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Autor Thema: Fernwärme- Preisänderungsklausel ab 01.07.11  (Gelesen 6830 mal)

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Offline RR-E-ft

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Fernwärme- Preisänderungsklausel ab 01.07.11
« am: 30. September 2011, 12:25:46 »
Fernwärme- Preisänderungsklausel ab 01.07.11


Zitat
WBAP= Index der Wärmebezugs-Arbeitspreise der Stadtwerke Energie in Jena. Dieser ergibt sich aus dem jeweiligen mengengewichteten Durchschnitts-Arbeitspreis aller Fernwärmebezugsquellen der Stadtwerke Energie in Jena im Vergleich zu dem für das Basishalbjahr (2. Halbjahr 2011) ermittelten Wert. Zur Preisanpassung am 1. Januar eines Jahres wird der mengengewichtete Wärmebezugs-Arbeitspreis vom 1. Januar bis zum 30. Juni dieses Jahres und zur Preisanpassung am 1. Juli wird der mengengewichtete Wärmebezugs-Arbeitspreis vom 1. Juli bis zum 31. Dezember des gleichen Jahres verwendet. Für die Mengengewichtung ist die Verteilung der Fernwärmebezugsmengen des vorangegangenen Kalenderjahres maßgeblich. Mengen neu hinzu kommender Wärmeerzeugungsanlagen werden bis einschließlich dem ersten vollen Kalenderjahr nach Inbetriebnahme der Wärmeerzeugungsanlage entsprechend den Planwerten eingerechnet. Bei einer Änderung des Indexes der Wärmebezugs-Arbeitspreise werden die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck den neuen, auf zwei Nachkommastellen gerundeten Index mittels Wirtschaftsprüfertestat nachweisen und auf ihrer Internetseite veröffentlichen.

Zitat
§ 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV

Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, daß sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.

Preisänderungsklauseln, die § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV inhaltlich nicht gerecht werden, sind unwirksam (BGH Az. VIII ZR 339/10).


Zitat
BGH, Urt. v. 13.07.11 Az. VIII ZR 339/10 Rn. 20 f., juris

Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF müssen Preisanpassungsklauseln so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen.

Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet werden, zum anderen soll aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise \"nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann\" (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, Allgemeine Versorgungsbedingungen für Fernwärme, 2. Aufl., S. 255 f.; Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, aaO Rn. 33; vom 6. Juli 2011 - VIII ZR 37/10, aaO Rn. 40).

Der Verordnungsgeber wollte damit den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen und zugleich die gegenläufigen Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden in einen angemessenen Ausgleich bringen.

Vor diesem Hintergrund hat er sich für eine Kombination von Kosten- und Marktelement (Kosten der Erzeugung einerseits und Bereitstellung von Fernwärme und Marktverhältnisse andererseits) entschieden (Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, aaO; vom 6. Juli 2011 - VIII ZR 37/10, aaO).

Diesen zwei Bemessungsfaktoren weist § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF an sich den gleichen Rang zu und lässt Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu (Senatsurteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, aaO Rn. 44 mwN).

Es ist daher hinsichtlich der Preisanpassungsklausel für den Arbeitspreis nicht nur zu ermitteln, ob die dabei verwendeten Faktoren die Kosten der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme hinreichend abbilden, sondern auch zu prüfen, ob hierdurch den jeweiligen Verhältnissen auf dem Wärmemarkt Rechnung getragen worden ist.


Fraglich deshalb wohl, an welcher Stelle der neuen Preisänderungsklausel sich die Marktverhältnisse wiederfinden sollen.


Zitat

Die Fernwärmepreise werden zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres mit Hilfe der Preisänderungsformeln gemäß Ziffer II.1 sowie unter Berücksichtigung der unter Ziffer II.2 genannten Basiswerte angepasst.

Die Stadtwerke Energie sind berechtigt, die Preisänderungsformeln oder deren Bestandteile nach billigem Ermessen anzupassen, soweit diese die Entwicklung der Kosten nicht mehr hinreichend abbilden können, die für die Preisbildung maßgeblich sind (wie z. B. die Kosten für die Beschaffung von Fernwärme und die Nutzung des Verteilnetzes). Die Stadtwerke Energie werden den Kunden nach Kenntnisnahme des Anpassungsgrundes spätestens mit der nächsten Rechnungsstellungüber die Anpassung informieren und die geänderten Preise gemäß § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV öffentlich bekannt geben.

