Original von Komfortkunde
Seit Jahren gehöre ich zu den Gasprotestlern, habe immer per Einschreiben mit dem Musterbrief widersprochen, meine eigene Rechnung gestellt und nur den Betrag und den Abschlag meiner Rechnung gezahlt.
das ist schon mal gut!
Original von Komfortkunde
Nun ist wieder die Jahresabrechnung gekommen, und der Ton der Gasag wird schärfer: sie drohen mit dem gerichtlichen Verfahren.
Ich bin Komfort-Kunde und habe das Netz und die Seite der Verbraucherzentrale durchforstet. Überall lese ich, daß der Widerspruch nur für die Sondervertragskunden gilt, aber nicht mehr für die Tarifkunden, da sich bei denen die Berechtigung zur Preiserhöhung aus dem Gesetz ergibt.
Ganz so einfach ist es nicht. Es gibt auch weiterhin einen Protest in der Grundversorgung, jedoch gelten da eben etwas andere Bedingungen als im Sondervertrag. Es hat sich gezeigt, dass bei der überwiegenden Zahl der Sonderverträge keine Preisanpassungsklausel wirksam vereinbart wurde oder diese wegen Verstoß gegen § 307 BGB unwirksam ist. Daher ist hier der Protest in den meisten Fällen nicht so problematisch und die Erfolgsaussichten sind relativ hoch. Und entgegen des ursprünglichen Protestes, der ja nur auf ein Einfrieren der Preise auf einem Stand von 2004 und jünger ausgerichtet war, haben Gerichte Sondervertragskunden sogar mehrfach bestätigt, dass sogar nur ihre ursprünglich vereinbarten Preise zu Vertragsbeginn gelten, auch wenn dieses möglicherweise schon im alten Jahrtausend war. Allerdings kann man ja meist wegen der Verjährung nur 3 Jahre rückwirkend diese \"günstigen Preise\" ansetzen.
In der Grundversorgung/Tarifvertrag ist das anders. Da gibt es zunächst mal das einseitige Leistungsbestimmungsrecht gem. § 5 GasGVV, dass dem Versorger das Recht gibt, seine Preise selbst (einseitig) festzusetzen. Diese müssen aber den Grundsätzen des EnWG, hier vor allem § 1 Abs. 1 EnWG entsprechen, das heisst, eben auch preisgünstig sein. Der Kunde auf der anderen Seite hat bei einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht seinerseits die Möglichkeit, gem. § 315 BGB die Billigkeit (Angemessenheit) dieser Festsetzung anzuzweifeln, so dass der Versorger diese nachweisen muss. In diesem ganzen Procedere hat insbesondere der VIII. Senat des BGH jedoch durch seine bisherige Rechtsprechung schon einige Pflöcke eingerammt, die dem ganzen eine gewisse Einschränkung auferlegen. Zum einen hat er bereits 2007 das sogenannte Sockelpreisprinzip entwickelt, was bedeutet, dass der Anfangspreis eines Grundversorgungs-Vertragsverhältnisses immer als vereinbart gilt und somit nicht mehr mit dem Unbilligkeitseinwand angegriffen werden kann, selbst wenn sich durch welche Umstände auch immer, später herausstellen sollte, dass dieser Preis an und für sich unbillig gewesen wäre. Vereinbart ist vereinbart, so der VIII. BGH-Senat.
Des weiteren ist es in der Grundversorgung, im Gegensatz zum Sondervertrag, notwendig JEDER einzelnen Preiserhöhung zu widersprechen. Tut man dieses nicht, gilt dieses quasi als Anerkenntnis des neuen Preises. Und als letztes bezieht sich (wegen des vereinbarten Anfangspreises) ein Widerspruch gem. § 315 BGB immer nur auf die einzelne Preiserhöhung. Nur diese wird in einem Verfahren auf ihre Billigkeit hin überprüft.
