Gaspreise LG Oldenburg Hinweisbeschluss vom 27.11.2017 - 9 S 561-16
Unter Beachtung der Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28.10.2015 (VIII ZR 158111) aufgestellt hat, kommt die Kammer bei vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass das erstinstanzliche Urteil wohl nicht zu halten sein dürfte.
In den Entscheidungsgründen führt das Amtsgericht auf Seite 6 im zweiten Absatz aus, der Bundesgerichtshof habe in der zitierten Entscheidung und in dem weiteren, die Stadtwerke Delmenhorst betreffenden Musterverfahren ausgeführt, dass die Transparenzanforderungen hinter dem Gedanken zurückzutreten hätten, nach dem ein dem Äquivalenzprinzip zuwiderlaufendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu vermeiden sei. Dies lässt sich dem Urteil des Bundesgerichtshofes jedoch nicht entnehmen.
Zu Tz. 59 des Urteils führt der Bundesgerichtshof aus, dass der ursprüngliche Verordnungsgeber der GasGW ein Bedürfnis des Kunden lediglich hinsichtlich des Umfanges einer Preisänderung anerkannt habe. Diese Sichtweise sei erst nach Erlass der Gas-Richtlinie (2003/73/EG) aufgegeben und gesteigerte Transparenzanforderungen gesehen worden, die mit der GasGW 2014 bestimmt worden seien. Daraus folgt, dass hinsichtlich des Umfangs der Preisänderung sehr wohl den Transparenzanforderungen zu genügen war.
Im Folgenden hat der Bundesgerichtshof dann zu den Tz. 62 ff. ausgeführt, dass die Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie in dort zu entscheidenden Fall nicht unmittelbar anwendbar waren, da sich der dortige Kunde nicht auf eine nicht fristgemäße Umsetzung der Gas-Richtlinie berufen könne. Denn der dortige Kunde habe mit der Revision nicht gerügt, dass es sich bei dem dortigen Gasversorgungsunternehmen um eine Organisation oder Einrichtung handele, gegenüber der diese Berufungsmöglichkeit auf die mangelnde Umsetzung gegeben sei.
Im dem die Stadtwerke Delmenhorst betreffenden Musterverfahren hat der Bundesgerichtshof in seiner Urteil vom 06.04.2016 (VIII ZR 324/12) zu Tz. 28 ausgeführt, er habe bereits im Urteil vom 28.10.2015 entschieden, dass eine Anwendung der Transparenzanforderungen auf den vorliegenden Fall nicht in Betracht komme. Nähere Ausführungen hierzu finden sich in dem Urteil zum Musterverfahren hingegen nicht. Dem Inhalt dieser Entscheidung Iässt sich allerdings auch nicht ersehen, ob in den Entscheidungen der lnstanzgerichte zum Ausdruck gekommen ist, dass es sich bei der Klägerin um ein zu 100 % kommunal beherrschtes Unternehmen handelt.
Nach Ansicht der Kammer liegt insoweit ein Widerspruch zwischen den beiden genannten Entscheidungen vor. Denn im erstgenannten Urteil hat der Bundesgerichtshof zu Tz. 63 ausgeführt, dass sich der Einzelne auf eine nicht fristgemäße oder unzulängliche Umsetzung einer EU-Richtlinie auch gegenüber Einrichtungen oder Organisationen - unabhängig von deren Rechtsform – berufen können, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen. Bei der Klägerin handelt es sich zweifelsfrei um eine derartige Organisation, da es sich unstreitig um ein zu 100 % kommunal beherrschtes Unternehmen handelt. Somit hätten zumindest die Preisänderungen im Vorfeld transparent für die Kunden dargestellt werden müssen. Dass dem entsprochen wurde, lässt sich dem Vorbringen der Klägerin trotz des nachdrücklichen abweichenden Vortrages des Beklagten nicht entnehmen. Aus diesem Grunde dürften die Preisänderungen nicht wirksam sein.
Der Einwand der Klägerin, sie sei dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet und müsse daher von allen Kunden den gleichen Preis fordern, vermag eine abweichende Ansicht nicht zu rechtfertigen. Sicherlich gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz, aber lediglich unter Beachtung der sonstigen rechtlichen Bestimmungen. Daher hätte die Klägerin im Zuge der Umsetzung der Preisänderungen auf eine Beachtung der geforderten Transparenz achten müssen.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Klage auch aus dem Grunde keinen Erfolg haben dürfte, da die Klägerin die von ihr behaupteten Preissteigerungen bislang nicht hinreichend konkret dargelegt und unter Beweis gestellt hat. Die Anlagen 2 ist als solche nicht aussagekräftig, die Anlage 3 enthält lediglich die Gesamtkosten ohne Bezug zu den zugrunde liegenden Mengen.
Hintergrund sind verschiedene Verfahren, die die Kunden eines Delmenhorster Energieversorgungsunternehmens vor dem AG Delmenhorst letztes Jahr verloren hatten. Der Amtsrichter hat in den Fällen, in denen die Berufungssumme nicht erreicht war, trotz Antrags die Berufung nicht zugelassen.
Jetzt gibt es 2 Verfahren, in denen die Berufung wegen Überschreitens der maßgeblichen Grenzen eingelegt wurde.
Stadtwerke ist Klägerin und Berufungsbeklagte und ein zu 100 % der Stadt Delmenhorst gehörendes Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH