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Vorsicht: Gaspreiserhöhung der Stadtwerke Jena/ Pößneck

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RR-E-ft:
Die Jenaer Stadtwerke sollen nach aktuellen Medienberichten (JenaTV vom 28.12.2005, TLZ/ OTZ Jena vom 29.12.2005)  mit ihrem Vorlieferanten Erdgasversorgung Thüringen- Sachsen GmbH (50 % E.ON Ruhrgas, 50 % VNG Verbundnetz Gas Leipzig) gesprochen haben, um günstigere Bezugsbedingungen auszuhandeln.

http://www.stadtwerke-jena.de/005/presse/pressetext.php?id=01

Es wurde wohl, wie bereits in vielen anderen Gaslieferungsverträgen neben einer Freimenge auch ein sogenannter zweiter Arbeitspreis vereinbart, bei dem die Gaspreise ab einer bestimmten Heizölnotierung weniger stark ansteigen.

Dies hatten viele andere Stadtwerke schon längstens getan.

Der Vorlieferant ist an den Jenaer Stadtwerken als Gesellschafter beteiligt.

Die Stadtwerke hätten jedoch auch die Möglichkeit gehabt, den alten, aus Monopolzeiten stammenden Gaslieferungsvertrag mit dem Vorlieferanten aufzukündigen.

So wechselten etwa der kommunale Gasversorger der oberfränkischen Stadt Dinkelsbühl, an welcher der bisherige Vorlieferant, die Nürnberger N-Ergie zu 50 Prozent beteiligt ist, ab Oktober 2005 komplett zur Wingas.

Nach Aussage des Dinkelsbühler Oberbürgermeisters Hammer sollen die Kommune und ihre Bürger allein dadurch weit über 300.000 EUR im Jahr beim Erdgasbezug einsparen.

Der Präsident des Bundeskartellamtes Dr. Böge wies erst gestern aktuell darauf hin, dass die Ölpreisbindung beim Erdgas sachlich nicht gerechtfertigt ist, die Verbraucher benachteiligt und volkswirtschaftlich schädlich ist, zudem den Wettbewerb behindert.

Das Bundeskartellamt will diese Ölpreisbindung vorrangig durch das Verbot langfristiger Gasbezugsverträge aufheben.


Für Verbraucher ist allerhöchste Vorsicht geboten:

Die Stadtwerke Jena wollen nun die besseren Einkaufskonditionen an ihre Kunden weitergeben. Die Kunden müssten dafür jedoch vollkommen neue Gaslieferungsverträge des Unternehmens unterschreiben.

Keinem Kunden kann angeraten werden, einen neuen Gaslieferungsvertrag abzuschließen, der die verbraucherfeindliche Ölpreisbindung festschreibt.

Ein solcher neuer Vertragsabschluss ist schon nicht notwendig:

Die Stadtwerke sind gem. §§ 1, 2 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz gesetzlich verpflichtet, ihre Kunden preisgünstig zu verbraucherfreundlichen Bedingungen mit Erdgas zu versorgen.
 
Daraus folgt zum einen, dass sie Einkaufsvorteile in jedem Falle an die Kunden weiterzugeben haben und zudem, dass in Erdgaslieferverträgen mit Verbrauchern die vom Bundeskartellamt als verbraucherfeindlich eingestufte Ölpreisbindung nicht praktiziert werden darf.

Nach einem Urteil des OLG Rostock, RdE 2005, S. 171 ff. sind Vertragsklauseln, die den Gasbezugspreis an den Preis für leichtes Heizöl koppeln, allenfalls zwischen Energieversorgungsunternehmen untereinander zulässig, weil in diesem Bereich innerhalb der Branche ein entsprechender Handelsbrauch bestehén soll.

Handelsbräuche gelten nur im kaufmännischen Bereich.

Zwischen Energieverbrauchern und Gasversorgen gibt es entsprechendes nicht. Es wäre vielmehr in Anbetracht von §§ 1, 2 Abs. 1 EnWG und angesichts vieler Erdgaslieferungen ohne Ölpreisbindung auch vollständig unzulässig.  

Wegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur preisgünstigen Erdgasversorgung haben die Stadtwerke sämtliche Einkaufsvorteile zugleich an alle ihre Kunden weiterzugeben.

Damit ist es völlig unvereinbar, dass die von den Stadtwerken als Freimengen außerhalb des Gasbezugsvertrages mit dem Vorlieferanten günstiger bezogenen Erdgasmengen als limitierte Sonderkontingente nur einem beschränkten Kundenkreis angeboten werden.


Auch diese Praxis stimmt nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes vom 13.07.2005 überein und ist deshalb dringend abzustellen.


Verbraucher müssen nach alldem dringend davor gewarnt werden, mit den Stadtwerken rückwirkend zum 01.01.2006 schriftlich neue Gaslieferungsverträge abzuschließen, welche eine Ölpreisbindung festschreiben.

Die betroffenen Verbraucher müssen vielmehr darauf hingewiesen werden, dass sie sich gegen weitere Gaspreiserhöhungen mit dem Unbilligkeitseinwand gem. § 315 BGB und entsprechenden Musterbriefen zur Wehr setzen können (vgl. im einzelnen: Fricke, \"Wohnungswirtschaft und Mietrecht\", Heft 9/2005, S. 547 ff.).


Bezüglich des Angebots der Weitergabe von besseren Bezugskonditionen nur bei Neuabschluss von Verträgen wünscht man sich Ede Zimmermann mit seinem Aufklärungswerk zurück:

Die Aussage der Stadtwerke:

Das heißt, dass alle Heizgas-Kunden Anfang Januar ein neues Vertragsangebot erhalten und mit Vertragsunterzeichnung die Kostensteigerung auf ca. 8,75 EUR im Monat reduzieren können. Die neuen Konditionen gelten dann rückwirkend ab 1. Januar 2006.


Man möchte fragen, wie man denn entsprechend den Leitlinien des Unternehmens partnerschaftlich, fair und ehrlich die bisherigen Verträge überhaupt unverändert fortsetzen und die Preise kräftig erhöhen wollte, wenn schon jetzt vollkommen klar ist, dass die Vorlieferantenpreise gerade  weniger stark steigen und somit eine solche Preiserhöhung nicht erfordern, ohne den eigenen Gewinn unbillig zu erhöhen?

Die Leitmotive des Unternehmens sind auf der Startseite im Internet nachzulesen:

www.stadtwerke-jena.de (Unternehmen)

In einer Universitäts- und Wissenschaftsstadt sollte man nicht unbedingt unbedarfte Verbraucher vermuten....




Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Hennessy:
@RR-E-ft


--- Zitat ---Die Stadtwerke sind gem. §§ 1, 2 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz gesetzlich verpflichtet, ihre Kunden preisgünstig zu verbraucherfreundlichen Bedingungen mit Erdgas zu versorgen.

Daraus folgt zum einen, dass sie Einkaufsvorteile in jedem Falle an die Kunden weiterzugeben haben und zudem, dass in Erdgaslieferverträgen mit Verbrauchern die vom Bundeskartellamt als verbraucherfeindlich eingestufte Ölpreisbindung nicht praktiziert werden darf.

--- Ende Zitat ---


Hier handelt es sich ausschließlich um Ihre eigene Meinung, die durch nichts belegt werden kann und völlig unpraktikabel ist - in anderen Threads qualifizieren Sie das Rostocker Urteil als völlig abwegig und juristisch unsauber ab!  Man sollte sich nicht immer die Passagen rauspicken, die dem eigenen Weltbild entsprechen :-), damit Sie überhaupt Recht haben könnten, bräuchte man eine richterlich festgelegte Höchstmarge in der Gasversorgung - mir ist dazu nichts bekannt.

Entscheidend für die Verpflichtung des GVU ist das, was im Vertrag bezüglich der Preisänderungen als Grundlage geregelt ist. Der §1 EnWG kann hier nicht als Rechtsgrundlage für Ihre sehr pauschale und abolut formulierte Behauptung herangezogen werden.

