Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: antwortschreiben  (Gelesen 6072 mal)

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Offline energienetz

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antwortschreiben
« am: 06. Dezember 2005, 08:44:04 »
eine Antwort an die Stadtwerke könnte also zB so aussehen:

Bei dem von den SWM beauftragten Gutachten handelt es sich nicht um die mir zustehende Offenlegung der Preiskalkulation.

Sie haben darzulegen und zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die Ihnen durch die Belieferung mit Energie entstehen, durch die Preise abzudecken sind und welchen Gewinn Sie zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung der aufgenommenen Kapitals bzw. der Einlagen ihrer Gesellschafter mit Ihren Tarifen erzielen wollen (vgl. Held NZM 2004, S. 175 und die dort angeführte Rechtssprechung).

Das vorgelegte Gutachten ist ersichtlich nicht geeignet, mir oder dem Gericht eine Beurteilung nach den genannten Kriterien der Rechtsprechung zu ermöglichen.

Weil dies so ist, verbleibt es in rechtlicher Hinsicht bei der Situation nach meinem Widerspruch, der weiterhin Geltung beansprucht.

Sollten Sie auf Zahlung des vollen Rechnungsbetrages bestehen, so müssen Sie auf Zahlung klagen und tragen dabei die vollständige Darlegungs- und Beweislast. Bis zur Rechtskraft eines Urteils, welches den \"billigen Preis\" bestimmt, besteht keine fällige Forderung (BGH NJW 2005, 2919).

mfg

Offline RR-E-ft

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antwortschreiben
« Antwort #1 am: 06. Dezember 2005, 12:09:16 »
@Energienetz

Juristisch sauber formuliert hat der Kunde keinen Anspruch auf Offenlegung der Preiskalkulation.

Es handelt sich deshalb nicht \"um die mir zustehende Offenlegung der Preiskalkulation\", sondern \"um die von mir geforderte Offenlegung der Preiskalkulation\".

Die Offenlegung der Preiskalkulation ist eine Frage der Darlegungs- und Beweislast im Zahlungsprozess des Versorgers.

Dort obliegt ihm die vollständige Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Billigkeit der geforderten Tarife und dafür bedarf es der Offenlegung der Preiskalkulation.

Obliegenheit bedeutet, dass der Versorger auch vor Gericht nicht verpflichtet ist, seine Preiskalkulation offen zu legen.

Legt er nicht offen, kann er seiner Darlegungs- und Beweislast nicht entsprechen, weshalb eine Zahlungsklage regelmäßig der Abweisung unterfallen muss (Gaspreisurteile LG Mannheim, AG Karlsruhe, OLG München NJW-RR 1999, 421).

Ansprüche kann man gerichtlich durchsetzen.
Einen Anspruch des Kunden auf Offenlegung gibt es jedoch nicht.

Obliegenheiten lassen sich nicht gerichtlich durchsetzen.
Wer einer eigenen Obliegenheit nicht nachkommt hat aber die für ihn nachteiligen Folgen daraus zu tragen.

Nach alldem haben die Versorger nicht ganz unrecht, wenn sie betonen, nicht zur Offenlegung verpflichtet zu sein.

Sie haben nur eben die Konsequenzen eines Nichtbefolgens der Forderung der Kunden nach Offenlegung zu tragen:

Es bestehen keine fälligen Zahlungsansprüche.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline energienetz

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antwortschreiben
« Antwort #2 am: 06. Dezember 2005, 14:49:14 »

Offline RR-E-ft

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antwortschreiben
« Antwort #3 am: 06. Dezember 2005, 15:34:33 »
@energienetz

Diese Antwort passt derzeit überall.

Somit sind die wehrhaften Energieverbraucher weiter in die Lage versetzt, juristisch sauber ihre Anliegen zu verfolgen.

Denn noch kein einziger Versorger hat ersichtlich seine Kalkulation nach den strengen Kriterien der BGH- Rechtsprechung offen gelegt und zu einer gerichtlichen Entscheidung gestellt.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline Graf Koks

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antwortschreiben
« Antwort #4 am: 06. Dezember 2005, 21:28:12 »
@Forum:

Es wird nach meinem Eindruck in der Öffentlichkeit nach wie vor mit juristischen Fehlformulierungen gearbeitet. Fast immer werden verbraucherfreundliche Entscheidungen in den Medien mit Headlines wie \"Versorger zur Offenlegung verurteilt\" oder \"Versorger muss offenlegen\" gemeldet.
 
Das ist so irreführend und es sollte durch eine ebenso griffige Kurzformel wie \"Keine Zahlung ohne Offenlegung\" ersetzt werden.  Damit ist auch zugleich klar, wo der Hebel der Verbraucher ist.  Beim Geld.


M.f.G. aus Berlin
Graf Koks

Offline RR-E-ft

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antwortschreiben
« Antwort #5 am: 07. Dezember 2005, 12:10:26 »
@Graf Koks

Komplexe Sachverhalte lassen sich nicht in kurzen Statemants vermitteln.

Das Gesetz der Medien:

Kurze, griffige und Aufmerksamkeit schaffende Überschriften und Schlagworte

Daran kommt keiner vorbei.

Und ehrlich gesagt, ist es für das Ergebnis wohl halbwegs egal, ob nun die feinen Nuancen herausgearbeitet werden oder nicht.

Wichtig sind m. E. die Kernaussagen, dass Energieversorger ihre Preise nicht nach Gutdünken gestalten können, sondern Gerichte eine Kontrolle ausüben.

Wer dadurch für das Thema sensibilisiert ist, wird sich hoffentlich weitergehend informieren.

www.energiepreise-runter.de und das hiesige Forum sind  ein solches Informationsangebot.

Wer sollte in welche Irre geführt werden?



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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