@Biene
Dr. Pluge als geschäftsführendes Präsidialmitglied des Branchenverbandes BGW hatte - wenn ich ihn richtig verstanden habe - schon bei der Veranstaltung im Paderborner HNF am 21.01.2005 versprochen, ab letzten Sommer könnten alle Kunden ihren Gasanbieter frei wählen....
Die EU- Richtlinie ist aus 1996, die Liberalisierung des Energiemarktes erfolgte mit dem Energiewirtschaftsgesetz vom 28.04.1998 (!!!), dann gab es noch die sog. Gasnovelle im Mai 2003, wonach jeder Gashändler fremde Netze für den Gastransport zu seinem Kunden im Netzgebiet eines anderen Gasversorgers nutzen kann....
Nachdem also das Problembewußtsein bereits seit dem letzten Jahrhundert bestehen muss, tut man so, als habe man jetzt eine vollkommen neue Erkenntnis gewonnen.
Das erinnert an Shell und Brent Spar (\"Wir haben verstanden\").
Nun gibt man schon wieder viel - mit den Preiserhöhungen eingennommenes - Geld für Anzeigenkampagnen aus, wonach die Gaswirtschaft im Wettbewerb große Leistungen vollbringe:
1. Sie treibe den Wettbewerb voran.
- Bestimmt schon seit 1996 nur eben weitestgehnd erfolglos.
http://www.neue-energieanbieter.de/energiemarkt/liberalisierung/index.html2. Sie erkläre den Kunden die Bildung der Gaspreise.
- Dieses Bemühen erfordert wirklich aller größte Anstrengungen, wird aber am Ende auch nicht zu bewältigen sein, weil es unerklärlich bleibt.
3. Seit der Liberalisierung gäbe es über 700 Gasversorger in Deutschland, die in einem scharfen Wettbewerb
miteinander stünden. Der Wettbewerb erfolge dabei auch über parallen Leitungsbau.....
- Die Anzahl an Gasversorgern, zumeist in Bezug auf die Gaspreise vorgeblich hilflose Stadtwerke, gab es schon immer.
Im Wettbewerb kann gar niemand stehen, der fast seinen kompletten Gasbezug aufgrund
langfristiger Verträge realisiert und dabei einer Ölpreisbindung unterliegt.
Nur stehen die Stadtwerke in der Regel nicht untereinander im Wettbewerb um Gaskunden, schon gar nicht im Bereich der Haushalts- und Kleingewerbekunden.
Das Stadtwerk von X- Stadt legt auch in aller Regel nicht im Gebiet der Stadtwerke Y- Stadt parallel zu den vorhandenen neue Gasleitungen, um darüber eigene Kunden zu versorgen.
Das wäre ja auch unbezahlbar und eine Verschwendung von Ressourcen. Deshalb gibt es ja gerade seit 1998 bzw. 2003 das Recht für Gashändler auf die Nutzung fremder Netze.
(Yello und Lichtblick oder Energiewerke Schönau bauen auch keine eigenen Stromleitungen zu ihren Kunden, die bundesweit verstreut sind)
Wenn alle Versorger heute schon vorrechnen, dass im Gasgeschäft keine Gewinne zu machen sind, die Margen mitleiderregend niedrig sind, stellt sich die Frage, welche Wettbewerber dann die bisher angeblich schon nicht mehr zu unterbietenden Preise angreifen sollten, ohne sich zugleich beim Insolvenzgericht zu melden....
Da stimmt doch wohl etwas nicht.
Oder Sie bekommen demnächst tatsächlich viele verschiedene Angebote, die alle über den Preisen Ihres jetzigen Anbieters liegen (Mondpreise).
Große Auswahl und alle entscheiden sich für ihren günstigen Anbieter.
Auf der Gasfachlichen Ausprachetagung in Leipzig kam meines Erachtens deutlich zum Ausdruck, dass es der Gaswirtschaft nicht um wirkliche Wahlmöglichkeit geht, sondern nur um eine gefühlte Freiheit für die Kunden:
http://www.zfk.de/aktuell/index1.htmlDort wurde die Aussage getroffen, auch die Heizölkunden hätten eigentlich keine Chance gegen die steigenden Preise, hätten aber zumindest das Gefühl, sich frei entscheiden zu können.
Es geht also vornehmlich nur um gefühlte Freiheit.
Mit den dann angebotenen Preisen, egal wo diese dann liegen werden (sinken sollen sie ja dadurch nicht), habe man sich dann jedoch abzufinden....
Eine ähnliche Situation finden wir im Strombereich vor, wo der Wettbewerb auch fast tot ist.
Vergessen wird jedoch die gesetzliche Verpflichtung zu einer preisgünstigen Energieversorgung, die auch nicht dadurch endet, dass andere noch höhere Preise anbieten.
Die jetzt an den Tag gelegte Eifrigkeit ist allein darauf zurückzuführen, dass täglich mehr Gaskunden nicht mehr bereit sind, die ständigen Gaspreiserhöhungen widerspruchslos hinzunehmen und sich deshalb zur Wehr setzen.
Von allein hätte man gern alles beim alten gelassen, hatte man sich doch kommod eingerichtet, auch wenn es dem geltenden Europarecht und Kartellrecht widerspricht.
Dank deshalb für viele Versprechen.
http://www.bgw.de/pdf/0.1_resource_2005_12_15.pdfFreundliche Grüße
aus Jena - Stadt zur Welt
Thomas Fricke
Rechtsanwalt