Bei Änderungen oder Neueinführung von Nutzungs- bzw. Gestattungsentgelten, die die StadtwerkeEnergie für die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsflächen zur Errichtung und den Betrieb vonLeitungen und Anlagen zur Verteilung und Abgabe von Fernwärme im Gebiet der Stadt Jena an die Stadt Jena zu entrichten haben, und die zu einer Veränderung der für die Leistungserbringung maßgeblichen Kosten führen, sind die Stadtwerke Energie berechtigt, die Fernwärmepreise ab demZeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung oder Neueinführung - nicht jedoch rückwirkend - in Höhe der Änderung bzw. Neueinführung des Nutzungs- bzw. Gestattungsentgeltes anzupassen. Bei einer Senkung oder einem Wegfall der Nutzungs- bzw. Gestattungsentgelte sind die Stadtwerke Energie zu einer entsprechenden Anpassung verpflichtet. Für die Anpassung gilt vorstehender Absatz.

Der Versorger behält sich eine  Anpassung nach billigem Ermessen vor, ohne dass auch eine Verpflichtung hierzu vorgesehen ist.

Und die Marktverhältnisse?

Offline Stadt/Versorger

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Fernwärme- Preisänderungsklausel ab 01.07.11
« Antwort #1 am: 30. September 2011, 19:31:36 »
Bei 120 KW Anschlußleistung und 129003 KWh Verbrauch beträgt der Preis netto in Neubukow ab 1,11,2011 12842,18 E/a ; Jenaer Zahlen p. 1.7.2011 auf Neubukow übertragen 11640,47 E/a. Na , was wollt Ihr mehr ? Kein Grund zur Meckerei !;)

Spass beiseite !

Ich frage mich überhaupt,wie man in eine Preisänderungsklausel,die ja eigentlich nur eine
Formel ist,die Marktverhältnisse überhaupt \"einbauen\" kann?
Müsste nicht der Gesamtpreis ,der sich durch Anwendung einer Preisänderungsklausel ergibt, letztendlich immer in einem 2. Schritt die Bedingung erfüllen,nicht (viel) höher zu sein ,als andere (hauptsächliche ) Heizmedien,wie Öl,Gas ? Dies kann doch nur durch einen kommunalen Heizspiegel nachgewiesen werden. Der müssste die Grundlage für die Preisobergrenzen der Fernwärme sein.
Damit könnte man m.E. sogar einen A+B Zwang rechtfertigen.

Offline RR-E-ft

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Fernwärme- Preisänderungsklausel ab 01.07.11
« Antwort #2 am: 30. September 2011, 21:34:48 »
Möglicherweise haben die Stadtwerke Jena nicht zuletzt aufgrund eines kommunalen  Anschluss- und Benutzungszwangs im Satzungsgebiet, aber auch durch den Anschluss der Plattenbausiedlungen an die Fernwärme viel mehr Abnahmestellen und eine weit größere Wärmeabsatzmenge, so dass sich die entstehenden Kosten auf eine größere Abnehmerzahl und eine größere Absatzmenge verteilen, was sich preislich auswirken sollte.

Neben Gas, das ebenfalls überwiegend von den Stadtwerken bezogen wird, spielen weitere Wärmeträger (Strom/ Kohle/ Heizöl) eine eher vernachlässigbare Rolle.

Konsequent:

Stadtwerke koppeln Wärme- Arbeitspreis zu 90 Prozent  an ihren eigenen Gaspreis

Zitat
GasP = der von den Stadtwerken Energie Jena-Pößneck GmbH veröffentlichte Erdgaspreis (ohne Umsatzsteuer) für das Versorgungsgebiet Jena und einen Jahresverbrauch von 100.000 kWh; zur Preisanpassung zum 1. Januar eines Jahres wird der günstigste Erdgaspreis verwendet, zu dem am 1. Oktober des vorangegangenen Jahres eine Erdgaslieferung bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres vereinbart werden konnte.

Die Gaspreise werden in Jena von den Stadtwerken gemacht:

Gaspreiserhöhung zum 01.10.11 um 0,7 Ct/ kWh

Jene Kopplung führt wohl dazu, dass sich der Wärmepreis entsprechend erhöht, wenn die Stadtwerke über eine Gaspreiserhöhung  nur ihren Gewinnateil am eigenen Gaspreis erhöhen. So hatte es sich der Gesetzgeber bei § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV wohl nicht gedacht. Wer bis dahin noch annahm, die Fernwärmesparte der Stadtwerke könnte gegen deren Gassparte in einem harten Wettbewerb stehen, wird allein durch die Verwendung einer solchen Klausel eines Besseren belehrt. Jene Klausel mag zwar die realen Verhältnisse auf dem \"Wärmemarkt\" zutreffend widerspiegeln, lässt jedoch die FW- Kosten vollkommen unberücksichtigt.

