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Autor Thema: Wann beginnt Strafbarkeit?  (Gelesen 5181 mal)

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Offline Maharik

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« am: 29. Juli 2011, 11:37:33 »
Folgendes Szenario:

der Versorger hat \'heimlich\', d.h. ohne die Öffentlichkeit zu informieren, seine altes Vertragsmodell ((alle Kunden, die mehr als ...kWh abnehmen, sind Sonderkunden) abgeschafft.

Die Tarife der alten Vertrage tauchen in keinem Preisblatt mehr auf. Vom Stichtag an bietet er andere, günstigere Verträge/Tarife an, natürlich mit Verzicht auf Einrede nach § 315.

Dies geschah am 1. April 2008! Die Altkunden wurden in dem Glauben gelassen, die Verträge liefen weiter und es gäbe nur ein neues, zusätzliches Versorgungsangebot.

Die neuen Tarife waren im Mittel 0,7 Ct günstiger, als die Alttarife. Nun die Frage:

Der Versorger sagt er wahrscheinlich, er habe ein günstigeres Angebot gemacht, um die Kunden zum Wechsel zu bewegen. Die Preisdifferenz von 0,7 Ct ist - wenn man die Rohmarge rausnimmt - aber bezogen auf den Gewinn schon erheblich. Der Versorger ist doch aber eigentliche verpflichtet, allen Kunden billige Preise anzubieten. Jetzt könnte man sagen, für 9 Monate, also bis Ende 2008 ist die Preisdifferenz vertretbar, weil der Anbieter einerseits Kunden behalten und andererseit einen Anreiz schaffen kann.

Aber: der Anbieter hält die Differenz in 2009 aufrecht und gibt 2010 noch einmal ein neues Sonderabkommen heraus, immer mit der gleichen Differenz von einem Ct.

Nun ist es so, dass er über 33 Monate hinweg für die gleiche Lieferung überhöhte Preise nimmt. Ob er die realisiert oder nicht, ist erst einmal unerheblich, denn sie stehen ja auf den Rechnungen. Wenn man das mal in kWh umrechnet, kommt da leicht eine Differenz von 50.000,- Euro zusammen, die dadurch enstehen, dass den Altkunden nicht die günstigst möglichen Preise angeboten, bzw. an diese weiter gereicht werden.

Hier standen ja noch Verfahren aus. Hätte der Versorger gewonnen, hätte er das Geld kassiert. So stehen die Beträge zumindest in den Büchern.

Wenn der Versorger in 2008 weiß, dass diese alten Verträge nicht mehr weiter bedient werden sollen hätte er meiner Meinung nach zum 31.12.2009 spätestens kündigen müssen. Er hat aber mit dem überhöhten Preis für ein weiteres ganzes Jahr die Verträge laufen lassen, um sich entsprechenden Forderungen zu sichern. Seit dem 1.1.2008 wurden die Preise für die Sonderabkommen auch nicht mehr im Internet veröffentlich, d.h. man konnte sich gar keinen Überblick verschaffen, welcher Preis gerade galt.

Gibt\'s dazu schon gerichtliche Entscheidungen oder so?

Offline bolli

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #1 am: 29. Juli 2011, 14:37:39 »
Zitat
Original von Maharik
...der Versorger hat \'heimlich\', d.h. ohne die Öffentlichkeit zu informieren, seine altes Vertragsmodell ((alle Kunden, die mehr als ...kWh abnehmen, sind Sonderkunden) abgeschafft.

Die Tarife der alten Vertrage tauchen in keinem Preisblatt mehr auf. Vom Stichtag an bietet er andere, günstigere Verträge/Tarife an, natürlich mit Verzicht auf Einrede nach § 315.
Hm, etwas undurchsichtig. Sind seine Kunden nun ALLE in der Grundversorgung ? Wenn ja, KANN er den Verzicht auf § 315 nicht in seine Verträge aufnehmen, da sich die Bedingungen der Grundversorgung aus der GVV ergeben. Und da die Preise in der Grundversorgung nun mal einseitig festgesetzt werden, besteht  auch die gesetzliche Möglichkeit des Einwands gem. § 315 BGB.

