Großes Interesse in Thüringen an BeteiligungserwerbFür Ralf Rusch, den Geschäftsführer des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes, kam das Angebot von Eon nicht überraschend. \"Es gab schon entsprechende Signale\", kommentierte Rusch die Offerte der Eon-Mutter, die ihre Thüringer Tochter den Kommunen jetzt auf einer Art Silbertablett servieren will. Und die Städte sind bereit zuzulangen, vorausgesetzt, die Konditionen stimmen. Das wird sich in den sicherlich nicht einfachen Gesprächen der nächsten Monate herauskristallisieren. Rusch verweist aber auf die Vorteile, die eine regionale Energieversorgung hat. Man könne dann viel besser auf die örtlichen Belange eingehen und die Energiewende regional ausgewogen gestalten. \"Die Kommunen haben sich das gewünscht. Das ist für alle die beste Lösung.\"
Wenn nicht die Thüringer Kommunen über die KEBT oder Thüringer Stadtwerke oder gar der Freistaat die zum Verkauf stehenden Anteile erwerben, wird sich womöglich ein Erwerber außerhalb Thüringens finden.
Das könnte ein ausländischer Energiekonzern wie GAZPROM oder schließlich auch ein Finanzinvestor - wie schon bei der E.ON Gasnetztochter Open Grid Europe - sein.
Wie bei E.ON könnten dann Arbeitsprozesse etwa
nach Rumänien verlagert werden, ein Finanzinvestor mit beherrschenden Einfluss könnte womöglich gar eine Sitzverlagerung außerhalb des Freistaates anstreben.
Dann gäbe es natürlich wenig Einfluss der (demokratisch legitimierten) Thüringer Politik auf die zukünftige Entwicklung der Energiewirtschaft im Freistaat, auf ein bedarfsgerechtes Energiekonzept.
Letzteres ist untrennbar verbunden mit der Frage der Industriepolitik, nämlich damit, wo sich welche Unternehmen ansiedeln, Arbeitsplätze entstehen.
Es spricht viel dafür, die Probleme der Energiewende dezentral in Thüringen zu lösen. Die Rückbesinnung auf das ehedem bestehende
Thüringenwerk könnte dafür große Chancen bieten.
Es geht um den Ausbau von Windkraft - und Biomasseanlagen, womöglich die Errichtung von Gaskraftwerken, schließlich um den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung.
Bisher wurde die Geschäftspolitik der E.ON Thüringer Energie AG entscheidend bestimmt von den wirtschaftlichen Interessen des E.ON- Konzerns, dessen bisherige Münchener Tochter E.ON Energie AG (die in Bälde zum 01.08.12 selbst aufgelöst wird) bisher 53 Prozent der Anteile hält.
E.ON will sich im Freistaat nicht nur von seinen Kunden trennen.
Auch die 1.400 Mitarbeiter der E.ON Thüringer Energie AG in Thüringen haben nun umzudenken, nachdem sie jedenfalls als Teil der E.ON- Familie offensichtlich nicht mehr erwünscht sind, die E.ON- Beteiligung zum Verkauf gestellt wird.
Aus
\"One E.ON\" wird jetzt \"
Ohne E.ON\". Viele Einstellungen müssen sich ändern.
Wo es bisher vornehmlich um die wirtschaftlichen Interessen des E.ON- Konzerns ging, sollte es zukünftig um die - auch wirtschaftlichen - Interessen Thüringens gehen.
Unabhängig davon, wer die frei werdende Beteiligung erwirbt, entsteht mehr Wettbewerb im Energiebereich.
Denn ein solcher bestand aufgrund der Geschäftspolitik des Konzerns nicht mehr zwischen E.ON Thüringen und den angrenzenden Versorgern E.ON Mitte, E.ON Avacon, E.ON Bayern.