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Autor Thema: Widerspruch Strompreise - Kündigung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit  (Gelesen 18129 mal)

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Offline Gasbläser

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Hallo liebe Experten,

heute (22.08.2012) erhalte ich folgendes Schreiben der Süwag. Ich lege seit 2008 Widerspruch gegen einseitige Preiserhöhungen ein und zahle verminderte Abschläge.

Ich bitte mir Rat zu geben, ob die angekündigten Maßnahmen (u.a. Kündigung) hinsichtlich Rechtmäßigkeit und der gesetzten Fristen durchsetzbar sind. Vielen Dank für Unterstützung!

Frankfurt, 20. August 2012

Widerspruch Strompreis - Ihr Schreiben vom 22.05.2012
Verbrauchsstelle ...
Kundennummer ....

Sehr geehrter Herr ...

(...) Derzeit arbeiten wir in Kooperation mit unseren Fachabteilungen "Forderungsmanagement" und "Juristische Dienste" die Kunden auf, die im Rahmen eines Widerspruchs ein Zahlungsverhalten wie das Ihre an den Tag gelegt haben.

Weiter konnten Sie sich seither leider nicht für eines unserer zahlreichen Alternativ-Angebote entscheiden, um unser Versorgungsverhältnis unbelastet fortzuführen.

Wir geben Ihnen letztmals einen objektiven Überblick zur derzeitigen Rechtsauffassung und hoffen, dass Sie diese letzte Chance nutzen, um unsere Meinungsverschiedenheit außergerichtlich beizulegen.

Nach wie vor liegt keine Entscheidung gegen uns vor, die grundlegend zu dem Ergebnis käme, die Preise der Süwag AG seien unbillig.

Die deutschen Gerichte und das Bundeskartellamt gehen mittlerweile davon aus, dass auf dem Energiemarkt längst hinreichend Wettbewerb herrscht und bei bestehender Möglichkeit eines Lieferantenwechsels, kein Recht auf zahlungsminderung und/oder Ofenlegung der kalkulationsgrundlagen besteht.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass sich unsere Preise in einem Wettbewerbsmarkt bilden. Daher sind einseitige Kürzungen seitens einzelner Kunden für uns nicht länger hinzunehmen, schon im Sinne der Gleichbehandlung aller Kunden. Wenn Sie, Herr ..., unsere Preise als zu hoch empfinden, steht es Ihnen selbstverständlich frei, ein anderes Unternehmen mit de Versorgung zu beauftragen. So lange Sie sich jedoch für eine Versorgung durch unser Unternehmen entscheiden, werden wir auch auf vollständige Zuahlung der o.g. Kundennummer auf Basis der veröffentlichen Konditionen bestehen.

In dem Zusammenhang fordern wir Sie auf, bis spätestens 4. September 2012 den derzeit offenen Betrag von 1.xxx,xx Euro zu überweisen und ab dem 25. August 2012 die Abschlagszahlungen vollumfänglich zu bedienen. Bis zum 28. August 2012 bieten wir Ihnen zudem die Option eines zinslosen Ratenplans an.

Bleibt eine vollständige Zahlung abermals aus, bitten wir Sie um Ihr Verständnis, dass wir ggf. auch Ihre offene Forderung in die Klageakte aufnehmen. Diese zusätzlichen Kosten möchten wir Ihnen gerne Ihnen als auch uns ersparen. Zudem würden wir unser automatisches mahnverfahren starten, dessen letzte Konsequenz die Unterbrechung der Energieversorgung wäre uns und kündigen schon jetzt den bestehenden Versorgungsvertrag aufgrund der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit zum 30. September 2012.

Wir hoffen jedoch auf Ihre Kooperation und würden uns freuen, wennunser Versorgungsverhältnis bald wieder zur beiderseitigen Zufriedenheit verliefe,

Mit freundlichen Grüßen
Süwag Vertrieb AG & Co. KG

Tatjana Heyer     Mario Pohl

Offline bolli

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Da man Ihnen einen anderen Vertrag angeboten hat,  vermute ich mal, dass Sie einen Sondervertrag haben. In diesem kommt es aber nur in sehr wenigen Fällen auf die Billigkeit des Preises an, die eher für die Grundversorgung bzw. für Sonderverträge, die das gesetzliche Preisänderungsrecht in ihren AGBs haben, von Belang ist. Meist scheitert es bei den Sonderverträgen aber schon an der wirksamen Einbeziehung der AGB in den Vertrag und somit an einer rechtlichen Grundlage für die Preisänderungen. Die AGB müssen bei Vertragsabschluss dem Vertragsnehmer mit ausgehändigt worden sein. Gibt es darüber keinen Nachweis, hat der Anbieter eher schlechte Karten.

