Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Tarifvertrag: \"NEWstrom-fest\" (Grundv.), ohne Kündigungsrecht nach StromGVV?!  (Gelesen 12116 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Paul-MG

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 4
  • Karma: +0/-0
Die NVV-AG schließt in ihrem \"Festpreisvertrag\" (\"NEWstrom-fest\") jegliches Kündigungsrecht aus, bzw. will den Kunden zwei Jahre an ihren „Vertrag“ binden.
Das mag prinzipiell legal sein.

Bei meinen Recherchen zu den Vertragskonditionen von \"NEWstrom-fest\" stellte ich fest, dass die NVV-AG gar keinen Sondertarif anbietet, sondern, dass sie ihren Privatkunden lediglich einen einzigen Tarifvertrag anbietet, namentlich \"NEWstrom\".

Bei \"NEWstrom-fest\" handelt es sich also um eine Zusatzvereinbarung, deren Rahmenvertrag weiterhin an die StromGVV gebunden ist.
Das handhaben anscheinend einige Anbieter in ähnlicher Art und Weise.

Bemerkenswert finde ich aber, dass eine Zusatzvereinbarung Vorgaben des Gesetzgebers (Kündigungsrecht, StromGVV) aushebeln können soll.
Denn soweit mir bekannt, soll die Generalklausel des AGB-Gesetzes genau das verhindern.

Aus Erfahrungen als Mieter weiß ich, dass es nur eine Möglichkeit gibt, das AGB-Gesetz zu umgehen, die sogenannte Individualvereinbarung.
An diese hat der Gesetzgeber aber hohe Anforderungen gestellt - vor allem -, die vom Gesetz anweichende Klausel muss zur Disposition gestellt werden.
Die NVV-AG stellt aber nichts zur Disposition, entweder Ja oder Nein.

Kann das so richtig sein, oder hat hier ein Anbieter einen scheinbaren Weg „entdeckt“ Kunden den Wechsel in einen längerfristigen Fest-Vertrag besonders „leicht“ zu machen (man musste nur einen Papierfetzen zurüchschicken, es entstand erst gar nicht der Eindruck, als würde man etwas vertragsähnliches eingehen); ohne sich dabei lange mit gesetzlichen Vorgaben aufzuhalten?

Offline jofri46

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 171
  • Karma: +0/-0
Eine Regelung, die jegliches Kündigungsrecht ausschliesst, wäre unwirksam. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund (außerordentliche Kündigung, § 314 BGB) kann nicht beschnitten werden.

In AGB\'s, also ohne dass es einer Individualvereinbarung bedarf, kann eine Laufzeit von bis zu zwei Jahren geregelt sein. Das ist gemäß § 309 Ziff. 9 BGB zulässig. Innerhalb dieser zwei Jahre ist dann eine ordentliche Kündigung nicht möglich. Diese Laufzeit ist bindend, sofern, wie oben gesagt, kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gegeben ist. Solche Regelungen sind auch bei anderen Dauerschuldverhältnissen anzutreffen, z. B. bei Telefon- und/oder Mobilfunkverträgen.

Offline Paul-MG

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 4
  • Karma: +0/-0
Der Vergleich mit anderen Dauerschuldverhältnissen ist unpassend, da für diese kein Energiewirtschaftsgesetz und damit auch keine StromGVV gilt (\"Grundversorgung\").

Ich formuliere präziser, die NVV-AG schließt jegliche AGB-Klausel aus dem Rahmenvertrag aus, welche den Kunden ein Kündigungsrecht gewährt. Sowohl die \"gängige Monatsfrist\", als auch ein \"Sonderkündigungsrecht\" (bei Änderungen, die den Kunden belastend treffen würden).

Natürlich bleibt § 314 BGB davon unberührt. Er dürfte aber auch nur in seltenen Fällen zur Anwendung kommen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die NVV-AG bietet keinen eigenständigen Sondervertrag an. Demnach muss und liegt \"NEWstrom-fest\" ein Vertrag nach allg. Tarif (als Grundversorger) zugrunde (namentlich NEWstrom), also ein \"Grundversorgungsvertrag\".

Bei einem solchen Grundversorgungsvertrag fordert der Gesetzgeber das Recht des Kunden \"mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats\" kündigen zu können.

