Energiepreis-Protest > GEW Wilhelmshaven
Kündigung des Sondertarifs Stromversorgung
Hans-Jörg Otto:
Die GEW hat im Dezember mehreren Sondertarifkunden mit zweimonatiger Frist den Liefervertrag gekündigt. Sie verweist dabei nebulös auf vorhandenen Schriftverkehr mit dem Kunden, ohne konkrete Schriftsätze zu zitieren.
Zur Historie:
Im Oktober erfolgt eine formlose Unterrichtung über die Umbenennung des Produktes "Family Power" in "havenstrom für uns". Auswirkungen auf die Kunden werden ausgeschlossen. Ein Vertrag über die Belieferung mit Strom im Sondertarif existiert nicht. Mit Datum 14.12.2015 kündigt die GEW den Liefervertrag mit Wirkung zum 29.02.2016, bietet gleichzeitig den Abschluss eines neuen Sondertarifvertrages "havenstrom für uns" an. Laut Geschäftsbedingungen hat dieser Vertrag eine Laufzeit von 12 Monaten mit zweimonatiger Kündigungsfrist. Sollte kein neuer Sondertarifvertrag abgeschlossen werden, fällt der Stromkunde ab 01.03.16 in die Grundversorgung zu den dann geltenden Tarifen. Ein Widerspruchsrecht bestehe in dieser Grundversorgung nicht.
Alle Kunden, denen dies widerfahren ist, haben in der Vergangenheit - teilweise seit zehn Jahren - den nicht nachvollziehbaren Preisanpassungen über das Vehikel Billigkeitsüberprüfung nach § 315 BGB widersprochen.
Meine Frage an einen Experten lautet:
Kann ein Sondervertrag zustande kommen, ohne dass darüber ein Dokument gefertigt wird, das beide Parteien unterschreiben auch wenn die Abrechnung zu diesem Sondertarif erfolgte ?
Wenn nein, ist dann die Kündigung ungültig?
Didakt:
--- Zitat von: Hans-Jörg Otto am 03. Februar 2016, 16:55:32 ---...Ein Vertrag über die Belieferung mit Strom im Sondertarif existiert nicht. ...
...Kann ein Sondervertrag zustande kommen, ohne dass darüber ein Dokument gefertigt wird, das beide Parteien unterschreiben auch wenn die Abrechnung zu diesem Sondertarif erfolgte ? Wenn nein, ist dann die Kündigung ungültig?
--- Ende Zitat ---
Ja, durch konkludentes Handeln. Dies ist auch bei Dauerschuldverhältnissen möglich.
Ohne die näheren Umstände zu kennen, insbesondere die spezifischen Tarif- und Angebotsstrukturen des Versorgers, ist Ihre Frage schwerlich zu beantworten.
--- Zitat ---Konkludentes Handeln (auch als schlüssiges Handeln bekannt) ist eine stillschweigende Willenserklärung durch ein schlüssiges Verhalten, wodurch der redliche Empfänger auf einen Rechtsbindungswillen schließen darf. Es ist somit nicht zwingend erforderlich, dass eine Willenserklärung zum Abschluss eines Vertrages ausdrücklich ausgesprochen oder niedergeschrieben wird.
Ausnahmen vom konkludenten Handeln
Ein konkludentes Handeln genügt allerdings in den Fällen nicht, in denen das Gesetz eine ausdrückliche Erklärung verlangt. Dabei ist es zwar nicht zwingend erforderlich, dass die Erklärung dann schriftlich erfolgt, sie muss aber besonders klar und eindeutig sein.
Zum Beispiel sieht § 305 Absatz 2 Nr. 1 BGB vor, dass eine Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in Verträge nur durch ausdrücklichen Hinweis durch den Verwender und Einverständnis des Verbrauchers rechtswirksam erfolgen kann. Dementsprechend können AGB nicht durch konkludentes Verhalten zum Bestandteil eines Vertrages werden.
--- Ende Zitat ---
Hans-Jörg Otto:
Danke.
Ich werde den Versorger, die GEW Wilhelmshaven, um eine Ausfertigung des Vertrages über Belieferung mit Strom nach einem Sondertarif bitten, ersatzweise die AGB des Vertrages einfordern.
Zusatzfrage: Kann in einem Grundversorgungsverhältnis ein Widerspruchsrecht ausgeschlossen werden?
Didakt:
Das Grundversorgungsverhältnis zählt m. E. zu den „Verbraucherverträgen“ gem. § 355 ff. BGB (Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen). Siehe auch hier.
Hans-Jörg Otto:
Danke, das war sehr hilfreich.
Wir sind hier eine Bürgerinitiative gegen zu hohe Energiepreise des lokalen Anbieters GEW. Der hat nun zum Jahresende mindestens 51 "Protestlern" den Sondertarif gekündigt. In seinem Kündigungsschreiben hat er darauf hingewiesen, dass bei fortdauernder Energieabnahme ein Grundvertragsverhältnis zustande komme, das ein Widerspruchsrecht ausschließe.
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