Wenn ein Sonderkunde hofft, dass das Urteil des Eu-GH zum Tarifkundenbereich dazu führt, dass die 3-Jahresfrist bei Sonderverträgen von den deutschen Gerichten nicht mehr angewendet wird oder es noch irgendwann zu einem EU-GH-Urteil zur Fristenlösung kommt, müsste er Rückforderungen auf der Basis des Vertragspreises, die bei 3-jähriger oder 10-jähriger Verjährungsfrist Ende 1914 zu verjähren drohen, noch vor Jahresende geltend machen und bereit sein zu klagen, wenn wenn der Versorger nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet.
Dazu braucht man den diesbezüglichen Musterbrief für Tarifkunden nur ein wenig abwandeln.
berghaus 24.11.14
Wer sich als Sondervertragskunde mit entsprechenden Hoffnungen trägt, der sollte sich anwaltlich beraten lassen, um zu ersehen, wie begründet oder unbegründet solche Hoffnungen überhaupt sind.
Bei Sonderverträgen gilt zurecht die kurze dreijährige Regelverjährungsfrist (vgl. BGH, Urt. v. 26.09.11 VIII ZR 279/11 Rn. 42 ff.)
Die Rechtsprechung dazu, welche Anforderungen an Preisänderungsklauseln zu stellen sind, besteht berits seit Jahrzehnten (BGH, Urt. v. 12.07.89 VIII ZR 297/88), so dass ein anwaltlich beratener Kunde wohl zutreffend erkennen konnte, ob eine einbezogene AGB- Preisänderungsklausel den Anforderungen der Rechtsprechung genügt oder nicht.
Anders konnte es sich allenfalls damit verhalten, ob eine Klausel, die der gesetzlichen Regelung über Änderungen der Allgemeinen Tarife/ der Allgemeinen Preise der Grundversorgung (§ 4 Abs. 2 AVBV/ § 5 Abs. 2 GVV) vollinhaltlich entspricht, diesen Anforderungen genügt, wenn man wegen § 310 Abs. 2 BGB von einer Besserstellung der Versorger bei der Inhaltskontrolle ausgeht. Hierzu hatte der BGH in seinen Entscheidungen vom 15.07.09 VIII ZR 225/07 und VIII ZR 56/08 obiter dicta mit Leitsätzen entschieden, dass dies der Fall sei und dies mit einer Entscheidung vom 14.07.10 VIII ZR 246/08 sodann bestätigt. Diese Rechtsprechung war jedoch von Anfang an auch in der Literatur sehr umstritten. Das OLG Oldenburg nutzte die Rückverweisung denn auch dazu, die Sache dem EuGH vorzulegen (OLG Oldenburg, B. v. 14.12.10 Az. 12 U 49/07), nachdem der BGH im Urteil v. 14.07.10 mit keinem Wort auf geäußerte europrechtlichen Bedenken eingegangen war. Mit dem Beschluss vom 09.02.11 VIII ZR 162/09 legte der BGH dem EuGH ebenfalls ein entsprechendes Vorabersuchen vor, worüber der EuGH dann mit Urteil vom 21.03.13 Rs. C-92/11 im Sinne der Kunden entschied. Diese kurze Zeit bestehende Rechtsprechung des BGH war also zumindest für einen Rechtsanwalt erkennbar, von Anfang an (d.h. vom 15.07.09 bis zur EuGH- Vorlage durch OLG Oldenburg am 14.12.10) sehr umstritten, so dass ein Vorgehen dagegen nicht vollkommen aussichtslos erscheinen konnte, so dass den Kunden eine Klage zumutbar blieb.
Somit bleibt für einen verzögerten Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist infolge einer Unkenntnis und eine kenntnisunabhängige Verjaährungsfrist von zehn Jahren wohl kein Raum (vgl. BGH, Urt. v. 26.09.11 VIII ZR 279/11 Rn. 45 ff.).
Bei den grundversorgten Tarifkunden sieht es anders aus, weil dort eine jahrzehntelang gesfestigte Rechtsprechung zum Preisbestimmungsrecht des Versorgers bestand und wohl erst mit dem Vorlagebeschluss vom 18.05.11 BGH VIII ZR 71/10 daran Zweifel entstehen konnten, so dass vor 2011 eine Klage mit der Begründung eines fehlenden Preisänderungsrechts des Versorgers nicht zumutbar war.