Grundsätzlich darf der Versorger Ihnen im Sondervertragsverhältnis kündigen, jedoch unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfristen. Sind die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, gelten nicht die dortigen, sondern die gesetzlichen Fristen, die sich an der bisherigen Vertragslaufzeit orientieren. Der 30.09. wird vermutlich, auch mit der angegebenen Begründung, nicht als Begründung  für eine außerordentliche Kündigung taugen. Der BGH hat mehrfach entschieden, dass dem Anbieter auch eine ordentliche Kündigung zuzumuten ist (die ja meist nur eine 1-3 Monate längere Vertragslaufzeit beinhalten würde).

Offline berghaus

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@Gasbläser

Es ist richtig, dass eine Versorgungsperre durchgeführt werden kann, wenn in der Grundversorgung oder auch bei Sonderverträgen Zahlungen ausbleiben.

Wenn aber rechtliche Fragen z.B. der Billigkeit in der Grundversorgung oder der Richtigkeit der Abrechnung bei Sonderverträgen noch offen sind und gerichtlich geklärt werden können und grundsätzlich Zahlungsbereitachaft besteht (und betont wird), halte ich es für Nötigung, unverhohlen mit einer Versorgungssperre zu drohen, um die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen. Hierzu gibt es zahlreiche Urteile. Siehe hierzu die Ausführungen des BdE unter Preisprotest – Versorgungssperre.

Ich würde auch schon hier die dort genannten Stellen von dieser -von Ihnen so empfundenen- ‚Nötigung‘ in Kenntnis setzen und dies dem Versorger mitteilen.

In meinem Fall im Sommer 2001 (RWE) habe ich die 3 fachen –automatisierten- Sperrandrohungen (Originalton der 3. Androhung: “Wir haben die Sperrung bereits eingeleitet“) doch ernster genommen als der BdE meint, dass man müsste und alle Register gezogen.

Zuletzt habe ich in einem Widerspruchsschreiben u.a. noch folgendes ausgeführt:

„……………Ihnen ist bekannt, dass dem Vorstandsvorsitzenden eines Versorgungsunternehmens, das widerrechtlich eine Versorgungssperre androht, die Zahlung eines Ordnungsgeldes von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten drohen kann (verschiedene Urteile, z.B. LG Limburg an der Lahn v. 01.08.2011 (Az.: 2 O 266/09)……………..“

Urteil siehe hier http://www.energieverbraucher.de/files_db/1312800285_4958__12.pdf

berghaus 28.08.12

Offline bolli

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Es ist richtig, dass eine Versorgungsperre durchgeführt werden kann, wenn in der Grundversorgung oder auch bei Sonderverträgen Zahlungen ausbleiben.

Wenn aber rechtliche Fragen z.B. der Billigkeit in der Grundversorgung oder der Richtigkeit der Abrechnung bei Sonderverträgen noch offen sind und gerichtlich geklärt werden können und grundsätzlich Zahlungsbereitachaft besteht (und betont wird), halte ich es für Nötigung, unverhohlen mit einer Versorgungssperre zu drohen, um die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen. Hierzu gibt es zahlreiche Urteile. Siehe hierzu die Ausführungen des BdE unter Preisprotest – Versorgungssperre.
Bisher hat die Süwag doch noch gar nicht mit einer Versorgungssperre gedroht.    ???

Sie haben lediglich eine Kündigung angedroht. Solange wir nicht wissen, in was für einem Vertragsverhältnis @Glasbläser ist, wissen wir noch nicht mal, ob er nicht "einfach" in die Grundversorgung zurückfällt, falls er keinen neuen Vertragspartner sucht.

Offline berghaus

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Zitat
Süwag
Bleibt eine vollständige Zahlung abermals aus,...
....................würden wir unser automatisches Mahnverfahren starten, dessen letzte Konsequenz die Unterbrechung der Energieversorgung wäre ......

Man liest so darüber hinweg!

Tatsächlich zeigt sich hier die Methode der Nötigung zum Zahlen, obwohl Rechtsfragen offen sind.

