Mir war die Masche so noch nicht bekannt, aber man lernt ja gern dazu.
Wo findet man denn mehr darüber?
Ich gebe zu, es steht nicht an promienter Stelle, aber bei einigen dieser Billiganbieter findet sich im entsprechenden Unterforum etwas dazu z.B.
Flexstrom,
Goldgas,
Auch über Google lassen sich dazu Hinweise finden, z.B.
Ratgeber Geld, Stromanbieter wechseln – worauf muss man achten?, unter "Planungssicherheit, worauf muss man achten"Aber ich gebe auch zu, so einfach wie in den Medien und von der Politik dargestellt ist die Sache noch nicht.
Bin über die Energieverbraucherseite hier gelandet. Dort ist viel die Rede von "Billigkeit §315 BGB".
Trift es das wenn Preise um > 30% angehoben werden?
Kürzen und gut ist oder steht zu befürchten, dass es für einen Einzelnen der Mühe nicht wert ist und besser Sonderkündigen, bis in die Steinzeit [1] warten bis das Geld wieder da ist (wenn überhaupt) und den Blödsinn abhaken?
Wie immer im Leben muss man sagen: Es kommt darauf an. Die Billigkeit von Preisen war zu Beginn des Preisprotestes Anfang/Mitte der 2000er Jahre DER Aufhänger. Durch Gerichtsurteile ist aber mittlerweile klargestellt das sie nur dann eine Rolle spielt, wenn dem Lieferanten ein
einseitiges Preisbestimmungsrecht (allgemein "Leistungsbestimmungsrecht") zusteht. Dieses ist (nach derzeitigem Rechtsstand) IMMER in der Grundversorgung der Fall, da diese auf Basis der gesetzlichen Vorschriften (EnWG und Gas GVV bzw. Strom GVV) stattfindet. Hier ist über § 36 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 5 Abs.2 GasGVV/StromGVV festgelegt, dass der Grundversorger seine Kunden zu allgemeinen Preisen zu versorgen hat. Diese allgemeinen Preise legt ER fest und muss sie sodann veröffentlichen. Zu diesen Preisen wird der Grundversorgungskunde sodann beliefert. Da hier der Versorger die Preise "einfach" festlegt und der Kunde ggf. nicht wechseln kann (denn im Gegensatz zur Grundversorgung, auf die man einen gesetzlichen Anspruch hat (Versorgungspflicht) hat kein Kunde einen Anspruch auf Belieferung im Sondervertrag (Ablehung passiert gerne bei negativer Schufaauskunft), also muss man vielleicht in die Grundversorgung) gibt es eine gesetzliche Möglichkeit, einen Missbrauch solcher einseitig festgelegten Preise zu erschweren. Dieses ist der Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB.
In den meisten Sonderverträgen ist in den AGB eine Preisanpassungsklausel vereinbart, die nicht ein solches einseitiges Leistungsbstimmungsrecht beinhaltet sondern dem Versorger unter bestimmten Bedingungen eine Preisanpassung erlaubt. Dieses ist aber quasi eine "freiwillige Vereinbarung" und unterliegt nicht der Billigkeitkontrolle des § 315 BGB. Eine solche Klausel muss lediglich hinreichend bestimmt sein, dass der Verbraucher erkennen kann,. wann sich ggf. die Preise verändern, das bedeutet, sie muss den Anforderungen des § 307 BGB genügen. Hier hat es in der Vergangenheit zahlreiche Urteile gegeben, nach denen die meisten Preisanpassungsklauseln nicht diesen Anforderungen genügen und somit nicht wirksam sind. In diesen Fällen gilt quasi der ursprünglich für diesen Vertrag vereinbarte Preis. Der BGH hat in einem kürzlich erfolgten Urteil aber eine kleine Hürde eingebaut: Um eine beliebige Rückwirkung zu vermeiden, gilt bei lang laufenden Verträgen eben nicht der Anfangspreis sondern der Preis, der 3 Jahre vor dem ersten Widerspruch galt.
In einigen Fällen gibt es in Sonderverträgen aber auch Preisanpassungsklasueln, die sich auf das gesetzliche Preisanpassungsrecht (also quasi auf das Preisbestimmungsrecht) stützen, indem sie die gesetzliche Regelung bei der Klausel einbeziehen. Das gesetzliche Preisänderungsrecht steht aber gerade vor dem EuGH auf dem Prüfstand, nachdem der BGH im Rahmen eines Verfahrens Zweifel an der Bestimmtheit dieser Regelung hatte
mdl. Verh. EuGH am 28.06.12 über BGH- Vorlage v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09. Inwiefern also das gesetzliche Preisbestimmungsrecht weiterhin mit § 315 BGb angegriffen werden muss/kann, wird sich noch zeigen.
Und bei alledem ist zu prüfen ob die ganzen irgendwo niedergelegten Preisanpassungsregelungen überhaupt wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Alles also gar nicht so einfach, schon gar nicht für "Lieschen Müller".