Bietet er aber weiterhin Sonderverträge an (auch wenn er diese vielleicht nicht so nennt) so kann seine Preise selbst bestimmen. Niemand ist ja gezwungen, solche Verträge abzuschließen. Altverträge in einen neuen zu \"überführen\" ist aber nur mit Zustimmung der Kunden möglich. Liegt diese nicht vor, müsste der Versorger den alten Vertrag kündigen, was beim Sondervertrag möglich ist.
Im Sondervertrag kann man sich sowieso nur auf § 315 BGB berufen, wenn das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht (also einseitig die Preise festzusetzen) in dem Vertrag vereinbart wurde. Andernfalls kommt es auf die Wirksamkeit der Preisanpassungsklauseln an und das ist eine Frage der §§ 305 / 307 BGB.

Ob hier wegen der \"Gewinnmaximierung\" eine Strafbarkeit vorliegt, wage ich zu bezweifeln. Seine Vertragsmodelle kann er übrigens im Sondervertrag so oft ändern wie er will, er muss auch nicht alle SV-Kunden zu den gleichen Bedingungen beliefern.

Offline Maharik

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #2 am: 29. Juli 2011, 15:12:15 »
@bolli

Undurchsichtig ist erst einmal das richtige Wort.

Der Versorger sagt: ich will die Kunden nicht mehr in dem alten Tarif beliefern, bzw. diesen Tarif (Vertrag) nicht mehr anbieten. Mit 1.4.2008 stellt er das Angebot ein, beliefert aber die ‚Altkunden’ in dem Tarif weitere (steht ja auf den Rechnungen).

Das macht er 2 Jahre und 9 Monate lang so (ohne dass der Kunde diese ganzen Ranküne durchschaut). Nun gibt es in den zwei Jahren und 9 Monaten aber mehrere ‚Preisanpassungen’. Was ist für die ‚Altkunden’ der ‚billige Preis’, wenn der Versorger gleichzeitig in Tarifen gleicher Art, nur mit anderem Namen das Gas 12 – 15 % billiger anbietet? Wie kommt für die Altkunden ein ‚billiger Preis’ zustande?

Zitat
Hm, etwas undurchsichtig. Sind seine Kunden nun ALLE in der Grundversorgung ? Wenn ja, KANN er den Verzicht auf § 315 nicht in seine Verträge aufnehmen, da sich die Bedingungen der Grundversorgung aus der GVV ergeben. Und da die Preise in der Grundversorgung nun mal einseitig festgesetzt werden, besteht auch die gesetzliche Möglichkeit des Einwands gem. § 315 BGB.


Nein, die ‚Altkunden’ werden nach dem 1.4.2008 weiter als Sonderkunden beliefert. Die Kündigung kam erst zum 31.12.2010. Die SWST haben den Kunden mehr als 2 Jahre nicht gesagt, dass der Tarif – unabhängig von der Kündigung – schon beendet war. Dennoch haben sie einen Tarif, den sie nicht mehr fortführen, von sich aus (zunächst) nicht gekündigt, was zum 31.12. problemlos gegangen wäre. Für Leute, die z.B. unter Vorbehalt gezahlt haben heißt das, diese wurden das ganze Jahr 2010 über zu Preisen beliefert, die im Mittel 12 % über dem Preis des anderen Vertrages lagen. Die wussten aber im Gegensatz zu den Stadtwerken im Herbst 2009 gar nicht, dass der Tarif gar nicht mehr existiert und die SWST wohl nur abwarten wollten, ob die Gerichtsurteile nicht zu ihren Gunsten ausfallen. Dann wäre das Interesse, die Kunden möglichst lange in dem teureren Vertrag zu halten, aufgegangen.

Noch einmal anders gefragt: Wann endet ein Tarif? Nach meinem Verständnis, wenn er nicht weiter am Markt verfügbar ist und gehandelt wird.

Wann und wer muss einen Tarif, den der Anbieter zurücknimmt, kündigen? Ist der dann nicht automatisch zum Schluss der Laufzeit zu Ende? Also wenn er sich automatisch um ein Jahr verlängert nach der ersten Verlängerung? Ich finde das echt schwierig zu beurteilen.







(Kann sein, dass der Beitrag bei Gelsenwasser nochmal steht. Bin da durcheinander gekommen, sorry.)

