ließe und wer will das schon, wenn man nicht dazu gezwungen wird.
Wettbewerb braucht Wettbewerber. Nur steht eben nirgends, dass man zum Wettbewerb verpflichtet wäre.
Anscheindend genügt es, wenn man behauptet, es bestünde Wettbewerb, der gar nicht vorhanden ist.
Erst einmal muss das alte System weg.
Wenn ich es richtig verstanden habe, sind doch die Gasmengen, die nach Deutschland importiert werden, wie auch der Gasabsatz an GVU aufgrund europrachts- und kartellrechtswidriger Langfristverträge gebunden, stehen deshalb für einen Wettbewerb gar nicht zur Verfügung.
Wer nicht selbst auf einer Gasblase sitzt, die er ausbeuten kann, braucht zu aller erst einmal die Handelsware Gas selbst, um in einen Wettbewrb eintreten zu können.
Also muss der Markt zunächst aus seiner Starrheit befreit und flüssig gemacht werden. Im Weg stehen die vorgenannten Langfristverträge.
Bei wirksamen Gas- zu- Gas- Wettbewerb, der bisher im Anbetracht des gesamten Gasabsatzes allenfalls rudimentär vorhanden ist, würden sich nach allen wissenschaftlichen Untersuchungen der Monopolkommission, der Dissertation von Däupner und der Stellungnahmen des Bundeskartellamtes günstigere Erdgaspreise von allein einstellen, die nicht von einer Ölpreisbindung determiniert werden, sondern den Gesetzen von Angebot und Nachfrage folgen werden, was zu einer Preisbildung für Erdgas auf einem Erdgasmarkt führt, so wie auf jedem anderen Produktmarkt auch.
Die Netzkosten sind eine andere Baustelle. Auch dazu sind genügend Stellungnahmen abgegeben.
EnBW ist wegen der Aktivitäten der 100% igen Tochter Yello wohl nicht in Insolvenz gefallen. Möglicherweise liegt das Geheimnis von Yello in günstigem EdF- Atomstrom aus Frankreich.
Der deutsche Strommarkt ist auf Nachfrageseite relativ starr.
So erhöhte sich der Verbrauch wegen kühler Witterung nur um 1 Prozent.
Würde aller Strom aus deutschen Kraftwerken über die Börse gehandelt und würden zudem die hohen \"Zölle\" wegen begrenzter Kuppelkapazitäten zum Auslland beseitigt, könnte man davon sprechen, dass Strompreise Marktpreise sind.
Bei vollständigem, vollkommenem Wettbewerb, der dann an der Börse zu verzeichnen wäre, bei der das vorhandene Angebot auf die relativ starre Inlandsnachfrage trifft, müssten sich die Marktpreise nach aller volkswirtschaftlichen Theorie in Höhe der Grenzkosten der Stromerzeugung einstellen.
Im vollständigen Wettbewerb entsprechen die Grenzerlöse den Grenzkosten.
Von solchen Preisen, welche sich an den Grenzkosten orientieren, sind die Börsenpreise aus bekannten Gründen derzeit weit entfernt. Die Grenzkosten für die Stromerzeugung, insbesondere in längst abgeschriebenen Atommeilern dürften weit unter 2 Cent/ kWh liegen.
Weil diese Großhandelspreise weit von den Grenzkosten entfernt sind, sehen es ja Unternehmen wie die Deutsche Affinerie oder auch Stadtwerke aktuell als wirtschaftlich an, eigene Kraftwerkskapazitäten aufzubauen, weil die Eigenerzeugung billiger ist als die Großhandelspreise.
Wenn die Verbraucher mit den Strompreisen in Monopolzeiten die Errichtung der deutschen Kraftwerkskapazitäten finanziert haben, sollten den Verbrauchern auch Preise geboten werden, die sich an den Grenzkosten der Erzeugung orientieren und nicht an künstlich hochgehaltene Großhandelspreisen, die den Konzernen zusätzliche Gewinne verschaffen.
Die Verpflichtung zur preigünstigen Versorgung mit leitungsgebundener Energie trifft eben die gesamte deutsche Energiewirtschaft und nicht nur das letzte Glied in der gesamten Wertschöpfungskette.
Es gibt außer EEG- Anlagen wohl keine Erzeugungskapazitäten, deren Kosten bei der Erzeugung in der Nähe der Großhandelspreise lägen.
Das liegt allein daran, dass das Angebot an der Börse künstlich verknappt ist. Die Liqiudität des Strommarktes fehlt auch dort aufgrund langfristiger Verträge.
Absurd wird es dann, wenn in diesen Langfristverträgen die Preise der Vorliferanten nicht nach billigem Ermessen erhöht werden, sondern an die künstlich überteuerten Großhandelspreise gekoppelt werden.
Das hat die selbe Wirkung wie die volkswirtschaftlich schädliche Ölpreisbindung im Gasbereich.
Deshalb betont der VDEW, die Strompreise seien keine Kostenpreise mehr, sondern Marktpreise.
Erstens funktioniert der Markt jedoch aus genannten Gründen ersichtlich nicht. Und zweitens würden in einem vollkommenem Wettbewerb die Marktpreise sich exakt an den Kosten orientieren, vgl. oben.
Der Widerspruch zwischen Markt- und Kostenpreisen wäre somit aufgelöst.
Eine preisgünstige Versorgung hat sich immer an den Kosten zu orientieren und darf nicht zu Profitmaximierungen führen.
Marktpreise in einem vollständigen, vollkommenem Wettbewerb lassen auch keine Monopolrenditen durch ein künstlich verknapptes Angebot zu, sondern führen zu Preisen, bei denen die Grenzerlöse den Grenzkosten entsprechen:
http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=12779
Ich hatte dereinst meinen VWL- Schein bei Prof. Helga Luckenbach/ Dr. Michael Hüther gemacht.
Prof.Dr. Hüther ist heute Direktor des DIW.
Vielleicht könnte man da ja mal nachfragen, ob mir etwa etwas falsches beigebracht wurde oder sich die volkswirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten zwischenzeitlich grundsätzlich geändert haben.....
Wenn natürlich zu besorgen stünde, dass energiehungrige Asiaten den ganzen Strom an der Börse wegkaufen, müsste ggf. daran gedacht werden, diese aus Gründen der Sicherstellung der nationalen Energieversorgung zeitweilig oder dauernd vom Handel auszuschließen....
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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