Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Prüfung von Kalkulationsunterlagen  (Gelesen 4342 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline joebi

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 38
  • Karma: +0/-0
Prüfung von Kalkulationsunterlagen
« am: 01. Dezember 2005, 20:18:04 »
Hallo Forum.
In dem Bericht der Kölnischen Rundschau v.29.11.2005 mit der Überschrift Experten prüfen Gaspreis , heisst es, das Experten der VZ - Hamburg die Kalkulationsunterlagen für die Gaspreise von EON - Hanse prüfen.
Die Entscheidung des OLG gegen die Preise ist daher aufgehoben.
Aufgrund der steigenden Gaspreise habe ich mich im August 2005 ,auf Empfehlung, an die VZ-NRW und die VZ _ Brühl gewandt.
AW  VZ _ NRW , der Themenbereich ist ein relativ neues Beratungsthema , eine Beratung erfolgt aus diesen Gründen von einer Beratungsstelle in ihrer Nähe.
AW  VZ _ Brühl, mit dem Hinweis,die Beratungsstelle der VZ beantworten keine energierechtlichen Fragen,wurde meine Anfrage an die Geschäftsstelle weitergeleitet.
AW  Die Geschäftsstelle ist leider aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage Verbraucherfragen ausführlich zu beantworten.
In der Hoffnung das mittlerweile die VZn sensibilisiert worden sind,erlaube ich mir die Frage Wer prüft das Ergebnis der VZ - Experten ?
Freundliche Grüsse
joebi

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Prüfung von Kalkulationsunterlagen
« Antwort #1 am: 01. Dezember 2005, 20:47:53 »
@Joebi

Da verwechseln Sie möglicherweise etwas.

Die VZ NRW verfolgt mit einigen Stadtwerken ein sog. Transparenzverfahren, dem wir aus guten Gründen nichts abgewinnen können.

Sie meinen bestimmt folgende Meldung:

http://www.verivox.de/News/articledetails.asp?aid=12274



In Hamburg hatte das LG die Offenlegung der Preiskalkulation gefordert.
E.ON Hanse hat ca. 70 Seiten Papier vorgelegt und Wirtschaftsprüfertestate. Außerdem war ein internes Papier der E.ON- Controller (so etwas wie die eigenen Buchhalter) im Umfange von ca. 50 Seiten in die Öffentlichkeit gelangt, in welchem wohl ganz andere Zahlenspiele angestellt wurden, die dann auch zu einem vollkommen anderen Ergebnis kommen, vgl. SPIEGEL vom 21.11.2005 \"Was Helga nicht wissen darf\". Helga soll dabei die Vorsitzende Richterin sein, die am Ende zu entscheiden hat.


Jetzt ist es an den Kollegen der VZ Hamburg, dazu Stellung zu nehmen.

Die Stellungnahme kann so aussehen, dass man nunmehr die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung anhand der vorgelegten Unterlagen vollständig nachvollziehen kann und die Preiserhöhung demnach nicht zu beanstanden ist.

Die Stellungnahme kann aber auch so aussehen, dass und ggf. welche Fragen noch offen geblieben sind, welche Berechnungen bisher nicht nachvollzogen werden können und anhand der bisher übergebenen Unterlagen auch nicht geprüft werden können.


Jenachdem, wie diese Stellungnahme ausfällt, wird das Gericht sich selbst ein Bild davon machen, ob es die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung nachvollziehen kann oder ob es Gründe dafür geben könnte, welche die Vermutung nahelegen, dem Gericht seien wichtige Details möglicherweise vorenthalten worden.

In einem solchen Fall erhält E.ON Hanse ggf. Gelegenheit, weitere Details zu erklären und zu erläutern, weitere Unterlagen beizubringen.

Sollte sich E.ON Hanse dagegen wehren und das Gericht könnte nach eigener Anschauung nicht zu der Überzeugung gelangen, dass die Preiserhöhung erforderlich und angemessen war und auch ein Sachverständiger sei aufgrund unzureichend vorgelegter Unterlagen und gegbener Erklärungen nicht zur Prüfung in der Lage, dann wird der Klage stattzugeben sein, wie beim Amtsgericht Heilbronn.

Sollten alle Unterlagen vorliegen, kann das Gericht einen unabhängigen  Sachverständigen bestellen, der das Zahlenwerk prüft und danach dem Gericht ein Gutachten erstellt.

Sollte man nach alldem zum Ergebnis kommen, die Gaspreiserhöhungen waren erforderlich und angemessen, wird die Klage abgewiesen. Andernfalls wird ihr statt gegeben.

Es ist nicht Aufgabe der Spezielisten der VZ nun etwa einen zutreffenden Preis zu errechnen. Es gilt lediglich aufzuzeigen, welche Aussagen zu den genannten Zahlen etwa bisher nicht nachvollzogen und auch nicht nachgeprüft werden können.