Offline bolli

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #3 am: 01. August 2011, 09:58:00 »
Wichtig bei Sonderverträgen ist wohl nicht Tarifname. Vielmehr haben Sie mit Ihrem Versorger einen VERTRAG geschlossen, in dem Sie einen bestimmten PREIS vereinbart haben. Diesen schulden Sie bei ordnungsgemäßer Lieferung dem Versorger. Beinhaltet der Vertrag auch eine Preisanpassungsklausel, so stellt sich die Frage, ob sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und, wenn dieses der Fall ist, ob sie inhaltlich wirksam ist. Wenn beides der Fall ist, darf der Versorger im Rahmen dieser Klausel die Preise anpassen. Wenn er dabei den neuen Preisen neue (Tarif-)Namen gibt, so ist das seine Sache. Für Sie ist der PREIS wichtig.

Der Versorger darf mit neuen Kunden auch neue Verträge abschließen, die andere aktuelle Preise beinhalten, als Ihr Vertrag enthält. Denn an Ihren vertrag ist er gebundenn, solange dieser nicht durch eine der beiden Vertragsparteien ordnungsgemäß gekündigt wird. Und solange gelten die vereinbarten Preise. Was aktuell vereinbart ist ergibt sich aber nicht unbedingt aus der  Meinung (Verlautbarung) des Versorgers sondern aus der Beurteilung der Frage, ob nach dem Anfangspreis überhaupt eine Anpassung des Preises stattfinden durfte und wenn neien, ob dieser zwischendurch möglicherweise trotzdem mal (neu) vereinbart wurde. Nur dadurch, dass Sie etwaigen Preisanpassungen des Versorgers nicht widersprochen haben, gleichwohl die höheren Preise (vielleicht auch nur teilweise) gezahlt haben, begründet laut BGH-Urteil vom 14.07.2010 VIII ZR 246/08 in der Regel keine Preisneuvereinbaung.

Wenn KUNDEN mit den vereinbarten ALTpreisen nicht einverstanden sind, weil die Neukunden günstigere Angebote bekommen, so dürfen auch sie kündigen und ggf. einen neuen Vertrag zu besseren Konditionen, ggf. auch mit einem anderen Versorger, abschließen.

Also nochmals zusammengefasst: Interessant ist nicht der Tarifname sondern die vertraglichen Inhalte nebst dem vereinbarten Preis. Lässt der Vertrag Preisanpassungen zu, dürfen sie im vertraglichen Rahmen vorgenommen werden, wenn nicht, gilt wohl in den meisten Fällen der Vertragsanfangspreis. Beim LG Bonn wurde diesbezüglich im letzten Jahr ein Preis aus dem Jahr 1991 als maßgebend angesetzt (Urteil v. 3.11.2010 - 5 S 218/09). Das der Versorger diesen nicht von sich aus als gültig ansieht, darf in den meisten Fällen vorausgesetzt werden.  ;)

Offline Cremer

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #4 am: 01. August 2011, 19:29:54 »
@Maharik,

mit welchem Versorger hat man denn hier zu tun?
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #5 am: 01. August 2011, 23:47:08 »
Möglicherweise SW Steinfurt.

Offline Maharik

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #6 am: 02. August 2011, 09:46:03 »
So ist es.....


Ich versuche noch einmal, meinen Gedanken in Kurzform zu erläutern:

mein \'Ursprungsvertrag\' sagte, dass \"jeder, der seine Primärenergie mit Gas deckt und mehr als 10.000 kWh abnimmt\" zu einem Sondervertrag beliefert wird. Der \'Tarif\' und damit der Preis sind an den Tarif \'andere Tarife\' gebunden, der wiederum mit dem \'Haushaltstarif\' gekoppelt war. (Haushaltstarif damals 4,9 Pf, Anderer Tarif 4,2 Pf).

Es gab drei \'Sonderabkommen\' nämlich S I bis 30.000 kWh, S II bis 50.000 kWh und darüber Sonder Maxi.

Dies galt bis zum 1.4.2008. Bis dahin wurden die fünf Tarif (Kleinverbrauch, Haushalt = Anderer Bedarf, S I, S II und S Maxi) im Preisblatt veröffentlicht.
Im späteren Verlauf findet eine Umbennenung statt und alle fünf Tarife laufen unter Naturgas Optimo.

Am 1.4.2008 wird ein neues Preisblatt veröffentlicht. Darin stehen nur noch
noch drei Tarif: Kleinverbraucher ( bis 3000 kWh) und Vollversorgung (3000 bis 100000 kWh) und \'Leistungspreistarif\' über 100000 kWh.

Der Versorger hat die Versorgungsbedingugen geändert: Wer über 10.000 kWh abnimmt hat keinen Anspruch mehr auf einen \'Sondervertrag\', sondern ist in der Vollversorgung (Grundversorgung) oder muss einen anderen Vertrag (mit den neuen AGB) abschließen. Der Tarif \'Optimo\'  - den die Stadtwerke 27 Monate später offiziell \'auslaufen\' lassen, ist abgeschafft.

In den neuen \'Bedingungen zum Sonderabkommen\' steht, dass der Preis, der früher an den Tarif \'Optimo midi\' (3131 - 8780 kWh) gebunden war ist an den Tarif \'Vollversorgung\' (3000 - 100000 kWh) gebunden.

Die Stadtwerke behaupten Vollversorgung sei früher \'Opimo midi\' gewesen. Sie tauschen die Namen aus und behaupten, damit dennochdie Inhaltsgleichheit zu wahren.)

Unter der Hand läuft der Tarif Optimo midi weiter, obwohl es den offiziell nicht gibt. In den Rechnungen tauchen neue Tarifnummern auf (über Jahre wurde der Tarif als 2020 in den Preisblättern veröffentlicht und in den Rechnungen ausgewiesen, nun steht dort 20201).

Obwohl der Tarif nicht mehr existiert, werden munter neue \'Sonderabkommen\' sprich AGB über fast zwei Jahre gedruckt (für wen, da der Tarif ja nicht mehr angeboten wird?) und in die Schublade gelegt.

Die Altverträge laufen weiter weil der Versorger abwarten will, wie die Verfahren um die Preiserhöhungen ausgehen. Gleichzeitig sammelt er Forderungen, weil ja in den Rechnungen diese Preise weiter berechnet werden. Die Forderungen steigen also Jahr um Jahr, je länger der Versorger den schon beendeten Tarif nicht kündigt. Dies kann ggf. bitter sein für die, die nicht kürzen, sondern über Jahre unter vorbehalt gezahlt haben.

Parallel läuft das \'billigere\' Angebot mit den neuen Verträgen. Dass der Versorger für eine bestimmte Zeit diese Schiene fahren kann, ist schon klar. 2008 gab es in gewisser Weise von beiden Seiten ein gleiches Interesse: Die Gasrebellen wollten klären, ob die Preise \'billig\' waren und der Versorger wollte hier nichts ändern, solange er die Hoffnung hatte, sein Geld zu bekommen. Das war der Grund für beide, im Vertrag zu bleiben.

Aber: Sie SWST hatten einen Wissensvorsprung und die Frage stellt sich, warum sie dann 32 Monate lang die höheren Preise kassiert haben, obwohl sie in \'gleichen Verträgen\' (mit anderem Tarifnamen) billiger liefern konnten.

Genau das setzt die \'Schere\' ein: Wie lange darf ein Unternehmen seine unternehmerischen Interessen dazu nutzen, um eine Gruppe von Kunden von dem \'billigen\' oder möglichen Preis auszuschließen? Ein Jahr? Drei Jahre?

Diese Frage interessiert mich.....

Offline Cremer

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #7 am: 02. August 2011, 13:13:45 »
@Maharik,

ich würde zuminsdest mal ab dem 1.1.2009 (noch nicht verjährt) die günstigeren Preise in Ansatz bringen, d.h .eigene Jahresrechnung erstellen und diese mit den laufenden Abschlägen oder Jahresrechung verrechnen.

Sind denn die AGB\'s von 2008 und früher anders als die AGB\'s der neuen Tarife nach 2009 ?

Haben die SWST wirklich keine neuen Tarifangebote schriftlich den Kunden vorgelegt?

Es würde ja sonst nichts gegen die neuen Verträge sprechen?
MFG
Gerd Cremer
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Offline bolli

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #8 am: 02. August 2011, 14:58:22 »
Zitat
Original von Maharik
..mein \'Ursprungsvertrag\' sagte, dass \"jeder, der seine Primärenergie mit Gas deckt und mehr als 10.000 kWh abnimmt\" zu einem Sondervertrag beliefert wird. Der \'Tarif\' und damit der Preis sind an den Tarif \'andere Tarife\' gebunden, der wiederum mit dem \'Haushaltstarif\' gekoppelt war. (Haushaltstarif damals 4,9 Pf, Anderer Tarif 4,2 Pf).

Es gab drei \'Sonderabkommen\' nämlich S I bis 30.000 kWh, S II bis 50.000 kWh und darüber Sonder Maxi.
Damit hätten Sie ja schon mal Ihre vereinbarten Vertragsanfangspreise, je nach Verbrauchshöhe im jeweiligen Abrechnungsjahr !

Zitat
Original von Maharik
Dies galt bis zum 1.4.2008. Bis dahin wurden die fünf Tarif (Kleinverbrauch, Haushalt = Anderer Bedarf, S I, S II und S Maxi) im Preisblatt veröffentlicht.
Im späteren Verlauf findet eine Umbennenung statt und alle fünf Tarife laufen unter Naturgas Optimo.

Am 1.4.2008 wird ein neues Preisblatt veröffentlicht. Darin stehen nur noch
noch drei Tarif: Kleinverbraucher ( bis 3000 kWh) und Vollversorgung (3000 bis 100000 kWh) und \'Leistungspreistarif\' über 100000 kWh.

Der Versorger hat die Versorgungsbedingugen geändert: Wer über 10.000 kWh abnimmt hat keinen Anspruch mehr auf einen \'Sondervertrag\', sondern ist in der Vollversorgung (Grundversorgung) oder muss einen anderen Vertrag (mit den neuen AGB) abschließen. Der Tarif \'Optimo\'  - den die Stadtwerke 27 Monate später offiziell \'auslaufen\' lassen, ist abgeschafft.
Nochmal, was der Versorger schreibt, ist nicht unbedingt bedeutsam, wenn er nicht auch entsprechend handelt. Wenn er den alten Vertrag nicht explizit kündigt, dürfte es ohne Einwilligung des Kunden schwierig werden, diesen in einen neuen Vertrag mit geänderten Bedingungen zu  \"überführen\". Da muss man um die Meinung des Versorgers nicht unbedingt was geben.

Zitat
Original von Maharik
In den neuen \'Bedingungen zum Sonderabkommen\' steht, dass der Preis, der früher an den Tarif \'Optimo midi\' (3131 - 8780 kWh) gebunden war ist an den Tarif \'Vollversorgung\' (3000 - 100000 kWh) gebunden.
Maßgeblich sind di URSPRÜNGLICHEN Vertragsbedingungen, sofern kein wirksamer neuer Vertrag geschlossen wurde.

Zitat
Original von Maharik
Die Stadtwerke behaupten Vollversorgung sei früher \'Opimo midi\' gewesen. Sie tauschen die Namen aus und behaupten, damit dennochdie Inhaltsgleichheit zu wahren.)
Was sich nun Vollversorgung nennt und was irgendwie anders genannt wird, ist solange zweitrangig, wie Sie Ihren Ursprungsvertrag weiterhin haben und dieser nicht gekündigt ist. Grundversorgung lässt sich in der Regel daran erkennen, dass NUR die gesetzlichen Vorschriften gelten, insbesondere kein Kündigungsrecht vereinbart ist und keine Laufzeit. Gibt aber noch ein paar andere Punkte.

Zitat
Original von Maharik
Unter der Hand läuft der Tarif Optimo midi weiter, obwohl es den offiziell nicht gibt.
...
Obwohl der Tarif nicht mehr existiert, werden munter neue \'Sonderabkommen\' sprich AGB über fast zwei Jahre gedruckt (für wen, da der Tarif ja nicht mehr angeboten wird?) und in die Schublade gelegt.
Für Altverträge läuft dieser Vertrag mit diesem AGB weiter bis diese Verträge sämtlich gekündigt sind. Solange auch nur EIN Kunde solch einen Altvertrag hat, läuft auch dieser \"Tarif\" weiter, auch wenn er NEUKUNDEN nicht mehr angeboten wird. Das hat nichts mit \"unter Hand laufen\" zu tun.

