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Autor Thema: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?  (Gelesen 6189 mal)

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Offline Fietes

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Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« am: 02. Juli 2014, 16:08:45 »
Seit 2005 kürze ich meine Gasrechnung nach § 315 BGB und jedes Jahr werden in der Jahresabrechnung alte Forderungen mit der neuen Forderung verrechnet, die sich dadurch immer mehr erhöht. Diese Erhöhung stimmt aber nicht mit meinen geleisteten Zahlungen überein, der Betrag den die Stadtwerke fordern, ist mittlerweile ca. 400 € zu hoch. Muss ich dieser falschen Berechnung extra widersprechen oder ist mit meinem Widerspruch gegen § 315 schon genüge getan?

Offline khh

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #1 am: 02. Juli 2014, 19:41:48 »
Hallo Fietes,

Sie haben der jeweiligen Preiserhöhung widersprochen, das sollte ausreichend sein. Wenn Sie Ihre gekürzten Zahlungen zweckbestimmt geleistet haben, dann ist die vom Versorger praktizierte Verrechnung mit der jeweils ältesten Forderung jedenfalls unzulässig (vgl. § 366 Abs. 1 BGB). Und alle nicht bezahlten Forderungen, die erstmalig vor 2011 in Rechnung gestellt wurden, sind seit dem 01.01.2014 verjährt :)!

Auch für den jährlichen Vortrag der (vermeintlichen) Altforderungen in den Rechnungen = Geltendmachung
eines Zahlungsanspruchs auf der Grundlage einer Kontokorrentabrechnung, dürfte es bereits an der Grundvoraussetzung hierfür fehlen, nämlich an einer vertraglichen Kontokorrentabrede gemäß § 355 HGB.

Benutzen Sie die Suchfunktion des Forums und geben Sie dort "Kontokorrent" ein, dann finden Sie dazu und zu Ihrer Frage verschiedene Beiträge mit detaillierten Informationen.

Gruß, khh
« Letzte Änderung: 02. Juli 2014, 19:51:57 von khh »
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Offline Fietes

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #2 am: 02. Juli 2014, 21:26:51 »
Hallo khh,
vielen Dank für die schnelle Beantwortung meiner Frage, dann bin ich erstmal beruhigt. Dann warte ich also die Entscheidung des  EuGh zur Grundversorgung ab und wie die Stadtwerke darauf reagieren.

Gruss Fietes

Offline bolli

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #3 am: 03. Juli 2014, 10:01:03 »
Seit 2005 kürze ich meine Gasrechnung nach § 315 BGB und jedes Jahr werden in der Jahresabrechnung alte Forderungen mit der neuen Forderung verrechnet, die sich dadurch immer mehr erhöht. Diese Erhöhung stimmt aber nicht mit meinen geleisteten Zahlungen überein, der Betrag den die Stadtwerke fordern, ist mittlerweile ca. 400 € zu hoch. Muss ich dieser falschen Berechnung extra widersprechen oder ist mit meinem Widerspruch gegen § 315 schon genüge getan?
Wenn Sie seit 9 Jahren Ihre Gasrechnungen in der Grundversorgung kürzen müssten meiner Meinung nach bei den gestiegenen Preisen mehr als 400,- EUR Unterschied zwischen Ihrer Berechnung und der der Stadtwerke bestehen oder haben Sie denen gewisse Preiserhöhungen zugestanden ?

Offline khh

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #4 am: 03. Juli 2014, 12:39:07 »
@bolli,
ist diese Aussage von Fietes nicht so zu verstehen, dass die Stadtwerke ca. 400 € mehr "alte Forderungen" geltend machen, als er seine Zahlungen tatsächlich gekürzt hat ?

Was mich stutzig macht, ist die letzte Aussage von @Fietes
... Dann warte ich also die Entscheidung des  EuGh zur Grundversorgung ab und wie die Stadtwerke darauf reagieren.

Demnach wird Fietes in der Grundversorgung beliefert und sein Preiswiderspruch basiert wirklich auf einer Unbilligkeitseinrede gemäß § 315 BGB, was m. E. wg. des Prozesskostenrisikos (speziell die hohen Kosten eines womöglich von einem Gericht veranlassten Sachverständigen-Gutachtens) nicht unproblematisch ist.

