@ Martinus11
Wenn der Energieversorger als Unternehmensform eine private Rechtsform gewählt hat, dann meist in Gestalt einer Kapitalgesellschaft. Weit verbreitet sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Aktiengesellschaften (AG). Eine Kapitalgesellschaft hat immer ein Grundkapital oder Eigenkapital in Euro. Wenn von dem Eigenkapital mehr als 50% öffentlichen Eigentümern wie z. B. Städten, Gemeinden, Bundesländern oder dem Bund gehören, dann befindet sich das Unternehmen mehrheitlich in öffentlicher Hand.
Große Kapitalgesellschaften geben auf ihren Internetseiten und in ihren jährlichen Geschäftsberichten öffentlich Auskunft über ihre größeren Anteilseigner. Bei GmbHs besteht nach § 40 des GmbH-Gesetzes für das Unternehmen die Pflicht, die Liste der Gesellschafter und deren jeweilige Geschäftsanteile im Handelsregister einzureichen. Das Handelsregister ist für jedermann im zuständigen Amtsgericht zu den dortigen Geschäftszeiten einsehbar. Auf allen Rechnungen und Verträgen Ihres Versorgers finden Sie seine Handelsregisternummer und das zuständige Registergericht. Wer etwas Geld investiert, kann sich den Weg sparen und die gewünschte Information im „Gemeinsamen Registerportal der Länder“ abrufen, siehe
https://www.handelsregister.de.
Parallel dazu gibt es auch eine Berichtspflicht der öffentlichen Hand, die gegenüber dem Steuerzahler und den Parlamenten Rechenschaft über die Verwendung der anvertrauten öffentlichen Gelder ablegen muss. So müssen z. B. im Bundesland Bayern Gemeinden jährlich einen Bericht über ihre Beteiligungen an Unternehmen in einer Rechtsform des Privatrechts erstellen, wenn ihnen mindestens fünf Prozent der Anteile eines Unternehmens gehören, siehe für Details
https://www.freistaat.bayern/dokumente/leistung/068532559496. Eine verständliche Einführung in die Berichtspflichten liefert die Internetseite
http://www.haushaltssteuerung.de und speziell einige Links auf zahlreiche Beteiligungsberichte
http://www.haushaltssteuerung.de/beteiligungsberichte.html.
Informationen vor Ort bieten oft eine Abteilung der Kämmerei, eine Stabsstelle beim Bürgermeister oder die Finanzverwaltung.
So können sie durch etwas Recherche herausfinden, ob Ihr EVU mehrheitlich der öffentlichen Hand gehört. Die E.ON Energie Deutschland GmbH mit Sitz in München, eingetragen am Amtsgericht München unter HRB 209327, gehört zu 100% der E.ON SE, Düsseldorf, und gehört deshalb nicht mehrheitlich der öffentlichen Hand.
Zu dem BGH-Leitsatzurteil vom 6.4.2016 unter Aktenzeichen VIII ZR 79/15 finden Sie schöne Besprechungen von Professor Dr. Kurt Markert und Wilhelm Zimmerlin hier im Forum in der Rubrik „Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest“ unter dem Titel „BGH, Urt. v. 6.4.16 Az. VIII ZR 79/15 Erg. Vertragsauslegung= kundenfreundlich“, siehe
http://forum.energienetz.de/index.php/topic,20132. In Prozessen mit einem ähnlichen Fall muss jeder einzelne Verbraucher diese Argumente von seinem Rechtsanwalt vortragen lassen und damit Zweifel bei seinem Gericht schüren, ob die Rechtsprechung des VIII. BGH-Zivilsenates mit dem Grundgesetz und mit den europäischen Richtlinien vereinbaren lässt. Die Zweifel müssen so groß werden, dass das Gericht sich zu einer Vorlage an den EuGH genötigt sieht, statt einfach die verbraucherfeindlichen Leitsätze der BGH-Urteile u. a. vom 28.10.2015 und 6.4.2016 zur Grundlage seines eigenen Entscheidung zu machen.
Eine derartige Vorlage hat auch den Vorteil, dass das vom Gericht angerufene Bundesverfassungsgericht sich mit der Sache befassen und entscheiden muss. Bei der immer noch unveröffentlichten Verfassungsbeschwerde des Bundes der Energieverbraucher ist mir nicht bekannt, ob die Verfassungsbeschwerde überhaupt zur Entscheidung angenommen wurde oder ob die Beschwerde wie so viele andere ohne jede Begründung inzwischen einfach zurückgewiesen wird. Selbst im positiven Fall der Annahme ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts frühestens 2017 zu erwarten, wahrscheinlich sogar erst 2018.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: lothar.gutsche@arcor.de