Im Streit um die Rechtmäßigkeit der EWE-Gaspreiserhöhungen von 2010 und 2011 hat sich die Schlichtungsstelle Energie klar auf die Seite der Verbraucher gestellt (Schlichtungsempfehlung im Wortlaut bei
www.bezahlbare-energie.de). Die von EWE verwendete Preisänderungsklausel unterscheide sich in den „entscheidungsrelevanten, verbraucherschutzrechtlichen Aspekten in keiner Weise“ von der RWE-Klausel, die der BGH am 31.7.13 für unwirksam erklärt hatte: „Beide Regelungen versetzen den Verbraucher nicht in transparenter Weise in die Lage, zukünftige Preiserhöhungen anhand klarer und verständlicher Kriterien zu prüfen. Sie sind … wegen ihrer inhaltlichen Substanzlosigkeit unwirksam.“ Die Preiserhöhungen der EWE seien daher „ohne Rechtsgrund erfolgt“ mit der „Folge“, dass der Kunde sie „im Grundsatz zurückverlangen kann“. Im Schlichtungsverfahren, das die Verbraucher „Zeit, Kosten und Nerven spart“ und auf die „Bereitschaft zu gegenseitigem Entgegenkommen“ setzt, müsse der Kunde allerdings „Abstriche in Kauf nehmen“. Daher die Empfehlung, sich mit EWE auf eine Rückzahlung von 70% zu einigen.
EWE lehnt die Annahme der Schlichtungsempfehlung ab. Die Materie sei „zu komplex“ und „ungeeignet“ für eine Schlichtung. Rechtlich „wirft der vorliegende Fall in Bezug auf den grundlegenden Sachverhalt keine Schwierigkeiten auf“, meint demgegenüber die Schlichtungsstelle. Mit dem BGH-Urteil von Juli 2013 „sind die zentralen Grundentscheidungen in klarer Weise getroffen“. Die von EWE „behauptete Komplexität“ liege wohl eher in der „hohen Zahl ihrer Strom- und Gaskunden“ (auch Stromkunden!), die eine Rückzahlung beanspruchen können und in der „daraus resultierenden schwerwiegenden wirtschaftlichen Bedeutung der Gesamtzahl potentieller Rückforderungsbegehren“.
Dass das Schlichtungsverfahren nicht akzeptiert wird, kennt man bisher eigentlich nur von unseriösen Unternehmen wie Almado oder Extra/Hit-Energie. Die Schlichtungsstelle findet dies denn auch „bedauerlich“ und legt nahe, „unsere Empfehlung im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung als Argumentationshilfe zu verwenden“.
Was ist jetzt zu tun?
1. Wer seinen Rückzahlungsanspruch bei EWE - oder auch bei anderen Versorgern! - für die Gaspreiserhöhungen seit 2010 beim Versorger noch nicht angemeldet hat, sollte dies jetzt schleunigst tun. Die EWE-Gaspreiserhöhung von Dezember 2010 können jetzt noch alle Kunden zurückfordern, die ihre erste EWE-Jahresrechnung darüber in den Monaten Mai bis November 2011 bekommen haben. Die Preiserhöhung von September 2011 kann noch bis August 2015 zurückgefordert werden. Bei durchschnittlichem Haushaltsverbrauch von 20.000 kWh hat sich EWE gegenüber bis heute ein Rückzahlungsanspruch von über 1.000 € angesammelt.
2. Wer von EWE oder anderen Versorgern eine Ablehnung bekommen hat, kann und sollte sich kosten- und risikolos und mit besten Aussichten an die Schlichtungsstelle Energie wenden.
3. Wenn der Versorger die Schlichtungsempfehlung nicht akzeptiert, empfiehlt sich zumindest für alle rechtsschutzversicherten Verbraucher der Gang zum Gericht. Mit der kompetenten Schlichtungsempfehlung als „Argumentationshilfe“ in der Tasche dürften dort beste Aussichten bestehen.
Janto Just
Verein „Bezahlbare Energie“
www.bezahlbare-energie.de