Graf Koks:
Zitat:

\"Hier handelt es sich ausschließlich um Ihre eigene Meinung, die durch nichts belegt werden kann und völlig unpraktikabel ist - in anderen Threads qualifizieren Sie das Rostocker Urteil als völlig abwegig und juristisch unsauber ab!  Man sollte sich nicht immer die Passagen rauspicken, die dem eigenen Weltbild entsprechen :-), damit Sie überhaupt Recht haben könnten, bräuchte man eine richterlich festgelegte Höchstmarge in der Gasversorgung - mir ist dazu nichts bekannt.\"


Veto: Kollege Fricke gibt hier zu § 1 EnWG keine persönliche Meinung ab, es sei denn, Sie trauen ihm zu, dass er ganz nebenbei für das Amtsgericht Heilbronn, das LG Mühlhausen, das OLG München und das LG Neuruppin schreibt und selbstverständlich Joachim Held auch nur ein Aliasname ist. Die Vorgenannten jedenfalls folgern aus § 1 EnWG eben auch die Pflicht des Versorgers zu rationeller Wirtschaftsführung und einer preiswürdigen Versorgung, dies schließt wohl die Weitergabe von Einkaufsvorteilen ein und steht der sonst im Wirtschaftsleben üblichen Gewinnmaximierung entgegen. Der BGH hat dies für die Anwendung von § 315 BGB auf Energieversorgungsverträge in der Entscheidung NJW-RR 1992, 183, 186 bestätigt.

Offenbar haben Sie KEINES der genannten Urteile einmal gelesen. Vielleicht lässt sich dieses ja \"zwischen den Jahren\" nachholen. Der Qualität Ihrer Beiträge hier wäre es u.U. ganz zuträglich.


M.f.G. aus Berlin
Graf Koks

RR-E-ft:
@Hennessy

Das Energiewirtschaftsgesetz ist bekanntlich das Grundgesetz der leitungsgebundenen Energieversorgung.

Alle Verbraucherverträge müssen sich an dessen Bestimmungen messen lassen.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des BGH vom 18.10.2005 - KZR 36/04, zudem Sie ggf. meine Besprechung gelesen haben, aus dem dies nochmals ganz deutlich hervorgeht:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=2167


Tragendes Argument des Urteils des OLG Rostock ist der Handelsbrauch zwischen EVU.

Warum dieses Urteil im Übrigen hinsichtlich des im Streit stehenden Doppelbesteuerungseffekts von falschen Tatsachen ausgeht, kann man im Tätigkeitsbericht des BKartA nachlesen. Demnach gewähren nämlich Vorlieferanten Preisnachlässe zum Ausgleich des Doppelsbesteuerungseffekts.

Einen enstprechenden Nachlass hatten die Stadtwerke Jena gegenüber ihren Vorliefernaten schon seit langem durchgesetzt.

Fakt ist:

Es gibt Erdgasmengen ohne Ölpreisbindung auf dem deutschen Markt. Diese sind oft günstiger als z.B. sog.  Citygate- Produkte und können grundsätzlich von allen Gasversorgern bezogen werden.

Deshalb ist es überhaupt nicht einsehbar, warum die Verkaufspreise ausschließlich an HEL gekoppelt werden können, weil dies die Bezugsseite und somit die resultierende Kostensituation niemals zutreffend wiederspiegeln kann.

Die Preise haben sich an der Kostensituation bei energiewirtschaftlich- rationeller Betriebsführung zu orientieren, also bei Ausnutzung aller Kostenvorteile bei günstigeren Bezugsmöglichkeiten.

Alles andere ist mit der Verpflichtung zu preisgünstiger Versorgung schlicht unvereinbar.

Dazu braucht es keiner richterlich festgesetzten Höchstmarge.
Ich weiß nicht, wo Sie diese Auffassung hernehmen.