Die Kontrolle, ob die Preiserhöhungen der Billigkeit entsprachen, ist naturgemäß etwas schwerer, als die reine Diskussion, ob eine Vertragsklasuel wirksam ist oder nicht. Es müssen Bilanzen geprüft und sonstige Zahlenwerke verglichen werden. da ist einige Erfahrung auf diesem Gebiet notwendig. Aber unmöglich ist es nicht. Meist werden dazu im Prozess auch Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Da diese relativ teuer sind, haben viele Verbraucher, vor allem, wenn Sie keine Rechtsschutzversichrung haben oder der Prozesskostenfond des BdEV nicht eintritt, gewisse Vorbehalte, diesen Weg zu gehen, da im Fall des Obsiegens des Versorgers ja der Verbraucher als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens und somit auch des Gutachtens zu tragen hätte.
Daher konzentrieren sich viele mehr auf die Sonderverträge, zumal dieses wohl auch die Vertragsform ist, die insgesamt am häufigsten vorkommt. Aber auch in der Grundversorgung kann und soll man ruhig weiter protestieren.
Das die Versorger immer mal wieder drohen, ist verständlich, wollen sie doch die Kunden dazu bringen, ihnen das möglicherweise einbehaltene Geld doch noch zu bezahlen. Ohne ads Aufbauen eines gewissen Schreckgespenstes geht das aber bei den Protestlern in keinem Fall. Daher drohen viele Versorger ihren Kunden Mahnverfahren und anschließende Klagen an, ohne das diese hinterher auch tatsächlich erhoben werden. In der Mehrzahl wird sich genau ausgesucht, wo man klagt und wo nicht. Man versucht möglichst negative Urteile zu vermeiden. Aber selbst dann gelingt dieses nicht immer. ich würde an Ihrer Stelle erstmal weiterhin regelmäßig widersprechen und würde auch nichts zurückzahlen. Wenn denn ein Mahnbescheid kommt, würde ich auch dem noch widersprechen und dann mal abwarten, was der Versorger macht. Auch der Versorger läuft ja in die Verjährung und dürfte, wenn er sich seiner Sache sicher gewesen wäre, seine Rückforderungen schon lange gerichtlich geltend gemacht haben. Das er darauf bisher verzichtet hat, ist zwar keine Garantie aber sicher auch kein schlechtes Zeichen.
@Phoenics
Inwiefern der GASAG-Kommfort ein Tarif-(Grundversorgungs-) oder ein Sondervertrag ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Der BGH hat im Urteil vom 15.07.2009 VIII ZR 225/07 unter Rd.-Nr. 17 ff dazu was gesagt. Insbesondere bei Bestpreisabrechnungen kann es durchaus sein, dass es sich entgegen der Annahme des Versorgers um Sonderverträge handelt. Es sind die individuellen Vereinbarungen zu begutachten und auszulegen, wovon aus Sicht des Kunden auszugehen ist.
Grundsätzlich ist das Vorliegen von Ergänzenden Bedingungen zur GasGVV wohl nicht schädlich für eine Grundversorgung. Solche Bedigungen hat fast jeder Grundversorger, weil in ihnen einige Rahmenbedigungen, insbesondere Preise für Rücklastschriften oder sonstige Gebühren enthalten sind. Ob die derzeitigen Ergänzenden Bedingungen zur GasGVV der GASAG diesem Anspruch gerecht werden oder ob sie schon Bedinungen definieren, die von der GasGVV abweichen, vermag ich nicht zu beurteilen. Das müssen die RAe oder Verbraucherzentralen machen. Den aktuellen Stand in Berlin kenne ich nicht, aber wenn ich von ihnen bzw.
Komfortkunde höre, dass die VBZ nur im Sondervertrag einen Protest empfiehlt und nicht dabei sagt, dass der Komfort-Kunde möglicherweise ebenfalls Sondervertragskunde ist, so scheint diese Frage zumindest nicht eindeutig bzw. leicht zu beantworten zu sein.