Deutlich wird auch, dass es sich hier nicht um einen Automatismus handelt, sondern um absichtlich unverhältnismäßiges und rechtswidriges Handeln: " Wir würden starten..."

Süwag gehört zum RWE-Konzern.

Offensichtlich haben meine Schreiben im September 2011 an die Bundesnetzagentur, die Kartellämter und das Büro für Umweltrecht(BdE) mit der Bitte darauf hinzuwirken, dass diese Praxis abgestellt wird, nichts bewirkt.

berghaus 28.08.12


Offline bolli

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Man liest so darüber hinweg!
Da haben Sie tatsächlich Recht. Auch wenn diese "Drohung" ja noch wirklich unkonkret ist (so sehr, dass man fast drüber hinweg liest  ;) ). Bis zur Umsetzung sind da wohl noch einige konkretere Schritte nötig und ja auch angekündigt.

Offensichtlich haben meine Schreiben im September 2011 an die Bundesnetzagentur, die Kartellämter und das Büro für Umweltrecht(BdE) mit der Bitte darauf hinzuwirken, dass diese Praxis abgestellt wird, nichts bewirkt.
Was nicht wirklich verwundert. Wer weiss schon, ob diese Ämter überhaupt an Ihren Versorger reagiert haben und wenn, sicherlich nur sehr allgemein. Da lassen die sich nicht so sehr von beeindrucken.

Offline Gasbläser

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Auf mein Antwortschreiben, daß eine Mahnprozedur rechtswidrig sei, die Kündigung Formfehler habe und die Kündigung gegen 226 und 242 BGB verstosse bekam ich heute folgende Antwort:

(...) Bei der Kündigung (es wurden Prokura bescheinigt und somit Formfehler beseitigt.  Anm. des Verf.) handelt es sich um eine einseitige Willenserklärung, die keinen Rechtsgrund erfordert. (...)

Die Konditionen entsprechen den marktüblichen Preisen (...! Anm. des Verf.) für seriöse und faire Energie (genau das betsreite ich ja! Anm. d. Verf.) und wurden von uns - entsprechend den gesetzlichen Vorschriften - öffentlich bekannt gegeben sowie auf unserer Internetseite veröffentlicht. Zudem werden unsere Kunden seit Jahren schriftlich über anstehende Preisanpassungen informiert.

Der von Ihnen eingelegte Widerspruch gegen unsere Preisanpassungen (und zwar IMMER Erhöhungen! Anm. des Verf.) steht unserem Recht, das Vertragsverhältnis einseitig zu beenden, nicht entgegen. Eine Verpflichtung, Sie zu veralteten nicht mehr marktgerechten Preisen zu versorgen besteht nicht. Wir sind berechtigt, das bestehende Vertragsverhältnis zu kündigen. Von diesem Recht machen wir mit Wirkung zum 30.09.2012 Gebrauch.

Zudem kan unserer Kündigung der Einwand des § 226 oder 242 BGB entgegen gehalten werden, denn es besteht keine Verpflichtung unseres Unternehmens, den nicht mehr kostendeckenden Vertrag mit Ihnen weiterhin aufrecht zu erhalten. Schon vor dem Hintergrund des vergangenen Schriftwechsels konnten Sie zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass wir Sie fortan unbefristet nach den von Ihnen akzeptierten Preisen versorgen werden.

Sie haben aufgrund unserer ausgesprochenen Kündigung ausreichend Zeit, sich auf dem liberalisiertem Energiemarkt zu informieren und mit dem Energielieferanten einen Versorgungsvertrag abzuschliessen, der Ihren Preisvorstellungen entspricht.

Von einer Versorgungsunterbrechung nehmen wir vorläufig Abstand.

<Ende>

Eine Billigkeit der Preise wurde nicht nachgewiesen.
Die Drohung eines Mahnverfahrens wurde zurückgenommen.
Die Kündigung bestätigt.

Fragen:
Gibt es eine Versorgungspflicht auf Basis des bestehenden Vertrages? Oder können die Energieoligarchen jetzt einfach die Kunden rauswerfen, damit man sich auf dem Markt einem anderen Herrscher unterwerfen muss? Ist das die Lücke aus dem Billigkeitsnachweis?

