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Autor Thema: Was man selbst gegen die Ölpreisbindung tun kann !  (Gelesen 3416 mal)

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Offline RR-E-ft

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Was man selbst gegen die Ölpreisbindung tun kann !
« am: 21. Dezember 2005, 17:37:30 »
Diese Frage stellen sich viele, vielleicht auch Hennessy.



Man kann an die Landesregierungen, die Landtagsfraktionen, die Bundesregierung und die Fraktionen des Deutschen Bundestages schreiben, dass diese sich dafür einsetzen müssen, dass das Preisangaben- und Preisklauselgesetz sowie die dazugehörigen Verordnungen schnellstmöglich so abgeändert werden, dass entsprechende, viel kritisierte  Preiskopplungen, die offensichtlich die Inflation treiben, zukünftig nicht mehr freigestellt, sondern gesetzlich verboten sind.

Es bedarf wohl nur einer sehr kleinen, dafür jedoch recht wirksamen Gesetzesänderung.

Eine solche kommt nicht von allein, sondern nur auf entsprechenden Druck der Verbraucher, den man mit entsprechenden Schreiben erzeugen kann.


Die gesetzgeberischen Stellschrauben sind hier:

http://www.bafa.de/1/de/service/vorschriften/pdf/ausz_pkg.pdf

http://produktiv.ihk-duesseldorf.de/FastDuesseldorf/WebSite/AbisZ/AbisZ.jsp?id=3289

http://www.bmwi.de/Redaktion/Inhalte/Pdf/P-R/preisangaben-und-preisklauselgesetz,property=pdf,bereich=,sprache=de,rwb=true.pdf

Demgemäß hat der Gesetzgeber entsprechende Möglichkeiten, auch wenn oft anderes suggeriert wird.

Dann braucht man nicht darauf zu warten, ob etwa das Bundeskartellamt die bisherige Praxis in der Gaswirtschaft wegen Kartellrechtswidrigkeit verbietet.

Ebenso sollten in Stromlieferungsverträgen zwischen Stromerzeugern/ Weiterverteilern und Stadtwerken Preisklauseln von Anfang an gesetzlich verboten werden, die den Strombezugspreis für Strommengen, die nicht über eine Börse gehandelt wurden und werden, an einen Börsenpreis koppeln, da dies die selbe preistreiberische Wirkung entfalten kann, die offensichtlich gesamtwirtschaftlich schädlich ist.  


Vielleicht kurz vor Weihnachten schnell noch etwas wünschen!

Die Adressen der Länderchefs findet man u.a. hier:


http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2005/12/20/strom/hg__adressen,templateId=renderKomplett.html

Ein eindeutiges gesetzliches Verbot tut not.


***

Soweit sich Importeure, Ferngasgesellschaften und Regionalversorger - auch gegenüber kleinen Stadtwerken - heute noch hinter der Schutzbehauptung verschanzen, sie dürften/ könnten/ sollten Erdgas, dessen Preis im Bezug an den für schweres Heizöl oder den für Kohle oder anderes als leichtes Heizöl oder überhaupt nicht gekoppelt ist, an Stadtwerke und private Verbraucher sowie kleine Gewerbebetriebe nur mit einer Preiskopplung an leichtes Heizöl verkaufen, so ist darauf zu verweisen, dass solche Preisabsprachen/ Preisbindungen gem. § 14 GWB kartellrechtlich verboten und deshalb gem. § 134 BGB unwirksam sind, wie auch der BGH bereits entschieden hatte.

(Unzweifelhaft ist der Preis des importierten Erdgases - wenn überhaupt - nicht ausschließlich an den Preis für leichtes Heizöl in Deutschland gekoppelt. Warum die 25 Prozent Anteil, die in Deutschland gefördert werden, einer Preiskopplung unterliegen sollen, hat bis heute auch noch niemand erklärt.)

Nach der Rechtsprechung des BGH (etwa NJW 2001, 2541, 2544) werden durch diese Vorschrift selbst Monopolisten gegenüber ihren Vorlieferanten und Dritten vor Preisbindungen geschützt.

Die entsprechenden Ausführungen des BGH unter I. zu § 14 GWB unbedingt lesen, wohl auch für Laien unschwer verständlich:

http://www.jura-lotse.de/newsletter/nl24-004.shtml
 
Dies bedeutet, dass alle Gasversorgungsunternehmen in der Preisgestaltung vollkommen frei und nicht an Preisbindungs-Regelungen in Bezugsverträgen für nachgelagerte Marktstufen gebunden sind.

Nach der BGH- Rechtsprechung ist diese Freiheit in der Preisgestaltung gerade Voraussetzung für einen Wettbewerb. Eine Preisbindung ist hingegen missbräuchlich. Diese Preisgestaltungsfreiheit muss dann jedoch auch gegenüber den belieferten Kunden angewandt und umgesetzt werden.

