Energiepreis-Protest > DEW21 - Dortmunder Energie und Wasserversorgung
Widerspruch gegen Strompreiserhöhungen - Bemessungsgrundlage
Thorsten S.:
Hallo liebe Gemeinde :D ,
zuersteinmal mein Kompliment für dieses Forum, das ich seit einiger Zeit rege verfolge. Sowas habe ich lange gesucht!
Auch ich bin nun entschlossen, mich gegen die Abzockpolitik der Stromkonzerne zur Wehr zu setzen. Ich habe auch schon viel gelesen, muss aber gestehen, dass das Gebiet für mich als juristischen Laien sehr komplex ist und nach wie vor Fragen und Unsicherheiten birgt. Daher bitte ich im Vorfeld für Nachsicht, wenn ich mit meinen Fragen und Unkenntnis hier überflüssige Arbeit verursache.
Es besteht ein Privatkundenvertrag \"auf Grundlage der Allgemeinen Versorgungsbedingungen AVB-V sowie ergänzenden Bedingungen zur AVB-V und der Allgemeinen Tarife\" seit 19.08.1997
Der Stromanbieter hat gemäß den Jahresabrechnungen ihre Preise wie folgt erhöht:
Zeitraum.......................netto-Preis/kWh
01.01.02 - 31.03.02......0,11707 €
01.04.02 - 31.12.02......0,11960 €......+2,16%
01.01.03 - 31.12.03......0,12450 €......+4,10%
01.01.04 - 31.12.04......0,13250 €......+6,43%
01.01.05 - 31.12.05......0,13900 €......+4,91%
Die allgemein angekündigte Preiserhöhung für 2006 ist mir noch nicht bekannt und auch online nicht einzusehen.
Nun zu meinen Fragen. Seit 2002 stieg der Strompreis um ca. 18% an.
1. Welches Jahr kann ich rückwirkend als Bemessungsgrundlage annehmen, auf das sich der Widerspruch bezieht? Kann der Vorwurf der Unbilligkeit bis zurück nach 2002 geltend gemacht werden, oder gibt es eine Grenze \"nach hinten\"?
2. Wenn ich die Preise für 2002 zugrunde legen darf, sollte/muss ich dann für jedes Jahr eine max. Preissteigerung von 2% in meine Preisforderung einfließen lassen?
3. Wenn ich in meinem Widerspruch wegen Unbilligkeit die Preise von 2002 zugrunde lege, ergibt sich daraus dann zwangläufig ein Guthabenanspruch aus den für 2002 - 2005 zuviel gezahlten Entgelten?
4. Kann und darf ich dieses Guthaben bei meinen für die Zukunft kalkulierten Abschlagsbeträgen mit einrechnen, um eine rückwirkende Verrechnung mit neuen Abschlägen zu umgehen?
5. Falls ein Guthabenanspruch nicht besteht, gilt wahrscheinlich, dass der von mir festgesetzte für angemessen erachtete Preis erst ab dem Datum meines Widerspruchs gilt. Wenn ich den Widerspruch im Dezember einreiche (letzter Abrechnungsmonat), ist dann nur dieser Monat kürzungsberechtigt? Oder gilt er rückwirkend für das gesamte Jahr 2005? Wäre es ratsam, mit dem Widerspruch bis Januar 2006 zu warten, oder verwirkt dies wertvolle Ansprüche für 2005 oder sogar früher?
Vielen Dank im voraus für jede Hilfe!
Gruß,
Thorsten
RR-E-ft:
@Thorsten S.
Rückforderungsansprüche verjähren in drei Jahren.
Soweit kann man deshalb auch gleich zurückgehen.
Allein die Erhöhung der Stromsteuer auf 2,05 Cent/ kWh in 2003 war der letzte staatliche Eingriff, der zu einer Erhöhung führen konnte.
Allles andere ist erklärungsbedürftig und dazu sollte man den Nachweis verlangen.
Entwicklung der Effektivstrompreise beachten:
Rechnungsbetrag durch Anzahl der verbrauchten kWh, sonst verliert man zu leicht die Entwicklung der Grundpreise, die überhaupt nicht staatlich bedingt steigen konnten, aus den Augen.
Hier stiegen in einzelnen Tarifen die Grundpreise um 130 Prozent.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Thorsten S.:
Hallo Herr Fricke,
vielen Dank für Ihre Antwort.
--- Zitat ---Rückforderungsansprüche verjähren in drei Jahren.
--- Ende Zitat ---
Das ist gut - demnach könnte ich die Billigkeit rückwirkend bezweifeln und den Preis von 2002 als Grundlage für meine zukünftigen Forderungen stellen.
Leider ergibt sich noch ein weiteres Problem. Mir ist klar, dass ich die in der Zwischenzeit zuviel bezahlten Beträge nur in einem Rückforderungsprozess einklagen könnte, wovon ja ausdrücklich abgeraten wird, da ich dann die Beweislast der Unbilligkeit trüge. Also geht es eigentlich nur um die zukünftigen Abschläge, denn auch für 2005 würde der Widerspruch praktisch nichts bringen, da ich mit meinen Abschlagszahlungen bereits über der Guthabengrenze liege. Dies resultiert aus der Tatsache, dass ich in den Jahren 2000 und 2001 einen ziemlich hohen Stromverbrauch hatte und so auf über 80,00 EUR Abschlag im Monat hochgesetzt wurde. Seitdem ist mein Stromverbrauch jährlich zurückgegangen, mit ihm (zeitlich verzögert) auch der Abschlagsbetrag. Für 2005 liegt er nun bei 57,00 EUR, und wenn ich den Realverbrauch 01/2005 - 09/2005 laut Zählerstand auf\'s ganze Jahr hochrechne (die Zählerstände hatte ich dieses Jahr zu jedem Monatsersten notiert), wird mein Konto bei der Jahresendabrechnung im Januar 2006 \"leider\" einen Guthabenbetrag von 60,00 - 80,00 EUR aufweisen. Hier könnte ich im Widerspruchsfalle dann lediglich versuchen, den Dezemberabschlag einzubehalten. Würde ich den Preis von 2002 im Widerspruch als für mich bindend akzeptieren, hätte ich dennoch wesentlich mehr bezahlt als der eine Monatsabschlag, sodass es dann schon zu einem Rückforderungsprozess kommen müsste, um den zuviel gezahlten Betrag zurückzubekommen. 2005 ist demnach also im Grunde schon \"gelaufen\".
Was viel \"schlimmer\" ist: aus einer \"Laune\" heraus habe ich im Oktober den Stromverbrauch meiner Wohnung detailliert überprüft und konnte mit wirksamen Maßnahmen (Energiesparlampen, keine Stand-By-Verbraucher mehr, neues \"Duschverhalten\" 8) und dadurch weniger Verbrauch beim Durchlauferhitzer) meinen Stromverbrauch drastisch senken. Lag dieser in den Monaten Januar bis März noch bei 10,1 kWh/Tag, im April-Juni bei 9,8 kWh/Tag und im Juli-September bei 8,8 kWh/Tag, verbrauche ich jetzt nach den Maßnahmen im Oktober nur noch durchschnittlich 5,5 kWh/Tag (laut Zählerstand ermittelte Werte von Oktober bis heute). Wenn ich nun annehme, dass diese Verbrauchseinsparung nächstes Jahr weiterhin anhält (und in den Sommermonaten sogar noch weiter runter geht), müsste sich mein Abschlag auf ca. 30 - 35 EUR/Monat reduzieren - was natürlich definitiv schon ein Grund zur Freude ist. :lol:
Das bedeutet, dass ich nächstes Jahr auch ohne Widerspruch schon ein immenses Guthaben erreichen werde, wenn mein Abschlagsbetrag nicht entsprechend angepasst wird. Das wäre im Widerspruchsfalle alles andere als gut, denn damit stünde ja die bekannte die Gefahr im Raume, dass sich mein EVU einfach an diesem Guthaben bedient und seine seiner Meinung nach berechtigten Forderungen mit dem Abschlagsplus verrechnet (was er ja eigentlich nicht darf, in der Praxis aber eigentlich immer tut, was man so hört). Um dem vorzubeugen, wird daher ja immer die eigenmächtige Anpassung/Kürzung der Abschlagsbeträge empfohlen, um ein mögliches Guthaben bei der Jahresendabrechnung zu verhindern. Grundlage dieser Berechnung ist das letzte Verbrauchsjahr - und genau hier liegt ja nun das Problem, da der Verbrauch von 2005 wegen der jetzt erst inkraft tretenden Energiesparmaßnahmen ja faktisch als Bezugsgröße nicht genommen werden kann.