Die \"Sonderkonditionen\" von NEWstrom-fest ergeben sich aber gerade durch den Ausschluss beider Kündigungsklauseln (oben aufgezählt, also auch des \"monatlichen\" Kündigungsrecht, wie aber in den StromGVV unbedingt gefordert) und einem geringfügig geringeren Strompreis, nebst Festpreisgarantie.

Solange das AGB-Gesetz anzuwenden ist, verhindert es wohl eine Änderung die \"mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist\".
Ich gehe dabei eben von der StromGVV aus; Abänderung, in der Annahme, dass auch der Ausschluss von Regelungen eine Änderung in diesem Sinne darstellt.

Nicht zu diskutieren ist der Punkt der Individualvereinbarung, es handelt sich schlicht um keine. Diese wäre aber Voraussetzung, um das AGB-Gesetz \"umschiffen\" zu können.

Ich habe recherchiert wie es andere Anbieter handhaben.
Entweder sie bieten einen eigenständigen Vertrag an, was dann eben den erneuten Vertragsschluss bedingt, oder sie gewähren eine Kündigung mit \"Nachteilen\", was i.d.R de facto nichts anderes heißt, als das man wieder in den \"Grundtarif\" rutscht.

Die Vorgehensweise der NVV-AG ist mir bisher kein weiters Mal bekannt geworden, aber ich lasse mich gerne eines anderen belehren.

Offline jofri46

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 171
  • Karma: +0/-0
Es muss ja kein eigenständiger Sondervertrag sein. Wenn in einer Zusatzvereinbarung zur StromGVV \"Sonderkonditionen\" angeboten werden, (das können nicht nur die allgemeinen Tarifentgelte, sondern z. B. auch eine feste Vertragslaufzeit in AGB von maximal 2 Jahren, Festpreisgarantie, Änderung der Kündigungsmodalitäten, etc. sein), dann ist das eben kein Grundversorgungsvertrag mehr, sondern ein Sondervertrag.

Offline Pedro

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 429
  • Karma: +0/-0
  • Geschlecht: Männlich
NEW Energie GmbH = Dienstleister für NVV-Mönchengladbach und z.B. u.a. GWG-Grevenbroich bietet das Produkt \"NEWstrom\" unter verschiedenen Bezeichnungen an. Während es in Möchengladbach lediglich NEWstrom (= Normal- und Grundversorgung) u. NEWstrom-fest gibt , werden  in Grevenbroich neben der teueren \"Grundversorgung\" ebenfalls diese beiden Produkte als Sonderabkommen angeboten.
Dabei spart man mit dem NEWstrom-fest gegenüber dem NEWstrom-Tarif in beiden Versorgungsgebieten bei 3.500 kWh  rd. 8 Euro im Jahr.
Wem es diese \"Ersparnis\" wert ist, zwei Jahre lang auf einen Versorgerwechsel zum ggf. viel preiswerteren Anbieter zu verzichten, muss halt diesen Festpreis-Vertrag abschließen.
Bei VERIVOX liegt der NEWstrom-Preis an etwa 50. Stelle (Abstand rd. 90 Euro).  Aber was nicht ist, kann ja noch werden   :evil:

Offline Paul-MG

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 4
  • Karma: +0/-0
Die NVV-AG ist in MG Grundversorger (Strom), sie muss einen Vertrag nach Maßgabe der StromGVV anbieten, soweit dürfte Einigkeit bestehen.

Es geht - und ging - mir nicht um die Ausgestaltung solcher Verträge im Allgemeinen. Festpreisverträge mit längerfristiger Bindung sind trivial (Anderes habe ich nicht behauptet).

Was ich anzweifle, ist, dass ein Grundversorger einen Grundversorgungsvertrag, gegen die Maßgaben der StromGVV, abändern kann. Insbesondere durch das bloße Versenden eines einfachen Abreißzettels (keine Individualvereinbarung, keine Einsicht in die AGB, ...).

Mein Zweifel liegt also im Zustandekommen des Vertrages. Das andere Grundversorger entweder eigenständige Verträge anbieten, oder Abänderungen vereinbaren wollen, die de facto nicht der StromGVV zuwiderlaufen, bestätigt mich in meiner Ansicht.

Offline Paul-MG

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 4
  • Karma: +0/-0
Die Angebote der GWG-Grevenbroich und der NVV-AG ähneln sich, weil die NVV-AG die Stromversorgung in Grevenbroich übernommen hat (Artikel).

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz