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Goldgas Trend 2015 - Billigkeit bzw. Kündigungsfrist?
bolli:
--- Zitat von: Sillikant am 22. März 2015, 11:00:12 ---Billigkeit der Preisanpassungen im Sinne des § 315 BGB wäre doch aber durchaus von Bedeutung, wenn der Versorger auf die Wirksamkeit der div. AGB Änderungen bestehen sollte.
--- Ende Zitat ---
Nein, auf die Billigkeit der Preise kommt es nur dann an, wenn dem Versorger ein gesetzliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zusteht, wie dieses z.B. in § 5 Abs. 2 GasGVV verankert ist.
In Ihrem Fall besteht aber kein Grundversorgungsvetrag, für den die GasGVV automatisch gelten würde, sondern ein Sondervertrag. In diesem Sondervertrag ist eine Preisanpassungsklausel enthalten, auf die sich der Versorger bei seinen Preisänderungen beruft. Auch diese Preisanpassungsklausel enthält keinen Bezug auf § 5 Abs. 2 GasGVV, (wie das einige Versorger durchaus schon probiert haben, was aber durch die Rechtsprechung des EuGH und des BGH mittlerweile als unzulässig entschieden wurde) womit es in Ihrem Falle NICHt auf die Billigkeit der Preise ankommt.
Es handelt sich nach Einschätzung des BGH um vereinbarte Preise. Ob diese der Billigkeit entsprechen (bei Vertragsabschluss waren), ist unerheblich.
Ob die Preisanpassungen zulässig und wirksam sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst einmal müssten die AGB überhaupt wirksam in den Vertrag eingebunden worden sein (§ 305 BGB, z.B. VOR Vertragsabschluß dem Kunden bekannt gegeben worden sein). Darüber hinaus müssen sie wirksam sein (§ 307 BGB) und dann müssen sie auch noch angemessen sein (keine Erhöhung des Gewinnanteils im laufenden Vertragsverhältnis).
Zur Wirksamkeit hat der BGH in mehreren Urteilen Kriterien herausgearbeitet, die die AGB bzw. die Preisanpassungsklauseln erfüllen müssen.
Dazu gehört u.a., dass die preisbildenden Faktoren ziemlich erschöpfend beschrieben sein müssen und das z.B. die Zeitpunkte für Preiserhöhungen und für Preissenkungen nicht zum Nachteil des Kunden von einander abweichen dürfen.
Bei der von Ihnen zitierten Preisanpssungsklausel kann ich nicht erkennen, dass diesen Kriterien in ausreichendem Maße genüge getan wird, weshalb ich vermuten würde, dass die Klausel nicht wirksam ist und somit die darauf basierenden Preisanpassungen ebenfalls nicht.
Grundsätzlich wären damit ALLE Preisanpassungen unwirksam und somit dürften nur die ursprünglich vereinbarten Preise Gegenstand der Abrechnungen gewesen sein. Wenn Sie nun auf der Basis dieser Preise Ihre alten Rechnungen nachberechnen, um auszurechnen, wieviel Sie zuviel bezahlt haben, gilt es zu beachten, dass Sie zwar quasi bis zum Vertragsanfang zurückrechnen könne, dass jedoch der Versorger bei Rückrechnungen, die länger als 3 Jahre zurückliegen, die Einrede der Verjährung erheben kann. Maßgeblich ist hier wohl § 195 BGB. Es kommt dabei nicht auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung sondern den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs an, weshalb meist wohl das Rechnungsdatum maßgeblich sein dürfte. Gem. § 199 BGB beginnt die Verjährungsfrsit am Ende eines Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, weshalb wohl, ohne das zuvor ein Widerspruch erfolgt wäre, heute noch Rückforderungen aus Rechnungen des Jahres 2012 Chancen auf Rückerstattung haben.
Diese Ansprüche sollten Sie schnellstmöglich ausrechnen und gegenüber dem Versorger mittels Einschreiben/Einwurf schriftlich unter Fristsetzung (da sollten 3 Wochen ausreichen) geltend machen. Weisen Sie dabei auf die Ihrer Meinung nach unwirksame Preisanpassungsklausel hin.
Des weiteren sollten Sie prüfen, ob Ihre AGB die Aufrechnung von Forderungen explizit ausschließen. Wenn nicht, teilen Sie dem Versorger in diesem Schreiben auch mit, dass Sie beabsichtigen, das Ihnen noch zustehende Guthaben im Folgenden mit den noch zu leistenden zukünftigen Abschlägen zu verrechnen und damit ab dem Monat XX (Monatsanfang, der auf das Fristende folgt) beginnen.
Eine bestehende Einzugsermächtigung für den Versorger widerrufen Sie in diesem Schreiben. Abschläge, die irgendwann wieder zu zahlen sind, müssen Sie dann natürlich manuell anweisen (oder per Dauerauftrag).
Wenn der Versorger Ihrer Argumentation folgt (auch wenn er nicht antwortet) und auch keine Einwände erhebt, können Sie, sofern eine Verrechung der Forderungen gem. AGB nicht explizit ausgeschlossen ist, Ihre Abschläge bis zum Erreichen der errechneten Guthabensumme einbehalten.