Mein Jahresstromverbrauch lag 2003 noch bei 4.415 kWh, 2004 bei 3.742 kWh, wird 2005 bei knapp 3.000 kWh liegen (Verbrauchseinsparungen noch NICHT eingerechnet), und sich nächstes Jahr durch die Energiesparmaßnahmen auf geschätzten 2.000 - 2.200 kWh weiter reduzieren. Dürfte ich daher im Falle eines JETZIGEN Widerspruchs den Abschlagsbetrag ab 01/2006 eigenhändig auf den von mir geschätzten zukünftigen Jahresverbrauch von 2.000 - 2.200 kWh festsetzen? Ich befürchte, dass ich das nicht darf, und mein EVU diese Rechnung, wenn ich sie ihm vorlege, nicht akzeptieren wird, da er die von mir ermittelte Verbrauchsreduktionen anzweifeln und somit auf Abschlagszahlungen basierend auf dem Verbrauch von 2005 bestehen wird. Somit wäre ein immenses Guthaben für nächstes Jahr schon vorprogrammiert.
Wäre es daher ratsam, dass ich mein EVU VOR einem Widerspruch erst davon überzeuge, dass ich meinen Stromverbrauch massiv gesenkt habe und mit ihm daher ERST geringere realistische Abschlagszahlungen zu vereinbaren, die dem geschätzten Realverbrauch entsprechen werden? Was ist, wenn mein EVU sich nicht überzeugen läßt und die Abschlagshöhe beibehält oder auf den Verbrauch von 2005 auslegt (der ja noch recht hoch war)? Müsste ich erst bis Ende nächsten Jahres warten, bis sich diese Verbrauchsreduktion auch wirklich zeigt, bevor ein Widerspruch auch praktisch Sinn macht und mich vor unnötigen Rückforderungsansprüchen schützt?
Gruß,
Thorsten
Schwalmtaler:
Moin Thorsten,
Widerspruch gem. $315 BGB wie hier beschrieben.
Die Abschläge können (bei Gas aufgrund §30 der AVB) deinerseits gesenkt werden. Da du den Minderverbrauch belegen kannst, hast Du ein Recht auf Herabsetzung der Abschläge. Teile dem Versorger deine Berechnung des neuen Abschlages für 2006 (nach altem Preis!) mit. Weiterhin begründest du mit deinen Maßnahmen des Energiesparens die Aussetzung der noch ausstehenden Abschläge 2005 (11. -evtl. per Rücklastschrift zurückbuchen lassen; und 12.).
Dann Jahresrechnung abwarten!
Thorsten S.:
Hallo Schwalmtaler!
Vielen Dank für deine Antwort. Ich habe den Widerspruch noch nicht eingeleitet, da ich die ganze Sache nochmal durchgerechnet habe, und komme nun zu einem erstaunlichen Ergebnis, dass mich jetzt in Zweifel stürzt, ob der Widerspruch jetzt wirklich schon sinnvoll ist.
Ich sage es vorweg: falls ich einen gravierenden Rechen- oder Denkfehler mache, möge man mir dieses Posting bitte verzeihen. :wink:
Das Problem ist einfach, dass ich befürchte, unter\'m Strich schlechter dazustehen, wenn ich den Widerspruch in 2005 noch stelle, als wenn ich bis nach der Jahresendabrechnung im Januar warte. Dies könnte mit dem recht großen Guthaben zusammen hängen, das ich durch meine Energiesparmaßnahmen mit der Abschlagszahlung im Oktober bereits erreicht habe. Da der Abschlag für November bereits bezahlt ist, könnte ich allenfalls die Abschläge für 12/2005 und 01/2006 einbehalten, bevor dann die Jahresendabrechnung erfolgt. Bemessungsgrundlage für meine (hochgerechnete) Jahresendabrechnung ist der Verbrauch von 2.881 kWh für 2005, den ich erreichen müsste, wenn der Verbrauch bis Ablesedatum 25.01.2005 so bleibt wie vom 01.11.2005 bis heute.
In Zahlen:
1. Rechnung OHNE Widerspruch
Jahresverbrauch 2.881 kWh x 0,13900 EUR/kWh.......400,46 EUR
+ Grundgebühr.............................................................77,31 EUR
+ 16 % MwSt................................................................76,44 EUR
---------------------------------------------------------------------------------
= Jahresstromkosten..................................................554,21 EUR
- 12 x Monatsabschlag................................................684,00 EUR
---------------------------------------------------------------------------------
= zu erwartende Gutschrift.........................................129,79 EUR
=============================================
Ein stolzes Sümmchen! :D
Wenn ich nun Widerspruch einlege, die beiden letzten Abschläge für 12/2005 und 01/2006 zurück behalte, und als Bemessungsgrundlage die Preise von 2002 billige, sieht die Rechnung bei gleichem angenommenen Verbrauch wie folgt aus:
2. Rechnung MIT Widerspruch
Jahresverbrauch 2.881 kWh x 0,11707 EUR/kWh.......337,28 EUR
+ Grundgebühr.............................................................77,31 EUR
+ 16 % MwSt................................................................66,33 EUR
---------------------------------------------------------------------------------
= Jahresstromkosten..................................................480,92 EUR
- 10 x Monatsabschlag (02/2005 - 11/2005)...............570,00 EUR
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= zu erwartende Gutschrift...........................................89,08 EUR
+ 2 zurückbehaltene Monatsabschläge......................114,00 EUR
---------------------------------------------------------------------------------
= Ersparnis.................................................................203,08 EUR
=============================================
Noch ein stolzeres Sümmchen 8) - wie nicht anders zu erwarten war, stehe ich mich mit einem Widerspruch natürlich unter\'m Strich besser. Das Problem ist jedoch: Sollte mein EVU die mir in der Endabrechnung zustehende Gutschrift über 89,08 EUR mit den beiden einbehaltenen Monatsabschlägen verrechnen (und das muss ich ja befürchten), hätte ich unter\'m Strich nur die 114,00 EUR für die Abschläge gespart, während ich ohne Widerspruch ja 129,79EUR wiederbekäme. Die Gutschrift müsste ich ja dann in einem Rückforderungsprozess erstreiten - also besser gleich abschreiben. Oder darf das EVU die Gutschrift nicht mit den (ihrer Meinung nach verweigerten) Abschlägen verrechnen?
Falls das zu befürchten ist, stünde ich ja besser da, erstmal die Gutschrift von 2005 zu aktuellen Preisen abzuwarten und erst dann rückwirkenden Widerspruch einzulegen, der dann für 2006 greifen wird. Da allerdings würde ich dann leider ein Jahr \"verschenken\" und könnte maximal die Preise von 2003 billigen, die leider 4,1% höher waren als 2002.
Was würdet ihr raten?
LG,
Thorsten
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