Energiepreis-Protest > MVV Energie
Kampfansage: Netzbetreiber sollen sich warm anziehen
RR-E-ft:
@Pelikan
Es gibt keinen Grund mehr zur Geheimhaltung:
Die NNE sind immer gleich hoch, egal welcher Versorger den Kunden beliefert. Dies folgt aus dem Anspruch auf diskriminierungsfreien Netzzugang. Die NNE sind in den Verbrauchsabrechnungen ab Dezember 2005 gesondert auszuweisen.
Dann kann jeder Kunde selbst ausrechnen, welche Differenz zwischen NNE, Steuern und Abgaben und Gesamtpreis besteht.
Diese Differenz wäre die Marge des Versorgers aus dem Vertriebsanteil, woraus die Kosten für den eigenen Strombezug, die Stromerzeugung und noch Abrechnungskosten zu betreiten sind. Und darin enthalten sein muss der Gewinn für die Vertriebsaktivität.
Was die Handelsware Strom kostet, ist allen Stromhändlern bekannt.
Komisch wäre nur, wenn die Vertriebsmarge gar keinen Gewinn zuließe. Dann stammt der Gewinn aus dem Monopolbereich Netz und wurde nicht im fairen Wettbewerb \"verdient\".
Dann stellt sich die Frage, ob die NNE überhöht sind. Immerhin sollen diese 70 Prozent über dem EU- Durchschnitt liegen (Jürgen Trittin), zudem gibt es erhebliche Preisunterschiede, Preisspreizung 150 Prozent (VEA).
Also können die Versorger vollkommen ruhig ihre Kalkulation offen legen, weil die Vertriebsmarge bezogen auf einzelne Kunden sowieso allen bekannt ist oder sein kann und die Wettbewerber zudem selbst Anspruch darauf haben, dass die Kalkulation hinsichtlich der NNE offen gelegt wird.
An der Stelle gibt es also auch kein berechtigtes Geheimhaltungsbedürfnis.
Dann kann die Aktion \"Karten auf den Tisch\" also starten.
Wenn hier einige denken, man könnte nicht in großem Maßstab vorgehen, so sollte nur bedacht werden, dass sich bei den Beträgen, um die es für Stromhändler in jedem einzelnen Fall geht, und nach den bisherigen Erkenntnisse die Erfolgsaussichten zumindest in den bekannten Hochpreisgebieten hoch liegen, sich deshalb auch Prozessfinanzierer finden werden.
Und auch die netzlosen Stromhändler können ja gegen einzelne Netzbetreiber kostensparend und effektiv sammelklagend vorgehen hinsichtlich der Rückzahlungsansprüche.
Und die laufenden NNE werden einfach gekürzt und dann müssten sich ja die Netzbetreiber selbst mit Klagen bei Gericht melden, was gleichbedeutend wäre mit der Bereitschaftserklärung, dort die eigene Preiskalkulation offen zu legen, weil anders gar kein Erfolg beschieden sein kann.
Wenn das Ganze angesichts § 93 ZPO für die Stromhändler vollkommen risikolos wäre, weil die Netzbetreiber auch noch die Prozesskosten zu tragen haben, dann sollte dem eigentlich nichts im Wege stehen.
Dann kann man bei 700 Netzbetreibern gleichzeitig Rechnungsbeträge kürzen, um diese selbst überlegen zu lassen, ob sie denn klagen wollen oder nicht.
Da könnte schon ganz erhebliche Bewegung ins Spiel kommen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Graf Koks:
@Hennessy:
Zitat: Das Urteil wird spätestens mit genehmigten Netzentgelten (d.h. ab Februar 2006 für Strom) belanglos für die Zukunft!
Nein. Das Urteil des BGH KZR 36/04 ist m.E. das am weitreichendste der letzten Jahre. Öffentlich rechtliche Tarifgenehmigungen - wie die von Ihnen angeführten Genehmigungen für Netzentgelte - stehen einer Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB selbstverständlich nicht im Wege, vgl. nur das neue Urteil des Kammergerichts 7 U 140/04.
Das gilt für § 6 EnWG und wird auch für die Zukunft gelten.
Mehr als eine Offenlegung will im Augenblick auch keiner, fürs erste.
Gespannt auf die zukünftige Entwicklung bin ich allerdings auch.
M.f.G. aus Berlin
Graf Koks
RR-E-ft:
@Graf Koks
Vielleicht hat da irgendjemand schon wieder vernebelt und die Bedeutung der Entscheidung heruntergespielt, so dass sich Netzbetreiber auf der sicheren Seite wähnen. Nach einer energate-Meldung verbreitet der VKU die Kunde, die Entscheidung beträfe nur das alte EnWG:
http://www.energate.de/news/81078
Richtig ist:
Der BGH hatte doch erst am 05.07.2005 wieder mit der Entscheidung - X ZR 60/04 - klargestellt:
1.
Den Kunden eines Versorgungsunternehmens steht grundsätzlich die Einrede der unbilligen Tariffestsetzung zu.
a)
Es ist in der Rechtsprechung des BGH seit langem anerkannt, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Bennutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.01.1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 659; Urt. v. 03.11.1983, aaO, BGHZ 115, 311, 316 m.w.N.; Urt.v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131). Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden (BGH, Urt. v. 04.12.1986 - VII ZR 77/86, NJW 1987, 1828; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9.A., § 8 Rdn. 15; dagegen und für eine Kontrolle über § 138, 305 f. BGB Staudinger/ Rieble, BGB (2004), § 315 Rdn. 51 f.)....
b)
Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, dass die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur dann verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO., Rdn. 294 f.).
Erst die vom Gericht neu festgesetzten geringeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4.Aufl.,§ 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64.Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO.,Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.
c)
Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch dann, wenn die Tarifbestimmung mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden getroffen worden ist. Denn die rein öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts anhand des § 315 BGB nicht präjudizell ( vgl. nur BGHZ 115, 311, 315; BGH, Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, jeweils m.w.N.; vgl. auch Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 30 AVBEltV Rdn. 56).
So sieht es aus.
Und dazu kommt dann noch die BGH- Entscheidung vom 18.10.2005 - KZR 36/04 - und schon zeichnet sich ein ganz rundes Bild.
Vielleicht mag eine Genehmigung einmal Indizwirkung haben.
Eine solche spielt jedoch allenfalls im Rückerstattungsprozess eine Rolle, weil im Zahlungsprozess die vollständige Darlagungs- und Beweislast beim Kläger liegt. Für einen Vollbeweis reicht ein Indiz nicht aus.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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