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Autor Thema: OLG Oldenburg, Urt. v. 22.06.11 Az. 5 U 103/11 (Rückforderung eines Landwirts gegen EWE)  (Gelesen 3993 mal)

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Offline RR-E-ft

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OLG Oldenburg, Urt. v. 22.06.11 Az. 5 U 103/11 (Rückforderung EWE)

Das Urteil betrifft Rückforderungsansprüche eines Landwirts (gewerblichen Kunden) infolge der von der EWE seit 01.04.07 verwendeten unwirksamen Preisänderungsklausel.


Ein Landwirt, der den Preisänderungen der EWE seit 01.04.2007 nicht widersprochen und alle Rechnungen immer vorbehaltlos voll bezahlt hatte, hatte nach Vertragsbeendigung unter Berufung auf das Urteil des BGH vom 14.07.10 VIII ZR 246/08 zur Unwirksamkeit der Preisänderungslauseln erfolgreich auf Rückzahlung geklagt.  

Die EWE erringt gegenüber der Entscheidung des Erstgerichts einen Teilerfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Anmerkung:


Der Kläger hatte die von der Beklagten vorgetragenen Umstände, die nach Auffassung des Ausnahmegerichts eine die ergänzende Vertragsauslegung rechtfertigende  unzumutbare Härte für EWE begründen konnten, nicht bestritten, ebenso wie die Billigkeit der vorgenommenen einseitigen Preisneufestsetzungen.

Soweit das Ausnahmegericht ausführt, Ergebnis einer solchen ergänzenden Vertragsauslegung könne nur die Vereinbarung eines einseitigen Preisanpassungsrechts des Versorgers sein, das der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegt, ist dem nicht zu folgen.
Dem steht die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH entgegen (vgl. Urt. v. 28.10.09 VIII ZR 320/07 Rn. 46).

Schließlich gibt es gar kein Preisänderungsrecht ohne Preisanpassungspflicht des Versorgers (vgl. BGH KZR 2/07 Rn. 26, BGH VIII ZR 56/08 Rn. 29, VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Offen bliebe dabei jedenfalls, zu welchen Zeitpunkten, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfange der Versorger jeweils zur Preisanpassung berechtigt oder aber verpflichtet wäre.

Schließlich wird in der Rechtsprechung des BGH zutreffend ausgeführt, dass der weite Speilraum der Billigkeit selbst  nicht den Anforderungen genügen kann, die nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an eine Preisänderungsklausel hinsichtlich Bestimmtheit und Konkretisierung zu stellen sind (BGH KZR 10/03 unter II.6, III ZR 247/06 Rn. 10, BGH XI ZR 55/08 Rn. 38, XI ZR 78/08 Rn. 38].

Offline tangocharly

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Ob das \"Ausnahmegericht\" (§ 72 a GVG ?) Recht behält, mit der Konformität des weiten Spielraums der Billigkeit, wird sich in ein paar Jahren nach den Vorlagen an den EuGH noch zeigen (müssen).

Bis dahin werden wohl noch viele Billigkeitsentscheidungen ergehen, die allen billig und gerecht Denkenden zur Freude gereichen.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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