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Autor Thema: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte  (Gelesen 7540 mal)

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Offline Spectre

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Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« am: 17. März 2015, 11:25:45 »
Wollte auch mal meine Erfahrung mit der 365 AG schildern. Offensichtlich versucht man, durch einen im ersten Jahr zu niedrig angesetzten Verbrauch den Bonus zu drücken.
Anfang März Anruf bei der Hotline zwecks Reklamation der Jahresabrechnung.
Widerwillig wurde mir eine Rechnung, angeblich ausgestellt am 02.01.15, zugesendet mit einem unplausiblen Guthaben von über 2000 €.
Angeblich hätte ich einen Verrechnungsscheck über das Guthaben erhalten (was natürlich nicht der Fall ist)
Der Rechnung liegt ein völlig unplausibler geschätzter Verbrauch (ein Viertel des tatsächlichen Verbrauchs) zugrunde, obwohl der korrekte Zählerstand vom Netzbetreiber übermittelt wurde. Dementsprechend niedrig fiel der Bonus aus. Außerdem gab es eine unangekündigte Arbeitspreiserhöhung von 4,3 %, die aber im Gesamtzusammenhang eher unbedeutend ist.
Trotz des vermeintlich geringen Verbrauchs wurde natürlich die Abschlagszahlung nicht reduziert, sondern weiterhin in bisheriger Höhe abgebucht. Durch die falsche erste Rechnung hätte sich bei der nächsten Rechnung eine gewaltige Nachforderung ergeben. Es wird vermutlich darauf spekuliert, dass den meisten Kunden das Fehlen der Abrechnung und der Guthabenauszahlung gar nicht auffällt.
Nach Drohung mit einem Anwalt kam recht schnell eine Rechnung. Zwar auch nicht ganz nachvollziehbar, da die Fehler aber eher zu meinen Gunsten ausfallen, reklamiere ich hier nicht.
Jetzt warte ich nur noch auf die Guthabenauszahlung...

Noch eine Frage:
Habe ich eigentlich einen Rechtsanspruch auf Reduzierung der Abschlagszahlung?
Ich habe bei Vertragsabschluss den Verbrauch etwas zu großzügig angesetzt, zudem ist der Verbrauch gegenüber den Vorjahren gesunken.

Offline khh

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #1 am: 17. März 2015, 14:35:21 »
... Offensichtlich versucht man, durch einen im ersten Jahr zu niedrig angesetzten Verbrauch den Bonus zu drücken.
... Außerdem gab es eine unangekündigte Arbeitspreiserhöhung von 4,3 %, die aber im Gesamtzusammenhang eher unbedeutend ist.
... Noch eine Frage: Habe ich eigentlich einen Rechtsanspruch auf Reduzierung der Abschlagszahlung? ...

Hallo @Spectre,
die von Ihnen angesprochenen Punkte sind hier mehr als bekannt; verwenden Sie doch mal die Funktion "Suche" des Forums.

Meine Kurz-Stellungnahme:
Mit einem im 1. Jahr zu niedrig angesetzten Verbrauch wird nicht nur der Bonus "gedrückt", sondern irgendwann wird der tatsächliche Verbrauch dann zu einem höheren Preis abgerechnet (extrem wirkt sich das bei Paket-Tarifen aus). Zurückzuführen ist das leider auch auf Versäumnisse des Kunden, weil häufig z.B. der Zählerstand zum Ende des Lieferjahres (ggf. auch unaufgefordert) nicht selbst abgelesen und dem Versorger sowie dem Netzbetreiber mitgeteilt wird.

Bei der "unangekündigte Arbeitspreiserhöhung von 4,3 %" dürfte es sich um die Weiterreichung von Umlagen-erhöhungen handeln, die aber mangels eingeräumtem gesetzlichen Sonderkündigungsrecht sicherlich unwirksam ist. Ihnen dürfte aber auch, vermutlich versteckt in einer mehrseitigen Email, eine drastische Grundpreiserhöhung ab dem 2. Lieferjahr untergeschoben worden sein. Wenn Sie das noch nicht bemerkt haben, dann sichten Sie mal Ihre sämtlichen Unterlagen bzw. Ihr Kundenportal (in der vorliegende Abrechnung nach Seite 2 dürften die aktuellen Preise auch genannt sein) !

