Sonstiges > Der Wasserpreis
Abzocke auch beim Wasser?
Pedro:
Die Gas- und Wasserwerke GmbH Grevenbroich (Anteilseigner 60 % NVV/RWE) haben rückwirkend (!) ab 1. Jan 2011 den Wasserpreis drastisch erhöht. Ein Haushalt mit einem Wasserverbrauch von rd. 100 Kubikmetern Trinkwasser hat ca. 36 % mehr zu zahlen. Allein der Grundpreis steigt um 93 %.
Hier ein Bericht in der NGZ:
http://lokale-wirtschaft.rp-online.de/nachrichten/detail/-/specific/Aerger-ueber-neue-Wasserpreise-83468054
Folgender Beitrag vom 30. 11. 11 im ZDF (ZOOM 23.15) lässt den Verdacht aufkommen, dass es sich hierbei nicht um einen isolierten Einzelfall handeln könnte:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/sendung-verpasst#/beitrag/video/1506176/ZDFzoom:-Teure-Tropfen
Lothar Gutsche:
Beim Wasserpreis können mit § 315 BGB und § 19 GWB die gleichen rechtlichen Vorschriften wie beim Energiepreisprotest herangezogen werden. Beim Wasser bereitet im Unterschied zu Strom und Gas der Nachweis, dass die Preise einseitig festgesetzt werden und dass der Wasserversorger eine marktbeherrschende Stellung besitzt, glücklicherweise kein Problem.
Für die kartellrechtliche Prüfung hat der BGH im Fall \"Wasserpreise Wetzlar\" mit seinem Leitsatzurteil vom 2.2.2010 unter Aktenzeichen KVR 66/08 wichtige Rahmenbedingungen zur Preiskontrolle gesetzt, siehe zu den Urteilsgründen unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=50739&pos=0&anz=1 oder unter http://lexetius.com/2010,153. Hermann Daiber, der Referatsleiter der Landeskartellbehörde Energie und Wasser in Hessen, hat das BGH-Urteil in seinem Artikel \"Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes
vom 2. Februar 2010, „Wasserpreise Wetzlar“ – neuere Entwicklungen des Wasserkartellrechts\" umfassend kommentiert, siehe http://www.enreg.de/content/material/2010/19.03.2010.Daiber.Artikel.pdf.
Betriebswirtschaftlich lässt sich einiges zur Preisgestaltung bei Wasser auf der Homepage des Berliner Kompetenzzentrums Wasser finden, siehe speziell die Beiträge von Ludwig Pawloski unter http://www.kompetenz-wasser.de/index.php?id=460&type=0&jumpurl=fileadmin%2Fuser_upload%2Fpdf%2Fdownloads%2FWassersparen%2F20090305_KA_Publikation_LP_Wasserpreis.pdf, z. B. der Aufsatz \"Der Preis des Wassersparens\". Zur konkreten Preishöhe, zur Zusammensetzung des Wasserpreise und zur Entwicklung der Preise im Laufe der Zeit vermitteln die großen Benchmark-Studien der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner wertvolle Erkenntnisse. Für das Bundesland NRW können unter http://www.roedl-benchmarking.de/nrw/asp/main/main.asp für die Jahre 2008 - 2010 die vollständigen anonymisierten Projektberichte heruntergeladen werden.
In meiner Auseinandersetzung mit den Stadtwerken Würzburg geht es nicht nur um die Billigkeit und Kartellrechtswidrigkeit der Strom- und Gaspreise, sondern auch um die Billigkeit der Preise für Trinkwasser. Über die ersten beiden Instanzen des Prozesses informiert die Homepage meines Rechtsanwaltes unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html. Ich hoffe, dass die Seite bald einmal aktualisiert wird und über die Entwicklung in den beiden folgenden Instanzen berichtet wird. Derzeit wird über die Würzburger Wasser- und Energiepreise am Kartellsenat des OLG Nürnberg gestritten. U. a. werfe ich den Stadtwerken Prozessbetrug vor, weil sie vor Gericht höhere Kosten pro Kubikmeter Wasser geltend machen wollen, als Rödl&Partner in dem Kosten-Benchmark für Bayern ausweist, an dem die Stadtwerke Würzburg bzw. deren Muttergesellschaft WVV teilgenommen haben.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Cremer:
Ich bezweifle die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Preiserhöhung bei Wasser durch die Wasserwerke Grevenbroich.