Zitat
Original von Maharik
In den Rechnungen tauchen neue Tarifnummern auf (über Jahre wurde der Tarif als 2020 in den Preisblättern veröffentlicht und in den Rechnungen ausgewiesen, nun steht dort 20201).
Wichtig ist nicht der Tarifname sondern der angesetzte Preis. Entspricht dieser nicht dem vereinbarten, darf man halt nicht bezahlen wenn keine wirksame Preisanpassungsklausel vorliegt oder man meint, der Versorger hätte keinen Anspruch auf den höheren Preis. Und hat man dieses doch zu unrecht getan, kann man ggf. immer noch zurückfordern, was aber halt mehr Aufwand ist als einzubehalten. Dafür wird man nicht bei Einbehaltung vom Versorger beklagt. Alles geht nicht.


Zitat
Original von Maharik
Die Altverträge laufen weiter weil der Versorger abwarten will, wie die Verfahren um die Preiserhöhungen ausgehen. Gleichzeitig sammelt er Forderungen, weil ja in den Rechnungen diese Preise weiter berechnet werden. Die Forderungen steigen also Jahr um Jahr, je länger der Versorger den schon beendeten Tarif nicht kündigt. Dies kann ggf. bitter sein für die, die nicht kürzen, sondern über Jahre unter vorbehalt gezahlt haben.
Wie sich bei den unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen ja gezeigt hat, muss ein festhalten an den alten Verträgen nicht unbedingt von Vorteil für den Versorger sein. Informierte Kunden kürzen ihre Rechnungen und der Versorger muss erstmal sehen, wie er ans Geld kommt. Stellt ein Gericht Jahre später fest, dass die Zahlungsverweigerung zu Recht erfolgte, sieht der Versorger sein Geld nicht wieder. Und ist eine große Gruppe von Kunden betroffen und ER hat nicht rechtzeitig für neue, klarere und vor allem rechtskonforme Vertragsbedigungen gesorgt, indem er seine alten Verträge gekündigt hat, muss er sich dieses Nichtreagieren zurechnen lassen und kann diesbezüglich nicht auf \"Unzumutbarkeit\" plädieren.

Zitat
Original von Maharik
Parallel läuft das \'billigere\' Angebot mit den neuen Verträgen. Dass der Versorger für eine bestimmte Zeit diese Schiene fahren kann, ist schon klar. 2008 gab es in gewisser Weise von beiden Seiten ein gleiches Interesse: Die Gasrebellen wollten klären, ob die Preise \'billig\' waren und der Versorger wollte hier nichts ändern, solange er die Hoffnung hatte, sein Geld zu bekommen. Das war der Grund für beide, im Vertrag zu bleiben.
Zum einen hätten SIE ja durch ordentliche Kündigung in das vermeintlich günstigere Angebot wechseln können und zum anderen gilt: Maximalen Gewinn gibt es nur mit maximalem Risiko. Ersteres mit minimalem Risiko funktioniert nur sehr begrenzt.

Zitat
Original von Maharik
Aber: Sie SWST hatten einen Wissensvorsprung
Der Versorger hat keinen Wissensvorsprung. Er muss genauso auf die Gerichtsurteile warten wie wir Verbraucher auch. Erst danach wissen beide Seiten wo sie dran sind.

Zitat
Original von Maharik
und die Frage stellt sich, warum sie dann 32 Monate lang die höheren Preise kassiert haben,
Das haben sie nur dann gekonnt, wenn die Kunden nicht gekürzt haben. Zahlreiche Kunden bei den verschiedensten Versorgern haben dieses schon damals gemacht oder haben den Versorger gewechselt. (es gilt wieder max. Gewinn--> max. Risiko)

Zitat
Original von Maharik
obwohl sie in \'gleichen Verträgen\' (mit anderem Tarifnamen) billiger liefern konnten.
Auch wenn es schwerfällt: Wenn andere Tarife (Preise) und andere AGB verwendet werden, handelt es sich nicht um \"gleiche Verträge\".

Zitat
Original von Maharik
Genau das setzt die \'Schere\' ein: Wie lange darf ein Unternehmen seine unternehmerischen Interessen dazu nutzen, um eine Gruppe von Kunden von dem \'billigen\' oder möglichen Preis auszuschließen? Ein Jahr? Drei Jahre?
Solange, wie SIE bereit sind, dieses mitzumachen. Wenn Sie der Meinung sind, sie fahren mit einem anderen Tarif (und somit anderem Vertrag) besser, kündigen sie den alten fristgemäß und schließen einen neuen, vermeintlich besseren Vertrag ab, egal bei welchem Versorger.