Ihr Abschlag ist selbstverständlich anzupassen; dazu bestimmt das EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) in § 41 Absatz 2 - Auszug:
Zitat
... Wird eine Vorauszahlung vereinbart, muss sich diese nach dem Verbrauch des vorhergehenden Abrechnungszeitraums oder dem durchschnittlichen Verbrauch vergleichbarer Kunden richten. Macht der Kunde glaubhaft, dass sein Verbrauch erheblich geringer ist, so ist dies angemessen zu berücksichtigen. ...
[Hervorhebung/Unterstreichung durch khh]

Gruß, khh

PS: Wenig nachvollziehbar ist, warum Sie den Vertrag bei der 365 AG nicht zum Ablauf des ersten Lieferjahres gekündigt haben, denn bekanntlich sind Bonustarife ab dem 2. Jahr kaum noch günstig, was besonders bei den sogen. "Discount-Anbietern" aufgrund deren drastische Preiserhöhungen zutrifft (diese Anpassungen sind aber meistens intransparent mitgeteilt und/oder unangemessen und daher rechtlich unwirksam ;D).
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
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Offline Spectre

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #2 am: 18. März 2015, 07:42:17 »
Zitat
PS: Wenig nachvollziehbar ist, warum Sie den Vertrag bei der 365 AG nicht zum Ablauf des ersten Lieferjahres gekündigt haben
Mein Fehler, ich dachte den Bonus gibt es nur, wenn der Vertrag noch nicht gekündigt wurde.

Die Preiserhöhung (Arbeits- und Grundpreis) wurde übrigens schon mitgeteilt (in der SEPA-Information), habe ich natürlich überlesen.
Zitat
Wir werden zum 01.01.2014 sämtliche Änderungen hoheitlich festgelegter Umlagen und Abgaben, seien es
Verringerungen oder Erhöhungen, an Sie weitergeben und Ihren Arbeitspreis entsprechend anpassen, der
hiernach bei 23,90  Cent/kWh liegt. Den gegenwärtigen Stand der Umlagen entnehmen Sie  bitte der Grafik.
Nach offizieller Bekanntgabe der Höhe der Änderungen werden wir Ihnen diese auf der Webseite
www.kundenservice-energie.de/umlagen/2014 <http://www.kundenservice-energie.de/umlagen/2014>  bekannt
geben.
Grundpreise enthalten verbrauchsunabhängige, teils hoheitlich regulierte Entgeltbestandteile und Fremdkosten,
auf deren Entwicklung wir nur begrenzt Einfluss haben. Dennoch können wir Ihnen bereits jetzt eine
vollumfängliche Garantie auf den Grundpreis ab dem 01.12.2014 bis zum 31.12.2016 gewähren. Der monatliche
Grundpreis wird in diesem Zeitraum bei 35,04  €  fixiert und ist gegen jede Erhöhung abgesichert. Ihnen als
Produktkunde im Tarif Wasserkraft 6 garantieren wir diese Konditionen automatisch und unwiderruflich. Damit
sind Sie vor jeglichem Grundpreisanstieg vollumfänglich geschützt.
...
Aufgrund von Anpassungen der Stromlieferbedingungen und/oder  -konditionen besteht ein grundsätzliches
Recht, Lieferverträge zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer Anpassung ohne Einhaltung von Fristen zu
beenden, vgl. § 41 Abs. 3 Satz 2 Energiewirtschaftsgesetz in der Fassung vom 7. Juli 2005, zuletzt geändert
durch Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 2013, BGBl. I S. 1738, 1748 (EnWG).
« Letzte Änderung: 18. März 2015, 08:13:19 von Spectre »

Offline bolli

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #3 am: 18. März 2015, 08:10:00 »
Dann wäre aber, wenn ich die Bedingungen richtig verstanden habe, der Bonus komplett entfallen, oder sehe ich das falsch?
Das sehen Sie falsch. Durch höchstrichterliche Rechtssprechung ist mittlerweile geklärt, dass es nicht auf den Zeitpunkt des Kündigungsschreibens sondern auf die Wirksamkeit der Kündigung ankommt. Ist ein Belieferungsjahr vollständig erfüllt, wird der Bonus fällig, auch wenn die Kündigung, damit sie am Ende des ersten Lieferjahres wirksam wird, schon während dieses ersten Jahres zum Ende des ersten Lieferjahres ausgesprochen wird.
Siehe auch hier: BGH, Urt. v. 17.04.13 VIII ZR 225/12 Bonusklausel Flexstrom

Offline khh

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #4 am: 18. März 2015, 11:16:53 »
... Die Preiserhöhung (Arbeits- und Grundpreis) wurde übrigens schon mitgeteilt
(in der SEPA-Information), habe ich natürlich überlesen. ...

