Energiepreis-Protest > enercity AG
Enercity verlangt wegen Urteil v. 19.8.2010 AZ 13 U 82/07 Geld zurück
kalle200001:
Hallo,
ich habe seit Jahren mit den Musterbriefen gegen den Gaspreis protestiert und 30% des Preises zurückbehalten.
Nun habe ich ein Schreiben von enercity enthalten, in dem sie innerhalb von 4 Wochen die von mir zurückbehaltene Summe verlangen. Sie berufen sich auf das Oberlandesgericht Celle 19.8.2010 AZ 13 U 82/07.
\"Das Revisionsverfahren wurde jetzt vor dem Bundesgerichtshof wegen Rücknahme der gegen uns gerichteten Klage beendet. Wir halten daher an der Angemessenheit unserer Gaspreiserhöhungen in den Jahren 2004 bis 2006 fest. Den genauen Sachstand des Gerichtsverfahrens - bis zur Klagerücknahme - können Sie der beigefügten Anlage entnehmen\".
Der Wortlaut der beigefügten Anlage folgt unten. Ich habe schon gegoogelt, um die Richtigkeit des Wortlautes zu überprüfen, konnte aber nichts finden....
\"Zusammenfassung des genauen Sachstands des Gerichtsverfahrens zur Angemessenheit unserer Gaspreise bis zur Klagerücknahme:
Nach den zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes ist bereits 2007 festgestellt worden, dass allein Preiserhöhungen, denen rechtzeitig widersprochen worden ist, einer Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegen, nicht aber der ursprünglich vereinbarte Ausgangspreis und in der Vergangenheit unwidersprochen gebliebene Preiserhöhungen.
Nachdem das Landgericht Hannover unsere Gaspreise in dem Zeitraum 2004 bis 2006 zunächst rechtsfehlerhaft für insgesamt um 30% überhöht angesehen hat, korrigierte das Oberlandesgericht Celle diese Entscheidung mit seinem Urteil vom 19.08.2010, Ahz 13 U 82/07 (Kart) und bestätigte damit zum einen unsere Bezugskostensteigerungen in diesem Zeitraum und zum anderen weitestgehend auch unsere darauf gestützten Gaspreiserhöhungen.
Wegen der verbliebenen Kürzungen hatten wir Revision bei dem Bundesgerichtshof eingereicht und diese begründet. Im Anschluss haben die ursprünglichen Kläger ihre Klage zurückgenommen, so dass damit das gesamte Verfahren als nicht gerichtsanhängig zu betrachten und insgesamt beendet ist.
Wir dürfen zur Entwicklung unserer Gaspreise ergänzen, dass wir diese im Jahre 2007 zweimal gesenkt haben und die Rechtsprechung unseres Erachtens zwischenzeitlich davon ausgeht, dass § 315 BGB spätestens ab dem Jahre 2008 keine Anwendung mehr findet, da ab diesem Zeitpunkt Wettbewerb auch auf dem Gasmarkt besteht und es seitdem jedermann möglich ist, jederzeit den Gasanbieter zu wechseln.\"
Wenn ich nicht innerhalb von 4 Wochen die zurückbehaltene Summe zahle, drohen sie mir mit gerichtlichen Schritten.
Ist es wahr, daß die Kläger die Klage zurückgezogen haben? Heißt dies nun, daß der Kampf um die Preiserhöhungen verloren ist und wir zahlen müssen?
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von kalle200001
Ist es wahr, daß die Kläger die Klage zurückgezogen haben? Heißt dies nun, daß der Kampf um die Preiserhöhungen verloren ist und wir zahlen müssen?
--- Ende Zitat ---
Die Klage wurde tatsächlich zurückgenommen.
Die Klagerücknahme soll auf rein wirtschaftlichen Erägungen basiert haben.
Sie war nicht etwa Folge eines Hinweisbeschlusses des BGH.
Entschieden ist, dass dem Versorger gegenüber grundversorgten Tarifkunden gesetzlich ein Preisänderungsrecht zusteht, welches immer mit entsprechenden Verpflichtungen einhergeht (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18, VIII ZR 273/09 Rn. 36, 52), einseitige Preisänderungen, denen widersprochen wurde, der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen.
Eine einzelne Preisänderung aufgrund eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts iSv. § 315 Abs. 1 BGB, der widersprochen wurde, unterliegt der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB ohne dass es dafür auf eine Monopolstellung oder marktbeherrschende Stellung des Versorgers ankommt (BGH VIII ZR 36/06).
Entschieden wurde ferner, dass für die die Beurteilung der Billigkeit jedenfalls die Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktorten des konkreten Preissockels berücksichtigt werden muss (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39).
Es dürfen zudem keine beliebigen Kostenerhöhungen weitergewälzt werden (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).
Urt. OLG Celle vom 19.08.10
Ferner ist klar, dass auch Zahlungsansprüche der Versorger regelmäßigen Verjährung unterliegen, die drei Jahre beträgt und mit Ablauf des 31.12. des Jahres beginnt, in welchem der Zahlungsanspruch fällig war.
Der Kampf um etwaige Nachforderungen des Versorgers beginnt erst mit der gerichtlichen Geltendmachung im konkreten Fall.
Wie er ausgeht, entscheidet sich jeweils aus dem Zusammenspiel von Angriff und Verteidigung im konkreten Prozessrechtsverhältnis.
Bis zu einem rechtskräftigen Urteil im konkreten Fall über konkret eingeklagte Beträge für konkrete Abrechnungszeiträume ist gar nichts entschieden.
yves71:
Ich habe die gleiche Historie wie die meisten hier, widerspreche seit 2005 per Musterschreiben und erstelle jedes Jahr meine \"Gegenabrechnung\", habe ebenfalls im Juni das Schreiben mit Hinweis auf das OLG Celle bekommen und heute nunmehr einen MAHNBESCHEID des Amtsgerichts Uelzen im Briefkasten gehabt.
Die Zermürbungstaktik von enercity scheint also zumindest so viel Erfolg gehabt zu haben, dass man nun \"freies Schussfeld\" auf die verbliebenen renitenten Zahlungsverweigerer zu haben glaubt.
Ich habe das Urteil des OLG Celle (ist über das Az zu ergoogeln) übrigens quer gelesen und bin darüber gestolpert, dass das OLG zumindest die Erhöhung aus dem Winter 2006 für unbillig erklärt hat. In dem Schreiben von enercity wird daraus \"Das OLG hat unsere Preisgestaltung im Großen und Ganzen bestätigt\"...
kalle200001:
Oh - dann bin ich mal gespannt, was uns in den nächsten Tagen erwartet!
Christian Guhl:
--- Zitat ---Original von yves71
Ich habe das Urteil des OLG Celle (ist über das Az zu ergoogeln) übrigens quer gelesen und bin darüber gestolpert, dass das OLG zumindest die Erhöhung aus dem Winter 2006 für unbillig erklärt hat.
--- Ende Zitat ---
Hat der BGH nicht einmal gesagt, dass bei einer unbilligen Erhöhung alle folgenden ebenfalls unbillig sind ?
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