Da können Sie dem Versorger nicht vorwerfen, dass er versucht, solange als möglich seine hohen (überhöhten?) Preise zu kassieren.
Nochmal: Im Sondervertrag gibt es (meistens) keine \"Billigkeit\" der Preise. Diese sind vereinbart und wenn sie was zu teures vereinbaren, ist dieses Ihr Problem. Das ist wie beim Einkauf im Supermarkt. Auch zu teuer gekauft ist gekauft.
Kann man nur beim nächsten Mal besser machen, indem man sicher besser über die günstigsten Preise informiert.

Offline Lothar Gutsche

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Wann beginnt Strafbarkeit?
« Antwort #9 am: 13. August 2011, 17:32:56 »
Die Eingangsfrage von Maharik lautete:

Zitat
Nun ist es so, dass er über 33 Monate hinweg für die gleiche Lieferung überhöhte Preise nimmt. Ob er die realisiert oder nicht, ist erst einmal unerheblich, denn sie stehen ja auf den Rechnungen. Wenn man das mal in kWh umrechnet, kommt da leicht eine Differenz von 50.000,- Euro zusammen, die dadurch enstehen, dass den Altkunden nicht die günstigst möglichen Preise angeboten, bzw. an diese weiter gereicht werden.

Hier standen ja noch Verfahren aus. Hätte der Versorger gewonnen, hätte er das Geld kassiert. So stehen die Beträge zumindest in den Büchern.

Wenn der Versorger in 2008 weiß, dass diese alten Verträge nicht mehr weiter bedient werden sollen hätte er meiner Meinung nach zum 31.12.2009 spätestens kündigen müssen. Er hat aber mit dem überhöhten Preis für ein weiteres ganzes Jahr die Verträge laufen lassen, um sich entsprechenden Forderungen zu sichern. Seit dem 1.1.2008 wurden die Preise für die Sonderabkommen auch nicht mehr im Internet veröffentlich, d.h. man konnte sich gar keinen Überblick verschaffen, welcher Preis gerade galt.

Gibt\'s dazu schon gerichtliche Entscheidungen oder so?
Im Falle von Energieversorgern ist mir keine Entscheidung bekannt, ich bin aber auch kein Jurist. Mein Versuch, gegen den Vorstand und Aufsichtsrat der Stadtwerke Würzburg zumindest eine Anklage wegen Betrugs zu erreichen, endete nach Einstellungen der Staatsanwaltschaft Würzburg und der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg mit einem erfolglosen Klageerzwingungsverfahren am OLG Bamberg. Die Referenzentscheidung, auf die ich mich bezogen hatte, war das BGH-Urteil vom 9.6.2009 unter Aktenzeichen 5 StR 394/08 und betraf im Fall der Berliner Straßenreinigung die Abrechnung überhöhter Straßenreinigungsentgelte. Das Leitsatz-Urteil des BGH findet sich z. B. unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=48425&pos=1&anz=3, die zugehörige Pressemitteilung des BGH unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=48335&linked=pm&Blank=1. Hier im Energienetzforum wurde das Urteil auch ausführlich diskutiert, siehe im Thread „Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?“ unter http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=15224.

In Ihrem Szenario ist zunächst zu prüfen, ob die zur Abrechnung gestellten Energiepreise tatsächlich und nachweisbar überhöht waren, z. B. um die 0,7 Cent/kWh Differenz zwischen Alt- und Neuverträgen, von denen Sie schreiben. Dabei spielt die Vergleichbarkeit der Altverträge und Neuverträge eine Rolle, z. B. bzgl. Kündigungsfrist, Vertragslaufzeit, Mindestabnahmemenge und Zahlungsbedingungen. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob den Verantwortlichen Ihres Energieversorgers die Preisüberhöhung bewusst war und ob sie trotzdem die überhöhten Preise zur Abrechnung stellten und damit vorsätzlich handelten. Erst wenn die Überhöhung der Preise und der Vorsatz belegt werden können, dürfte eine Strafbarkeit wegen Betrugs vorliegen. Wenn der Schaden sogar mindestens die 50.000 Euro beträgt, die Sie in Ihrem Beitrag erwähnen, dann wäre es nach den Maßstäben des BGH-Urteils 1 StR 274/03 vom 7.10.2003 sogar Betrug in einem besonders schweren Fall im Sinne von § 263 Absatz 2 Nr. 2 StGB.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

 

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