Dieser in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte Schutz der Monopolisten vor Preisbindungen zeitigt deshalb vollkommen interessante Folgen:


Oft sind in langfristigen Lieferverträgen mit Vorlieferanten die Arbeitspreise mit unterschiedlichen Bindungsgraden sowohl an leichtes Heizöl als auch an schweres Heizöl oder etwa an Kohle gekoppelt:

http://www.forum-erdgas.de/Forum_Erdgas/themen/Preisbildung_Preisdiskussion/index.html

Zudem werden Freimengen bezogen, die keiner Preiskopplung unterliegen, etwa aus dem Gas- Release- Programm der E.ON Ruhrgas.


Der Gasversorger, der derart Erdgas mit verschiedenen Konditionen  bezieht, diskriminiert die Kundengruppe im Haushalts- und Kleinkundenbereich, wenn er deren Abgabepreise allein an der Preisentwicklung für leichtes Heizöl und nicht an an der insgesamten Preisentwicklung seiner gesamten Bezugsmengen ausrichtet.

Ein marktbeherrschendes Unternehmen verstößt bei einer solchen - oft anzutreffenden -  Vorgehensweise bei der Preisbildung gegenüber seinen Kunden gegen das kartellrechtliche Diskrimnierungsverbot, weil es einzelne Kundengruppen ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber anderen Kundengruppen benachteiligt.

Diesen Umstand haben wohl auch schon beflissene E.ON- Controller erahnt, als sie laut Medienberichten in einem Internum vermerkt haben sollen, dass ggf. das gesamte Preisgefüge des Unternehmens in Frage steht:

http://www.energieverbraucher.de/index.php?pre_cat_open=2&id=131&subid=1382&subsubid=1400&content_news_detail=4607&back_cont_id=1400

Nichts anderes wird wohl die Folge sein.....

Dann kann sich eine gesamte ggf. mit großem Aufwand erstellte Preiskalkulation als Makulatur erweisen, weil sie offensichtlich nicht stimmen kann - egal wie gerechnet wurde.

Die Beschaffungskosten sind gerichtet auf den Vertriebsanteil der Gaspreise. Daneben werden Netzentgelte kalkuliert, die in die Gaspreise einfließen. Auch die Ermittlung solcher muss wohl bisher immer vollkommen willkürlich erscheinen:

Die Branche arbeitet derzeit selbst noch an der Erstellung von Lastprofilen:

http://www.verivox.de/inc/FAQ/Glossary.asp?group=Strom&ID=L
 
http://www.erdgasfakten.de/de/wettbewerb/aktuelle_entwicklungen_und_perspektiven

http://www.bgw.de/pdf/0.1_resource_2005_12_15.pdf


Erst anhand solcher - erst noch zu erstellender - Lastprofile, welche die unterschiedliche zeitliche Inanspruchnahme der Netze durch verschiedene Kundengruppen und -typen abbilden sollen, ist es wohl überhaupt erst möglich, die insgesamten Netzkosten - so man diese zutreffend ermittelt hat - verursachungsgerecht einzelnen Kundengruppen und -typen zuzuordnen, also diese Kosten sachgerecht auf verschiedene Kundengruppen aufzuschlüsseln.

Weil jedoch bekannt ist, dass solche Lastprofile im Gasbereich derzeit noch gar nicht existieren, müssen bisherige Schlüsselungen immer den Eindruck erwecken, man habe etwa gewürfelt.

Von diesem Fehler sind nicht nur die Vertragsdurchführungen von Endversorgern gegenüber privaten Verbrauchern, sondern wohl alle Verträge innerhalb der gesamten klassischen Wertschöpfungskette der deutschen Erdgasversorgung betroffen.

Dies dürfte vornehmlich auch gelten für die wenigen marktbeherrschenden Importgesellschaften, bei denen die Erdgasbezugspreise jeweils an mehrere - nicht näher bezeichnete - Faktoren gekoppelt sein sollen.

Betroffen wäre  etwa auch E.ON Ruhrgas als Marktbeherrscher mit einem Marktanteil größer 50 Prozent, die bereits öffentlich eingeräumt hat, dass die Bezugspreise an mehrere Faktoren gekoppelt sind, nicht (ausschließlich) an die Notierungen für leichtes Heizöl im deutschen Inland:

http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,qb1rr9dieuiw8h3m~cm.asp


Die von diesem Unternehmen belieferten Gasversorger bräuchten sich nur ihrerseits auf eine kartellerechtswidrige Diskrimnierung und unbillige Preisgestaltung berufen, wenn ihnen selbst Erdgas etwa nur gekoppelt an den Preis für leichtes Heizöl angeboten und geliefert wird.

Somit gründet der gesamte Preisbildungsmechanismus, der von der Branche verteidigt wird, wohl von Anfang an auf kartellrechtswidrigen Diskriminierungen auch untereinander, auf welche sich die aufgrund langfristiger Verträge belieferten und gebundenen Gasversorgungsunternehmen nur berufen bräuchten/ müssten/ sollten.