Zudem wäre interessant zu wissen, ob seit 2005 die Gasbelieferung ununterbrochen in der Grundversorgung erfolgte, oder ob die Stadtwerke vllt. zurückliegend einen Sondervertrag wirksam gekündigt haben und u. U. gemäß BGH-Rechtsprechung ein neuer 'Sockel'-Anfangspreis "vereinbart" wurde?

Beim anstehenden EuGH-Urteil zur Grundversorgung bleibt abzuwarten, ob das GVV-Preisanpassungsrecht überhaupt rückwirkend verneint wird :-\.

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Offline bolli

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #5 am: 04. Juli 2014, 08:03:47 »
@bolli,
ist diese Aussage von Fietes nicht so zu verstehen, dass die Stadtwerke ca. 400 € mehr "alte Forderungen" geltend machen, als er seine Zahlungen tatsächlich gekürzt hat ?
Bei den mir bekannten Fällen in der Grundversorgung haben die Stadtwerke IMMER ihre gesamten ursprünglichen Forderungen geltend gemacht und weiter fortgeschrieben. Einen Fall, wo der Versorger schon mal "vorsorglich" einiges freiwillig gestrichen hätte ist mir bisher nicht bekannt geworden. Selbst wenn Fietes erst seit 2005 in der Grundversorgung wäre (ich vermute, da war er schon davor), müsste über die regelmäßigen Preiserhöhungen eine größere Differenz als 400,- EUR rauskommen, wenn Fietes seit 2005 nur den seinerzeit gültigen Preis gezahlt hätte, außer sein Gasverbrauch ist wirklich mehr als minimal. Deshalb auch meine Nachfrage.

Aber auch Sie haben ja noch andere Varianten als Optionen bzw. Fragen ins Spiel gebracht, die zum Tragen kommen könnten. Mal sehen, ob wir noch was erfahren.


Offline khh

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #6 am: 04. Juli 2014, 15:37:53 »
@bolli

die "Fortschreibung" vermeintlicher Altforderungen dürfte aber (wie bspw. im Fall der EWE vom LG Potsdam entschieden) mangels einer vertraglichen Kontokorrentabrede unzulässig sein.

Und die besagte Aussage von Fietes verstehe ich so  -  Beispiel: Er hat seine Zahlungen seit 2005 um insges.
1.500 € gekürzt, seine SW machen Alt-Forderungen von insges. 1.900 € geltend.

khh
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Offline uwes

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Re: Alten Forderungen der Stadtwerke widersprechen ?
« Antwort #7 am: 22. Juli 2014, 17:43:55 »
Die Auffassung von khh ist m.E. der Schlüssel, sich erfolgreich verteidigen zu können. Über die Schiene "Kontokorrent" machen viele Versorger einfach pauschal alle Forderungen geltend, haben im Zweifel alle Zahlungen auf Altforderungen verrechnet - unabhängig davon, welche Verrechnungsbestimmung der Kunde bei den Zahlungen getroffen hatte - und fordern "nur" noch den Saldo aus altueller Zeit.

Bei den mir bekannten Fällen in der Grundversorgung haben die Stadtwerke IMMER ihre gesamten ursprünglichen Forderungen geltend gemacht und weiter fortgeschrieben.

Ja genau so erlebe ich es regelmäßig. Es ist dann Sache des Kunden, die Forderungen im Verfahren zu strukturieren und die einstmals schlüssige Klage auf einen Schlag unschlüssig erscheinen zu lassen. Es reicht aus, wenn der Kunde sagt, er habe immer auf die aktuell von ihm anerkannten Preise gezahlt und keinen Kontokorrent vereinbart. Dazu muss er natürlich etwas detaillierter werden. Aber im Kern ist es richtig, dass sich ein Versorgungsunternehmen nicht auf einen "Kontokorent stützen kann, sondern seine Forderungen konkret nach Rechnung und Zeitraum und den Zahlungen des Kunden gem. dessen Verrechnungsbestimmung  beziffern muss. Das fällt schon vielen Buchhaltungen schwer.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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