Ich stimme Lothar Gutsche voll in seiner Argumentation zu.
Das LG KH hat in meinem Fall die Erhöhungen des Wasserpreises ebenfalls wie bei Strom und Wasser bereits kassiert, denn in den Gesamtforderungen war dies enthalten.
Seit Feb. 2007 haben die SW KH einen weiteren Grundpreis, sogenannten Staffelpreis eingeführt. 20 € zuzügl. Märchensteuer bis 250 m³, 40 € bis 500 m³, darüber 60 €.
Ich hatte da ebenfalls seit Feb. 2007 Widerspruch eingelegt und meine eigene Wasserrechnung erstellt. Die SW KH haben in 2006 einen Gewinn von 20%, in 2007 immerhin noch 10% Gewinn in der Sparte Wasser erwirtschaftet. Da der Gewinn drastisch eingebrochen ist, ferner der Gewinnabführungsvertrag erfüllt werden muss (6,3 Mio Euro), hatte man damals einfach so einen Staffelpreis zu dem bisherigen Grundpreis eingführt.
Als weiteren Grund für meinen Widerspruch ist, da in einigen Gemeinden die SW KH nur 1,71 €/m³ gegenüber von 2,29 €/m³ in der Stadt verlangen.
Schwalmtaler:
Moin zusammen,
könntet Ihr vielleicht die Wasserpreise mal aufschlüsseln?
Ich zahle seit 2006 für Frischwasser konstant 1,5 €/m3.
Von 2006 bis 2008 Abwasser 2,5€ dann 2,53 / 2,26 und nun 2,38.
Seit 2009 kommt noch Niederschlagswasserkosten dazu, die sich von 1,08 über 1,33 auf nun 1,38 erhöht haben.
Der Grundpreis ist seit 2006 unverändert bei 37,8 € im Jahr. :D
Selbst bei 150m3 im Jahr liege ich damit bisher immer unter 700€
Für eine Gemeinde mit Nothaushalt bzw. knapp davor finde ich die Entwicklung nicht übertrieben, was meint Ihr?
Kettner:
Im hessischen Gelnhausen gibt es bereits seit 2006 einen Wasserpreisstreik, organisiert von den Energieverbrauchern Main-Kinzig. Hintergrund ist der, daß die Landeskartellbehörde damals festgestellt hat, daß die Stadtwerke Gelnhausen (eine 100% E.ON-Tochter) Wasserpreise verlangt, die um 40% überhöht waren. Der Wasserpreisstreik sah eine Reduzierung um 30 % vor und die Streiker kürzten dementsprechend ihre Rechnungen auf 1,53 EUR/m3.
Noch vor dem \"Wetzlar\"-Urteils des BGH haben die Stadtwerke Gelnhausen / E.ON-Mitte die Trinkwasserpreise um 20% gesenkt. Allerdings wurde bei der Aktion übersehen, daß auch der Grundpreis hätte gesenkt werden müssen. Dies ist in der Zwischenzeit passiert.
Der Streik dauert dennoch an, denn die Senkung des Preises um 20% geschah im Einvernehmen mit der Landeskartellbehörde, da diese mit Wetzlar genügend Baustellen hatte, und der Kuhhandel ignorierte die ursprüngliche 40%-Abzocke.
Eine kleine Anekdote noch am Rande. Vor ein oder zwei Jahren erhöhte die Stadt die Abwassergebühr deutlich und suchte der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen, in dem sie sagte, daß ja im Gegenzug die Trinkwasserpreise gesunken seien...
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