Ist die Verrechnung ausgeschlossen oder natwortet er Ihnen mit bestreiten der Forderung, bleibt Ihnen nur, die überzahlten Beträge einzuklagen. Hierfür sollten Sie ggf. auf anwaltliche Hilfe setzen, erst Recht, wenn eine Rechtschutzversicherung besteht.
khh:
@Sillikant,
zusätzlich zu dem von @bolli angesprochenen Aspekt der Verjährung ist noch zu beachten die (von manchen Juristen als höchst fragwürdig angesehene :-\) vom BGH mit Urteil v. 14.03.2012 Az. VIII ZR 113/11 entschiedene Rückwirkungsfrist (siehe auch Antworten #1 und #4). Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 35/12 des BGH:
--- Zitat ---... der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhung, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat. ...
--- Ende Zitat ---
Das bedeutet, wenn bspw. am heutigen Tag erstmalig zurückliegende Preisänderungen beanstandet werden und dieser Widerspruch beim Versorger am 25.03.2015 eingeht, dann entfaltet dieser nur Wirkung gegen Verbrauchs-abrechnungen und darin erstmals berücksichtigte Preiserhöhungen, die dem Kunden am 25.03.2012 oder später zugegangen sind.
Wenn also der heute widersprechende Kunde bspw. am 28.03.2012 eine Verbrauchsabrechnung vom 26.03.2012 erhalten hat in der eine ab 01.04.2011 erfolgte Preiserhöhung enthalten ist, dann gilt als Basis für Rückforderungs-ansprüche der Preis vom 31.03.2011 (alle übersteigenden Preiserhöhungsbeträge können gemäß § 812 BGB zurückverlangt werden). Zu den aus der Abrechnung vom 26.03.2012 resultierenden Kundenansprüche kann der Versorger nach Ablauf des Jahres 2015 die Einrede der Verjährung einlegen, wenn der Kunde seine Forderung nicht zuvor gerichtlich gelten gemacht hat (mit einer Klage oder mit einem die Verjährung für maximal 6 Monate hemmende gerichtlichen Mahnbescheid).
Gruß, khh
Fazit: Wer als Sondervertragskunde womöglich Rückforderungsansprüche aufgrund unwirksamer AGB-Preisanpassungsklauseln hat (ich denke insbesondere auch an das EuGH-Urteil v. 21.03.2013 sowie an das nachfolgende BGH-Urteil v. 31.07.2013 bzgl. der GVV-Klauseln) und nicht zumindest mit seinem erstmaligen Widerspruch "in die Pötte kommt", beraubt sich u.U. selbst einiger Möglichkeiten :( !
Sillikant:
"Warum ist der nicht marktgerechte Gaspreis erst jetzt aufgefallen?" - Eine zufriedenstellende Antwort hab ich auch für mich selber nicht, abgesehen von der späten Einsicht Zusammenhänge neu bewerten zu müssen. Ich habe in das theoretisch überzeugende Geschäftsmodell "trend" auch die kaufmännische Fairness des Versorgers hineininterpretiert und die Sache laufen lassen, das war natürlich naiv.
Wie dem auch sei, ich bedanke mich sehr für die pers. Einschätzungen und Denkanstöße. Ich muß mir jetzt zunächst einen Überblick verschaffen sowie meine Beanstandung schnellstens beziffern und zielführend artikulieren, damit nicht noch mehr den Bach herunter geht. Wenn es neue Erkenntnisse gibt, melde ich mich hierzu natürlich wieder...
Gruß
Sillikant
khh:
@Sillikant, wenn die nachstehende Zusicherung
--- Zitat von: Sillikant am 22. März 2015, 11:00:12 ---[...]
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bewarb GOLDGAS diesen Tarif mit folgendem Wortlaut, ... „…Bei dem goldgas trend profitieren Sie jetzt von außerordentlich günstigen Einkaufspreisen. Ihr Vertrag läuft 12 Monate. Aber Sie bleiben flexibel: Sollte GOLDGAS die Preise ändern, erfahren Sie das mindestens zwei Monate im Voraus. Dann könnten Sie von Ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und auf den Zeitpunkt der Preisänderung kündigen…“
--- Ende Zitat ---
belegt werden kann, dann würde ich als "Basispreis" für geltend zu machende Rückforderungsansprüche erst einmal den Grund- und Arbeitspreis ansetzen, der letztmalig mindestens zwei Monate im Voraus von GOLDGAS mitgeteilt wurde. Auf den wohl geringeren Rückforderungsanspruch der sich aus dem vermutlich höheren gemäß Antwort #6 anzusetzenden Basispreis ergibt, kann man seine Forderung immer noch zurückschrauben ;) !
Viel Erfolg und berichten Sie bitte, was bei Ihren Bemühungen herausgekommen ist.
Gruß, khh
PS: Bevor nötigenfalls ein sachkundiger Anwalt beauftragt wird, könnte man es vielleicht auch zunächst mal mit einer Beschwerde bei der www.schlichtungsstelle-energie.de versuchen (damit eventuell gleich mit dem Wider-spruchsschreiben "drohen" ? :D).
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