Bei der Kontrolle einer Preisänderung, die auf einer Preisänderungsklausel beruht, geht es nicht um die Kontrolle des neuen Preises in Bezug worauf auch immer, sondern vielmehr allein um die Kontrolle der Preisänderung in Bezug auf irgend etwas.

Wer sagt eigentlich, dass es sich bei einer Preisänderungsklausel im Sinne von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV um eine mathematische Formel handeln soll/ muss?

Zitat
Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF müssen Preisanpassungsklauseln so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen.

Zitat
Vor diesem Hintergrund hat er sich für eine Kombination von Kosten- und Marktelement (Kosten der Erzeugung einerseits und Bereitstellung von Fernwärme und Marktverhältnisse andererseits) entschieden (Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, aaO; vom 6. Juli 2011 - VIII ZR 37/10, aaO).Diesen zwei Bemessungsfaktoren weist § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF an sich den gleichen Rang zu und lässt Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu (Senatsurteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, aaO Rn. 44 mwN).

Wenn die Fernwärme- Preisänderungsklausel sowohl die Kostenentwicklung als auch die Marktverhältnisse angemessen berücksichtigen muss, so kann es sein, dass bei einem  FW- Kostenanstieg eine FW- Preiserhöhung uangemessen ist, nämlich dann, wenn sich die übrigen Preise auf dem relevanten Markt gar nicht erhöht haben, sondern vielleicht sogar deutlich gesunken sind. Andererseits kann eine FW- Preiserhöhung dann unangemessen sein, wenn sich zwar die übrigen Preise auf dem relevanten Markt deutlich erhöht haben, jedoch die FW- Kosten gar nicht gestiegen, sondern vielleicht sogar deutlich gesunken sind.

In der neuen Jenaer Formel spielen Brennstoffkosten unmittelbar gar keine Rolle. Abgestellt wird allein auf Wärmebezugskosten, vielmehr auf den Wärmebezugsarbeitspreis, der am FW- Arbeitspreis einen Anteil von 67 Prozent haben soll.
20 Prozent am FW- Arbeitspreis sind nach der Preisänderungsformel unveränderlich, was auf den einkalkulierten Gewinnanteil schließen lassen könnte. 13 Prozent des FW- Arbeitspreises könnten/ sollen wohl auf die Leitungskosten entfallen.

Von dem Anteil des FW- Leistungspreises, der nicht auf eine Änderung des Bezugsleistungspreises entfällt, sind wohl 30 Prozent den Leitungskosten und 24 Prozent den Personalkosten zugeordnet, wohingegen 46 Prozent konstant bleiben, was ebenso auf den einkalkulierten Gewinnanteil hindeuten könnte.
23 Prozent für den Vorlieferanten und 23 Prozent für die Stadtwerke?  

Wobei vollkommen offen bleibt, wonach sich diese Wärmebezugskosen bzw. die Wärmebezugsarbeitspreise und die Bezugsleistungspreisänderungen überhaupt richten, im Zweifel wohl nach den Profitinteressen des Heizwerkbetreibers E.ON.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ertüchtigung bestehender Heizkraftwerke durch Wärmespeicher

Zitat
Dann ist es unter anderem möglich, die Stromerzeugung von der Wärmeerzeugung zu entkoppeln. Strom wird dann nur erzeugt, wenn er auch gebraucht wird. Weiter kann überschüssige Wärmeenergie in einem neuen Wärmespeicher aufgefangen und zu spätere Zeitpunkten verbraucht werden, wenn der Bedarf von Kunden da ist. Diese sogenannte Ertüchtigung des HKW Jena reduziert den Gasverbrauch und senkt spürbar den Ausstoß von Schadstoffen aus der Erdgasverbrennung.

Die Ertüchtigung bringt den Kraftwerksbetreibern dauerhaft Kostenvorteile durch die Ersparnis an Brennstoffkosten und CO2- Zertifikatekosten.

Deshalb hat ETE 12 Mio. Euro in eine solche Ertüchtigung investiert.

 

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