Energiepreis-Protest > energiehoch3

Verbraucherschützer: Anbieter missachten gesetzliche Vorgaben

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DieAdmin:

--- Zitat ---Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
23.11.2011
Oberlandesgericht Hamm kippt vage Strom- und Gaspreis-Klauseln: Preiserhöhungsankündigung per E-Mail unwirksam

Vertragsklauseln von Energieversorgern, die nicht einmal die vom Bundesgerichtshof festgelegten Mindestanforderungen an die ohnehin vagen Preisanpassungsregeln der Strom- und Gas-Grundversorgungsverordnung (Strom- bzw. Gas-GVV) erfüllen, sind unwirksam: Strom- und Gaspreiserhöhungen, die den Kunden nur per \"individueller Bekanntgabe\" angekündigt werden, genügen damit nicht den gesetzlichen Vorgaben. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm auf Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Energiehoch3 GmbH (AZ: I-19 U 51/11) sowie die Gelsenwasser AG (AZ: I-19 U 122/11) jetzt entschieden. Die Richter ließen keine Revision zu; damit sind die Entscheidungen vom 22.11.2011 praktisch rechtskräftig. Ein Richterspruch mit Folgen: Alle Energieunternehmen, die im Internet Strom- und Gaslieferverträge feilbieten und darin von der Grundversorgungsverordnung abweichen, müssen sich – sofern sie nicht ebenfalls eine Abmahnung riskieren wollen – nun von ihren unzulässigen Preisänderungsklauseln verabschieden. Außerdem können sich Energiehoch3- und Gelsenwasser-Kunden sowie Kunden anderer Versorger zumindest im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm, die Widerspruch gegen Jahresrechnungen eingelegt haben, auf die Urteile berufen und Geld aus Preiserhöhungen zurückverlangen.

In mehreren Urteilen (von Juli 2009 und Juli 2010) hatte der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass Energieversorger gegenüber ihren Strom- und Gassonderkunden Preise erhöhen dürfen, sofern sie die Preisanpassungsregelungen der Strom- bzw. Gas-Grundversorgungsverordnung unverändert in die Sonderverträge übernehmen. Bei Stichproben des Kleingedruckten ausgewählter Versorger hatte die Verbraucherzentrale NRW entdeckt, dass einige darin nicht einmal diese Mindestvoraussetzungen erfüllten, sondern sogar die ohnehin nichts sagenden und völlig vagen Mindestregelungen der Verordnung noch übertrumpften: Da wurden \"Änderungen der Preise … erst nach individueller Bekanntgabe wirksam\", obwohl eine öffentliche Bekanntgabe mit sechswöchiger Ankündigungsfrist vorgesehen ist. Oder es wurde die Information über Preisänderungen nur per E-Mail als ausreichend erachtet, gleichwohl die GVV eine briefliche Information vorschreibt.

Auf Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Energiehoch3 GmbH hatte das Landgericht Dortmund in seinem Urteil vom 14. Januar 2011 (AZ: 25 O 247/11) eine an die GVV (Paragraph 5 Absatz 2) angelehnte Preisänderungsklausel in den Strom- und Gaslieferungsverträgen des Versorgers als unwirksam angesehen. Die Argumentation des Anbieters, dass er seine Kunden lediglich per E-Mail über Preisänderungen informieren müsse, weil dies der gesetzlich vorgeschriebenen brieflichen Information gleich stehe, kassierten die Richter ein. Weil Kunden eine E-Mail leichter als einen Brief übersehen könnten, sei die elektronische Nachricht über die Preiserhöhung nicht als gleichwertig anzusehen.
Weil die Klausel zudem auf die öffentliche Bekanntgabe sowie auf die sechswöchige Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichte, weiche sie von der gesetzlichen Regelung ab. Darin sah das Gericht eine unangemessene Benachteiligung der Kunden und erklärte die Geschäftsbedingung für unwirksam.
Auch in einem parallelen Verfahren gegen die Gelsenwasser AG war die Verbraucherzentrale NRW erfolgreich: Eine dem Kleingedruckten von Energiehoch3 teils gleich lautende Preisänderungsklausel hatte das Landgericht Dortmund (Urteil vom 27.04.2011, Az.: 8 O 473/10) ebenfalls für unwirksam erklärt. Auch darin war keine Verpflichtung zur brieflichen und öffentlichen Bekanntgabe vorgesehen und dort wurde ebenso auf die sechswöchige Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichtet.

In der Berufungsverhandlung bestätigte das Oberlandesgericht Hamm nun die Entscheidungen der Vorinstanz: Die Richter erklärten, dass eine \"individuelle Bekanntgabe\" der Preisänderung zu unbestimmt sei, da offen bliebe, ob die Mitteilung per Brief, per E-Mail oder gar per Telefonanruf erfolgen solle. Wie das Unternehmen eine solche, unwirksame Klausel handhabe, sei für deren Beurteilung nicht relevant. In der mündlichen Verhandlung deuteten die Richter jedoch an, dass ihrer Ansicht nach eine briefliche Mitteilung an den Kunden erforderlich sei.

Unter http://www.vz-nrw.de/musterbrief-gas gibt es bei der Verbraucherzentrale NRW Musterbriefe für den Widerspruch gegen unwirksame Preiserhöhungen.
 
--- Ende Zitat ---

http://www.vz-nrw.de/UNIQ132212295928189/link958431A.html

DieAdmin:
Der Vollständigkeit halber: Die beiden Berufungsurteile

Urteil OLG Hamm v. 22.11.11 - Az: I-19 U 122/11 (Gelsenwasser)
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/site/site__2964/

Urteil OLG Hamm v. 22.11.11 - Az: I-19 U 51/11 (energiehoch3)
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/site/site__2965/

bolli:

--- Zitat von: Evitel2004 am 15. Juli 2011, 18:38:07 ---Es war leider nicht zu entnehmen, wie hoch tatsächlich evtl der Anteil des Übersehens der Mails ist (Spamordner, Verlust) bzw sein darf, damit das die Toleranz hat (gibts sowas?) damit das als gleichwertige Zustellungsmöglichkeit akzeptiert wird.

--- Ende Zitat ---
Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass eine ZUVERLÄSSIGE Zustellung von "Massenmails" heutzutage kaum sinnvoll möglich ist, da es zahlreiche Spamerkennungssysteme gibt, die alleine aufgrund einer gewissen Häufigkeit einer gleichen Mail diese (im günstigsten Fall) als Spam einordnen, oft genug aber auch direkt löschen. Da dieses Ganze aber auch sehr abhängig vom Email-Provider ist, diese ihre Strategien aber diesbzüglich nicht offenlegen (damit sich die Spammer nicht drauf einstellen können), ist das ganze ein Learning by doing, was sich aufgrund geänderter Stragie jeden Tag ändern kann. Da saubere Quoten über die Zustellung raus zu bekommen, dürfte an Kaffeesatzleserei grenzen. Da sind die Vorkommnisse bei der Post/privatem Briefzustelldienst, die zu einer Nichtzustellung eines Papierbriefes führen können, deutlich leichter zu überprüfen.

Ich persönlich halte eine ZUVERLÄSSIGE Email-Zustellung per "normaler" email für so unsicher, dass ich eine Erfüllung einer gesetzlichen Forderung für diesen Bereich nicht akzeptieren kann (außer der Absender ist, im Gegensatz zu der "normalen Briefpost" im Zweifelsfall für den Nachweis des Zugangs IM EINZELFALL verantwortlich (und zwar nicht per Herleitung, dass hundert andere die Mail erhalten haben, ich sie also auch bekommen haben MUSS).

DieAdmin:
Die Schlichtungsstelle hat eine Kündigung (durch Kunden) via Email im dem vorliegenden Fall für wirksam erklärt:

http://www.schlichtungsstelle-energie.de/fileadmin/images_webseite/pdf/23.03.2012_Empfehlung_zur_Wirksamkeit_einer_Kuendigung_per_E-Mail.pdf

Ich zitiere:

--- Zitat ---...
Nach hiesiger Ansicht ist die E-Mail-Kündigung zum 31. Januar 2012 wirksam. Dies ergibt
sich aus § 127 Abs. 2 BGB. Die Schriftform war rechtsgeschäftlich durch die AGB der Beschwerdegegnerin
vereinbart. Danach genügt die telekommunikative Übermittlung; eine eigenhändige
Unterschrift ist hierbei nicht erforderlich; aus der vorliegenden E-Mail ergibt sich
unzweideutig, von wem die Erklärung abgegeben wurde; sie enthält die notwendigen Angaben,
um dem Versorger die eindeutige Zuordnung des Kunden zu ermöglichen; deren Text
kann beim Empfänger dauerhaft bewahrt werden - oder auch vom Empfänger ein Ausdruck
davon angefertigt werden - (vgl. insgesamt Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl.
§ 127 Rdnr. 2).
....
Etwas anderes ergibt sich
auch nicht daraus, dass in den AGB der Beschwerdeführerin an anderer Stelle (etwa Nr. 1.4.
„Der Vertrag kommt durch die Vertragsbestätigungs-E-Mail des Lieferanten in Textform -)
der Begriff „Textform“ - und nicht „Schriftform“ - verwendet wird.
...

--- Ende Zitat ---

In dem Fall betriffts einen Versorger der sich die Möglichkeit mit der elektronischen Post zu verschicken, selbst in die AGB reinschreibt.

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