Aufgehoben ist bis auf weiteres der bisher auf den 8.Dezember terminierte Verkündungstermin beim Landgericht, zu dem eine Entscheidung getroffen werden sollte (Urteil/ Beweisbeschluss o. ä.).

Die Verbraucherzentrale hat eine Frist für ihre o. g. Stellungnahme bis zum 12.01.2006 bekommen.

Danach wird das Gericht einen neuen Termin für eine Entscheidung bestimmen (Urteil oder Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens).




Bisher ist nichts entschieden und alles offen.


Wichtiges Etappenziel der Verbraucher war jedoch, dass Zahlen offen gelegt werden müssen. Dieses Ziel wurde erreicht. Jetzt ist zu prüfen, ob die von E.ON genannten Zahlen belastbar sind.



Also:

Niemand prüft das Ergebnis der VZ- Experten.

Geprüft werden allenfalls die Zahlen des Versorgers nämlich durch einen unabhängigen Gutachter, jedoch auch nur dann, wenn sie sich überhaupt prüfen lassen.

Lassen die Zahlen sich - aus welchen Gründen auch immer - nicht prüfen, wird der Klage wohl stattgegeben.

Nicht zu erwarten steht aus meiner Sicht, dass das Gericht selbst einen \"billigen\"Preis bestimmt.


Weil Sie selbst gar kein Kunde von E.ON Hanse sind, kommt es für die Beantwortung der Sie eigentlich intressierenden Frage, ob die Preiserhöhungen Ihres eigenen Versorgers nun erforderlich und angemessen waren oder nicht, auf den Ausgang des Prozesses in Hamburg überhaupt nicht an:

Das kann sich nämlich nur in einem entsprechenden Gerichtsverfahren Ihres eignen Versorgers herausstellen. In Deutschland gibt es ca. 700 Gasversorgungsunternehmen, die nun alle gespannt nach Hamburg schauen, wieviele konkrete Daten diese einem Gericht vorlegen müssen.

Man möchte sich dabei natürlich möglichst beschränken, auch wenn der betroffene E.ON- Konzern selbst für sich festgestellt haben möchte, er müsste sich gläsern machen.

Die Frage der Mitarbeiter der Glaserzunft lautet:

Klarglas oder Milchglas oder nur halbdurchscheinende Glasbausteine?

Insoweit erscheint das Verfahren wichtig für alle anderen zu sein.


Ich hoffe, Ihnen das Procedere etwas verständlich gemacht zu haben und dass ich mich dabei verständlich ausdrücken konnte, was Juristen mit ihrer ganz eigentümlichen Sprache gegenüber Nichtjuristen nicht immer gut gelingt.





Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Cremer

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 5.185
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.cremer-kreuznach.de
Prüfung von Kalkulationsunterlagen
« Antwort #2 am: 02. Dezember 2005, 07:43:40 »
@Fricke,

sehr gut in rot dargestellt.

Sag ich immer. Die SW KH müssen selbstklagen, wenn Sie ihre Forderungen durchsetzen wollen. Eine ggf. schriftliche Berufung der SW KH auf Hamburg ist nicht zulässig.

Nun dann stehen vermutlich in Deutschland ja mal ca. 700 Verfahren an, hinzuzurechnen wären noch diejenigen Widersprüche die gleichzeitig auch für Strom Widerspruch eingelegt haben.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

Offline Monaco

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 470
  • Karma: +0/-0
Prüfung von Kalkulationsunterlagen
« Antwort #3 am: 02. Dezember 2005, 13:32:52 »
@cremer

Hallo, Herr Cremer,

die \"Zunft\" scheint sehr verunsichert. Da ist es für die eigene Haut allemale gut, wenn zunächst andere auf das Schlachtfeld vorgeschickt werden können, schaut man erst einmal gespannt, was sich dort tut. Je nach dem wie positiv oder negativ die Auseinandersetzung ausgeht, wird man seine neue Strategie festlegen. Rückzug oder Angriff?
Sollte EON Hanse eins \"auf die Mütze\" bekommen, wird man sich eher davor hüten, selbst vor Gericht zu ziehen. Im anderen Falle wird man sicher nicht zögern, schnell selbst aktiv zu werden.
Jedoch, je länger sich der hamburger Prozess \"hinschleppt\", um so schlechter die Ausgangslage für die anderen Versorger. Wie will man erklären dass man einen Zustand zunächst mit halbherzigen Mitteln mehr oder weniger geduldet hat, jetzt jedoch mit Macht den Verbraucher zur (Nach)Kasse bitten will.
Wie Herr Fricke schon bemerkte, die Preisbilligkeit ist für jedes Unternehmen separat zu ermitteln. Grundsätzliches gilt jedoch für alle Unternehmen. Daher wird der hamburger Richerspruch schon Richtungsweisend sein.
Einen Vorteil hat EON-Hanse dann doch. Sie wissen vermutlich als erste, woran sie sind ...

In diesem Sinne

mit freundlichen Grüßen

Monaco.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz