BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, juris Rn. 17
Ist einem Energieversorger aufgrund Gesetzes oder vertraglicher Vereinbarung ein Preisanpassungsrecht eingeräumt, so unterliegt eine auf der Grundlage dieses Rechts erfolgte Preiserhöhung als einseitige Leistungsbestimmung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, sofern und soweit es sich nicht um vereinbarte Preise handelt (st. Rspr. des Senats; zuletzt Beschlüsse vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO unter III 2 a; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09, WM 2011, 850 Rn. 18; jeweils mwN).
Gesetzlich ist den Energieversorgern für Sonderverträge kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt.
Es kommt darauf an, ob ein solches
vertraglich wirksam eingeräumt wurde.
Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Energieversorgers im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht jedenfalls dann, wenn bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, dass der Versorger die Preise (nach Vertragsabschluss) einseitig bestimmen soll (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.07 Az. VIII ZR 36/06 Rn. 32).
Zumeist wird bei Vertragsabschluss jedoch ein Preis vereinbart.
Dann kommt es darauf an, ob dem Energieversorger ein Preisanspassungsrecht vertraglich wirksam eingeräumt wurde, welches den Versorger berechtigt, den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis nachträglich einseitig anzupassen.
Entsprechende Vertragsklauseln bezüglich eines solchen Preisanpassungsrechts finden sich oft in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Energieversorgers.
Für die wirksame Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag ist es erforderlich, dass dem Kunden der Text der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (auch wenn es sich bei diesen zb. um den Text der AVBGasV/ GasGVV handelt) vor Vertragsabschluss ausgehändigt/ übersandt wurde, so dass der Kunde schon vor Vertragsabschluss die zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte, und sich der Kunde bei Vertragsbschluss mit der Einbeziehung dieser AGB eindeutig einverstanden erklärt hat (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.12 Az. VIII ZR 34/11, juris Rn. 22).
Entsprechendes gilt bei nachträglicher Einbeziehung im Wege einer Vertragsänderungsvereinbarung (vgl. BGH, aaO, Rn. 23).
Wurden Allgemeine Geschäftsbedingungen in einen Sondervertrag wirksam einbezogen (§ 305 Abs. 2 BGB), so kann ein darin enthaltenes einseitiges Preisanpassungsrecht des Versorgers nur dann wirksam sein, wenn es mit einer Verpflichtung zur Preisanpassung einhergeht (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.10 Az. VIII ZR 81/08, juris Rn. 18 mwN).
Offen ist bisher die Rechtsfrage, ob einem Energieversorger bei wirksamer Einbeziehung des § 4 AVBV/ 5 GVV als Allgemeine Gerschäftsbedingung ein Preisanpassungsrecht wirksam eingeräum wurde (vgl. BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09; BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 158/11 und VIII ZR 236/10, juris).
Der aufgrund eines
wirksam vertraglich eingeräumten einseitigen Leistungsbestimmungsrechts vom Energieversorger einseitig erhöhte Preis soll nach der Rechtsprechung des BGH jedoch dann als vereinbart gelten und deshalb keiner Billigkeitskontrolle mehr unterliegen, wenn der betroffene Kunde der Preisänderung nicht widersprochen und die Verbrauchsabrechnung des Versorgers, mit welcher dieser einseitig erhöhte Preis erstmals zur Abrechnung gestellt wurde, beanstandungs- und vorbehaltlos beglichen hat, der betroffene Kunde dieser Verbrauchsabrechnung nicht in angemessener Frist widersprochen hatte.
Erfolgte hingegen bei
wirksam vertraglich vereinbartem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers die Unbilligkeitseinrede in angemessener Frist, so erfolgt die Billigkeitskontrolle der einseitigen Preisanpassung in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB nach den dafür vom BGH bereits aufgestellten Grundsätzen (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.08 Az. VIII ZR 138/07, juris).
Auch bei den Sonderverträgen sollte man die Unbilligkeitseinrede gegen entsprechende Preiserhöhungen/ darauf basierende Verbrauchsabrechnungen in angemessener Frist erheben.
Dieser
Widerspruch wirkt gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, wenn tatsächlich eine einseitige Preisanpassung aufgrund eines dem Energieversorger wirksam eingeräumten Preisanpassungsrechts erfolgte (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, juris Rn. 17).
Er schließt zudem auch im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln - also dass dem Energieversorger ein Preisanapssungsrecht nicht wirksam eingeräumt wurde- eine sonst mögliche - dem Kunden nachteilige - ergänzende Vertragsauslegung aus (vgl. BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11, juris).
BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11, juris - Leitsatz
Eine infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 307 BGB entstehende planwidrige Regelungslücke in einem Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) dahingehend geschlossen werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
Entscheidend ist dafür, dass überhaupt ein
Widerspruch erfolgte.
BGH, B. v. 27.09.11 Az. VIII ZR 12/11, juris Rn. 6
Der Kläger hat bereits am 28. Dezember 2004 der ersten streitgegenständlichen Preiserhöhung widersprochen und sodann auch gegen alle weiteren Preiserhöhungen Widerspruch erhoben. Für die Beklagte bestand deshalb Anlass, eine Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Vertrages - etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis - in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen. Soweit die Revision demgegenüber anführt, der Kläger habe sich nur gegen die Billigkeit der Preiserhöhungen gewandt, rechtfertigt dies ebenfalls keine abweichende Bewertung. Auf die tatsächlichen oder von der Beklagten vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an.
Legt der Sondervertragskunde gegen eine einseitige Preisanpassung Widerspruch ein, gibt er dem Versorger Anlass, eine ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses in Betracht zu ziehen.