Von Höchtsmargen war in der gesamten Rechtsprechung bisher keine Rede, sondern von der Verpflichtung, unter Berücksichtiogung aller anderen Kritereien so billig wie möglich zu versorgen. Und es geht eben billiger als bei Langfristverträgen mit HEL- Preisbindung, eben weil es andere Bezugsmöglichkeiten (auch) gibt, mögen diese auch nicht den Gesamtbezug abdecken.


Nun mögen Sie meine Meinung für eine Einzelstimme halten.

Dabei würde jedoch vernachlässigt, dass ich keinesfalls irgendwelche Behauptungen in den Raum stelle, sondern entsprechend meiner wissenschaftlichen Ausbildung immer eng an der BGH- Rechtsprechung argumentiere und mich zudem auf eine umfangreiche Ausbildung auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts auch in den hochkarätig besetzten  Rechtsabteilungen von Energiekonzernen stützen kann.

Für die fundierte Ausbildung, die mir dabei zuteil wurde,  bin ich noch heute dankbar.

Ich habe immer soweit wie möglich alle Aussagen mit den entsprechenden Fundstellen in der Rechtsprechung und der Literatur belegt, so dass alles - wohl auch  auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügend - nachvollzogen werden kann. Sonst wird man auch nicht in der Neuen Juristischen Wochenschrift mit einem Spitzenaufsatz avisiert.

Und deshalb sehe ich keine Veranlassung irgend eine Aussage zu revidieren.

Es ist noch keiner dagewesen, der mich mit guten Argumenten vom Gegenteil überzeugen konnte.

Ich sehe die BGH- Rechtsprechung gerade im Hinblick auf die Preisgestaltung von EVU und die anzulegenden Grundsätze als vollkommen eindeutig an, die für Interpretationen also wenig Raum lässt.


Meine Meinung deckt sich also mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung. Es gibt durchaus auch andere Meinungen, die aus dem Bereich der Energiewirtschaft und deren Umfeld stammen, die jedoch nicht nur ich für wenig nachvollziehbar erachte.

Nochmals:

Vertragliche Regelungen zu Preisanpassungen, die vom EVU vorgegeben werden und gegen §§ 1, 2 Abs. 1 EnWG verstoßen oder intransparent sind, sind in Ansehung der §§ 307, 315 BGB unwirksam.

Vorrangig ist also nicht die vertragliche Regelung sondern der Zweck des Energiewirtschaftsgesetzes, eine preisgünstige Energieversorgung im Interesse der Allgemeinheit sicherzustellen.

Alle Verträge sind im Lichte dieser Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers auszulegen, wie der BGH im Urteil vom 18.10.2005 nochmals herausstellte.

Sie können doch selbst alles nachlesen.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Hennessy:
@Graf Koks
@RR-E-ft

Dann erkläre mir mal bitte einer, warum dann nicht die Weitergabe einer Bezugspreiserhöhung


--- Zitat ---Daraus folgt zum einen, dass sie Einkaufsvorteile in jedem Falle an die Kunden weiterzugeben haben und zudem, dass in Erdgaslieferverträgen mit Verbrauchern die vom Bundeskartellamt als verbraucherfeindlich eingestufte Ölpreisbindung nicht praktiziert werden darf.

--- Ende Zitat ---


den Voraussetzungen der Billigkeit entspricht? Oder hat das Gesetz nur eine Richtung (Weitergabe von sinkenden Einkaufspreisen) gemeint? Das würde mich allerdings wundern!

Sie müssen doch wohl zugeben, dass bei unserer Meinungsverschiedenheit nach wie vor nicht gerichtlich entschieden ist, was unter den Begriffen \"Offenlegung der Kalkulationsgrundlage, Billigkeit, Preisgünstigkeit und Effizienz\" im Sinne der einschlägigen Gesetze zu verstehen ist - denn ich habe nicht nur die von Ihnen erwähnten Urteile gelesen, aber scheinbar ein anderes Verständnis hierzu aufgebaut als Sie !? Ich freue mich jedenfalls auf den anstehenden Weg zum BGH, denn dann werden wir hoffentlich eine diesbezügliche Klarstellung bekommen.

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