Original von RR-E-ft
Die Argumente für und wider sollten sachlich diskutiert werden:
Nach Zurückverweisung nach dem Verfahren BGH VIII ZR 246/08 hat das OLG Oldenburg am 02.11.2010 die Klage nochmals verhandelt und dabei zutreffend ausgeführt, dass die Auslegung des BGH zur Wirksamkeit von Preisänderungsklauseln der Bekl. vor dem 01.04.2007 nach dem Transparenzgebot nicht mit den EU- Richtlinien, insbesondere auch dem nach Artikel 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vorgeschriebenen Transparenzgebot, vereinbar erscheint, weshalb eine Vorlage zum EuGH erwogen wird.
Das OLG Oldenburg hatte dort einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach die Bekl. die Preisänderungen im Zeitraum 01.08.04 bis 01.04.07 zu 2/3 an die Kl. zurückzahlen soll und die Preisänderungen ab dem 01.04.07 vollständig zurückzahlen soll. Sollte dem OLG Oldenburg innerhalb einer Stellungnahmefrist von drei Wochen keine Erklärung der Parteien dazu vorliegen, so soll eine Entscheidung am 14.12.10 verkündet werden.
Tatsächlich ergibt sich bereits aus BGH KZR 2/07 Rn. 21, dass eine Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag dem Versorger nicht die Entscheidung über die Temine überlassen darf, zu denen Preisänderungen im Umfange geänderter Kosten erfolgen dürfen bzw. müssen. Zumindest die Preisrevisionstermine müssen mithin bereits in der Klausel geregelt sein.
Der VIII. Zivilsenat des BGH führt selbst aus, dass die von ihm für wirksam erachteten Klauseln nicht den Erfordernissen entsprechen, die die Rechtsprechung des BGH sonst an Preisänderungsklauseln stellt (vgl. bereits BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26). Er führt insbesondere ausdrücklich auf, dass solche Klauseln die Kunden über vieles im Unklaren lassen. Allein dies müsste jedoch bei kundenfeindlichster Auslegung schon zur Unwirksamkeit entsprechender Klauseln führen (vgl. BGH KZR 2/07 Rn. 19).
Der VIII. Zivilsenat begründet seine Auffassung zur Wirksamkeit mit § 310 Abs. 2 BGB. Indes lässt diese Norm schon keinerlei Einschränkung bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle nach § 307 BGB zu (vgl. BGH KZR 2/07 Rn. 25; BGH KZR 10/03 unter II.6.b)).
Andernfalls verstieße die gesetzliche Regelung der §§ 305 ff. BGB gegen Artikel 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (vgl. auch Palandt, BGB, 68.Aufl., § 310 Rn. 22 ff., 26).
Es muss m.E. auch um das in Artikel 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vorgeschriebene Transparenzgebot gehen.
Klar ist jedoch nur, dass § 4 AVBGasV/ § 5 GasGVV schon
ihrem Wortlaut nach weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig die Änderung eines
vereinbarten Gas- Sonderpreises regeln.
Das sollte bereits für Jura- Erstsemester erkennbar sein.
Für alle, die damit ein Verständnisproblem haben sollten, hat es der Kartellsenat des BGH in seiner Entscheidung KZR 2/07 Rn. 29
ausdrücklich ausgeführt.
BGH KZR 2/07 Rn. 29
kein Preisänderungsrecht entsprechend § 4 AVBGasV. Die Verordnung gibt dem Versorger kein allgemeines Preisanpassungsrecht, sondern das Recht zur Bestimmung (und Änderung) derjenigen allgemeinen Tarife und Bedingungen, zu denen der Versorger nach § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes [1998] jedermann an sein Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen hat (§ 1 Abs. 1 AVBGasV). Die Kläger sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch keine Tarif-, sondern Sondervertragskunden. Der Preis, den sie zu zahlen haben, ergibt sich nicht aus dem allgemeinen, für jedermann geltenden Tarif der Beklagten, sondern aus der vertraglichen Vereinbarung in § 2 Abs. 1 des Gasbezugsvertrages. Auf einen solchen vereinbarten Preis findet das Tarifbestimmungsrecht des Versorgers weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
Anm.: Es handelte sich um die Allgemeinen Tarife gem. § 6 Abs. 1 EnWiG 1935 bzw. § 10 Abs. 1 EnWG 1998.
Eine wirksam einbezogene
textlich inhaltsgleiche Klausel kann diesbezüglich dann aber auch
weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig etwas zur Änderung des vertraglich vereinbarten Gas- Sonderpreises beitragen.
Das ergibt sich aus den zu beachtenden Denkgesetzen (Logik).
Der Allgemeine Tarif ist zudem bei einem Gas- Sondervertrag schon ebensowenig wie etwa ein Marmeladenpreis vertragsgegenständlich.
Und eine einbezogene Vertragsklausel, die sich zur Änderung eines Marmeladenpreises verhielte, würde wohl auch kein Preisänderungsrecht in Bezug auf den vertraglich vereinbarten Gas- Sonderpreis begründen.
Unklarer kann deshalb eine Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag wohl überhaupt nicht sein.
Die Normen §§ 4 II AVBV/ 5 II GVV gestalten nur
die besondere Ausübung nach § 315 Abs. 2 BGB desjenigen gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts in Bezug auf Allgemeine Tarife aus, welches sich seinerseits bereits aus dem EnWG selbst ergibt (BGH KZR 29/06 Rn. 20). Normalerweise ist es für die Ausübung eines einseitigen Leistungsbetimmungsrechts notwendig, dass dem anderen Vertragsteil eine entsprechende (unwiderruflkiche) Willenserklärung zugeht. Wegen der damit verbundenen Beweischwierigkeiten wollte der Gesetzgeber ausdrücklich auf das Zugangserfordernis verzichten. Deshalb ist etwa bei § 5 GasGVV auch nicht der Zugang einer brieflichen Mitteilung an den Kunden maßgeblich, sondern weiterhin - wie schon zuvor - die öffentliche Bekanntgabe geänderter Preise.
BGH KZR 29/06 Rn. 20:
Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.
Da es nur um die besondere Ausübungsform des sich bereits aus dem EnWG ergebenden gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts geht, hatte der Verordnungsgeber insbesondere auch keine Tranparenz zu berücksichtigen. Die Verordnungsbestimmungen unterliegen in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich schon nicht der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. §§ 9 AGBG, 307 BGB, weil es sich ja schon um
keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen handelt
Deshalb erscheint auch ein entsprechender Rückschluss des VIII. Zivilsenats nicht nachvollziehbar, wonach der Verordnungsgeber selbst das
Maß der Transparenz vorgegeben habe.
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Wenn die Kunden zuvor bereits Sondervertragskunden waren, kann aus einem Mitteilungschreiben des Versorgers und dem Weiterbezug von Energie nicht darauf geschlossen werden, dass ein neues Vertragsverhältnis begründet werden sollte (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 20).
Einer ergänzenden Vertragsauslegung - wenn deren Voraussetzung Unzumutbarkeit denn überhaupt in Anbetracht des Versorgerrechts zur ordentlichen Künduigung vorläge - muss m. E. auch deshalb ausscheiden, weil die verscheidensten Regelungen zur Lückenschließung in Betracht gekommen wären und nicht klar ist, für welche hiervon sich die Parteien hypothetisch entschieden hätten, wenn sie die Unwirksamkeit gekannt hätten.
Siehe auch:
Motive zu § 307 BGBEU-Richtlinie 93/13/EWG