Zum Vergleich hier noch einmal das dementsprechend wohl unzulässige Modell, bei dem wohl immer der jeweilige Vorlieferant eine unzulässige Preisbindung vorgibt.

http://www.eon-special.com/special/de/7148.jsp

(Interessant dabei nochmals der Hinweis, dass der Gasbeschaffungspreis für Regionalversorger und Stadtwerke neben vielem  anderen einen - vielleicht untergeordneten - Anteil am Endverbraucherpreis hat:  http://www.eon-special.com/special/de/7153.jsp  )


Eine entsprechende Berufung darauf ist den einzelnen Gasversorgungsunternehmen auch zumutbar.

Wenn diese von solchen zumutbaren Möglichkeiten keinen Gebrauch machen, sind die weitergewälzten erhöhten Beschaffungskosten zum Teil kausal allein darauf zurückzuführen.

Mit einer Berufung darauf wären die Beschaffungskosten somit in jedem Falle geringer gestiegen.

Dementsprechend können gestiegene Beschaffungskosten in keinem Fall vollständig auf die Endverbraucher weitergewälzt werden.


(Weil das so ist, drohen Gasversorger längerfristig nicht nur freiwillig auf einem Teil der gestiegenen Beschaffungskosten sitzen zu bleiben, so dass sie ein gesteigertes wirtschaftliches Interesse daran haben sollten, dieser Situation schnellstmöglich zu entrinnen, indem sie sich selbst auf die Unbilligkeit/ eigene kartellrechtswidrige Diskrimnierung berufen, was jedoch unweigerlich einen Systembruch zur Folge haben muss.)


Vielleicht haben sich schon einige Gasversorger darauf eingestellt, indem sie die gestiegenen Beschaffungskosten nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben wollen.

Dann stellt sich jedoch immer noch die Frage, ob ein entsprechender Nachlass tatsächlich schon dem gesamten realisierten unternehmerischen Risiko daraus entspricht, d. h. ob der Nachlass nicht weit größer sein müsste....

Und diese Frage stellt sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zum Produzenten, insbesondere soweit dieser im Inland oder im EU- Ausland auszumachen ist.

Dieser systemimmanente Fehler hat auch schlicht nichts mit unterschiedlichen Lastgängen zu tun, wenn etwa Stadtwerke hauptsächlich Erdgas in der Heizperiode beziehen im Gegensatz zu Kraftwerken, die für die Stromerzeugung einen eher verstetigten Bezug aufweisen.

Dieser Unterschied wird allein durch eine unterschiedliche Preishöhen ausgeglichen, nicht jedoch durch unterschiedliche Kriterien zum Umfang von Preisanpassungen.

Eine sich vergrößernde Preisschere zwischen verschiedenen Kundengruppen ist hinreichendes Indiz für eine kartellrechtswidrige Diskrimnierung. Und eben eine solche lässt sich wohl nachweisen.

Dass Haushaltskunden wohl unzulässig zur Subventionierung der Industriekunden herangezogen werden, ergibt sich wohl schon aus den hiesigen Aussagen zu den Industriekundenpreisen:

http://www.erdgasfakten.de/de/gaspreise/so_bildet_sich_der_erdgaspreis

http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,qb1rr9dieuiw8h3m~cm.asp

Allein aufgrund dieses Systems ist es wohl möglich, dass ggf. Stadtwerke und Heizgaskunden zunächst den Gasbezug konzerneigener Gaskraftwerke subventionieren- denn nichts anderes ist wohl die Wirkung - um hiernach noch mit großem Bedauern der Verantwortlichen zu erfahren, aufgrund gestiegener Brennstoffkosten in eben diesen Gaskraftwerken würden die Großhandelspreise steigen und sich sodann ihre Strombezugspreise zwangsläufig entsprechend verteuern.....


****

Dass die bisherigen Preiskopplungen eindeutig die Inflationsspirale antreiben ist wohl mittlerweile offensichtlich:

http://www.n-tv.de/614549.html

Man sollte sich neben § 315 BGB ggf. auch auf die mittelbar kundenschützende Wirkung des § 14 GWB berufen, einer zentralen Vorschrift des Kartellerechts, wenn es um Preisbindungen und freie Preisgestaltungen geht.



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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Was man selbst gegen die Ölpreisbindung tun kann !
« Antwort #1 am: 22. Dezember 2005, 12:28:34 »
Aus dem Recht des Gaslieferanten zur freien Preisgestaltung und seiner Verpflichtung zu preisgünstiger Versorgung folgt ohne weiteres, dass auf die gesamten Beschaffungskosten abzustellen ist und nicht etwa auf die Beschaffungskosten für \"wärmeäquivalente\" Teilbezugsmengen undzwar konsequent entlang der gesamten Lieferkette.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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