@Spectre,

wollen Sie diese Preiserhöhungen etwa bezahlen, insbesondere die Grundpreiserhöhung ab dem 01.12.2014
(neu wirklich 35,04 € monatlich :o)?

Der GP-Erhöhung würde ich widersprechen (wg. der versteckten/intransparenten Mitteilung und mit dem Einwand
der Unbilligkeit/Unangemessenheit).

Wenn Sie dazu jetzt nicht tätig werden, dann ist eine Herabsetzung der mtl. Abschläge wohl kaum durchsetzbar.
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Offline Catkiller13

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #5 am: 18. März 2015, 17:42:58 »
35 euro grundpreis. Das wird ja immer abstrakter bei denen. Mann, schau das du da raus kommst

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Offline uwes

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #6 am: 19. März 2015, 00:04:55 »
Zitat
Die Preiserhöhung (Arbeits- und Grundpreis) wurde übrigens schon mitgeteilt (in der SEPA-Information), habe ich natürlich überlesen.

Mitgeteilt. Ich kann vieles "mitteilen". Preise im laufenden Vertrag kann ich aber nur anpassen, wenn es dazu eine wirksame Preisänderungsklausel gibt.

Vielleicht schauen Sie einmal in den Vertrag und die AGB. Dabei sollten Sie auch genau darauf schauen, welche AGB Sie akzeptiert haben und mit welchem Unternehmen Sie einen Vertrag haben.

Auf Billigkeit o.ä. kommt es in den Verträgen/Preisanpassungen der 365 AG nicht an.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline khh

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #7 am: 19. März 2015, 01:45:21 »
[...]
Auf Billigkeit o.ä. kommt es in den Verträgen/Preisanpassungen der 365 AG nicht an.

Danke, Herr Anwalt, für diese Richtigstellung. Auf die Billigkeit kann es bei der 365 AG ja auch nicht ankommen, denn in deren AGB ist eine einseitige Preisbestimmung durch den Versorger bekanntlich nicht vorgesehen.

Upps, hab das in Anwort #4 doch tatsächlich mit den aktuellen AGB-Bestimmungen der ExtraEnergie durcheinander gebracht :'(. Ein rechtlich nicht ganz gelungener Widerspruch des juristischen Laien wird aber auch nicht gleich dessen Kopf kosten :D
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Offline khh

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Re: Bonusreduzierung durch falsche Verbrauchswerte
« Antwort #8 am: 20. März 2015, 00:14:29 »
... Auf die Billigkeit kann es bei der 365 AG ja auch nicht ankommen, denn in deren AGB
ist eine einseitige Preisbestimmung durch den Versorger bekanntlich nicht vorgesehen.

Korrektur: Zumindest in der aktuell von der 365 AG & Co. verwendeten AGB sieht Ziffer 8 Absatz 8 vor - Auszug
Zitat
Preisänderungen, die nicht die staatlich veranlassten Preiskomponenten betreffen, werden nur wirksam, wenn der Energieversorger diese mindestens sechs Wochen vor dem geplanten Wirksamwerden in Textform mitteilt. Der Energieversorger ist berechtigt und verpflichtet, eine Anpassung des Preises im Wege der einseitigen Leistungsbestimmung in Ausübung billigen Ermessens (§ 315 BGB) nach Maßgabe der Entwicklung der für die Preisbildung maßgeblichen Faktoren vorzunehmen. ...
[Hervorhebung durch khh]
 
Ob die Billigkeit einer Preiserhöhung (z.B. die seit ca. Nov. 2013 praktizierte drastische Grundpreiserhöhung)
zu bestreiten ist, hängt also davon ab, ob die Preisanpassungsklausel der AGB-Version, welche vom EVU dem jeweiligen Kunden bei dessen Auftragserteilung zwecks Kenntnisnahme und Einverständniserklärung vorgelegt wurde, gleiches oder etwas anderes bestimmt.
« Letzte Änderung: 20. März 2015, 00:39:47 von khh »
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