Wenn die Kündigung rechtmäßig ist: Besteht ein Nachforderungsrecht einbehaltener Zahlungen, oder erkennt der Versorger rückwirkend die von mir akzeptierten Preise an?




Offline RR-E-ft

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Ob die Kündigung zulässig ist oder nicht, hängt davon ab, ob die Belieferung der Grundversorgung oder außerhalb der selben aufgrund eines Sondervertrages erfolgt.
Bei der Belieferung innerhalb der Grundversorgung wäre die ordentliche Kündigung unzulässig.
« Letzte Änderung: 31. August 2012, 15:46:11 von RR-E-ft »

Offline RR-E-ft

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Ob die Kündigung zulässig ist oder nicht, hängt davon ab, ob die Belieferung der Grundversorgung oder außerhalb der selben aufgrund eines Sondervertrages erfolgt.
Bei der Belieferung innerhalb der Grundversorgung wäre die ordentliche Kündigung unzulässig.

In der Grundversorgung gilt bei der Stromversorgung nichts anderes als bei der Gasversorgung.
Zunächst ist die wirksame Einräumung eines gesetzlichen Preisänderungsrechts fraglich (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=c0946039705a6b0c95daa652e1576d93&nr=57029&pos=12&anz=27

Für die Grundversorgung mit Gas liegt die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13.06.12 vor:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2012/VI_2_U__Kart__10_11urteil20120613.html

Entscheidend dabei die Rn. 16 der Entscheidung des OLG Düsseldorf:

Zitat
Entweder ist § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV sowie § 5 Abs. 2 GasGVV ein Preisanpassungsrecht des Versorgers zu entnehmen und steht dieses im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie 2003/55 (so u.a. BGH, Beschl. v. 18.5.2011 - VIII ZR 71/10, Rn. 15, 16; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.4.2011 - VI-2 U (Kart) 3/09). Oder eine solche notwendige Übereinstimmung ist zu verneinen. Dann ist einem Grundversorger ein Preisanpassungsrecht jedenfalls bei Grundtarifverträgen im Wege einer ergänzenden Auslegung des Versorgungsvertrags zuzuerkennen. Dafür ist bestimmend, dass das Gasversorgungsunternehmen die Grundversorgung nicht aufkündigen darf. Es ist nach § 36 Abs. 1 EnWG zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung verpflichtet. Dies ist ihm indes nur zuzumuten, wenn der Eingriff in die Vertragsabschlussfreiheit mit einer Preisanpassungsberechtigung gekoppelt ist (so auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.12.2011 - VI-3 U (Kart) 4/11, UA 11 m.w.N.).

So liegt es auch bei der Grundversorgung mit Elektrizität.

Das OLG Düsseldorf hat folgende Leitsätze aufgestellt:

Zitat
§ 4 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 2 AVBGasV, § 5 Abs. 2, 3 GasGVV
Leitsätze:

1. Wenn § 4 Abs. 2 AVBGasV, § 5 Abs. 2 GasGVV bei Grundtarifverträgen kein einseitiges Preisanpassungsrecht des Gasversorgers zu entnehmen sein sollte, ist ihm - im Rahmen der Grundversorgung - ein solches Recht jedenfalls im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zuzuerkennen (im Anschluss an OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2011 - VI-3 U (Kart) 4/11).

2. Gleichviel, ob das Preisanpassungsrecht bei Grundversorgungsverträgen auf den

§§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, 5 Abs. 2 GasGVV oder auf einer ergänzenden Vertragsauslegung beruht, sind die Mitgliedstaaten sowie deren Behörden und Gerichte verpflichtet, bei Preisanpassungen, insbesondere -erhöhungen, die volle Wirksamkeit des durch die Erdgasbinnenmarktrichtlinie 2003/55/EG (Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang A) intendierten hohen Verbraucherschutzes sowie der Transparenz zu gewährleisten.

3. Da die Richtlinie 2003/55/EG (genauso wie die Nachfolgerichtlinie 2009/73/EG) nur unvollkommen in nationales Recht übertragen worden ist, sind deren Bestimmungen (hier Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang A) kraft richtlinienkonformer Auslegung in das nationale Recht, d.h. in die genannten Bestimmungen der AVBGasV und der GasGVV sowie in eine ergänzende Vertragsauslegung, hineinzulesen.

4. Danach ist bei Preiserhöhungen neben den sachlichen Anforderungen, die der BGH dafür entwickelt hat, geboten, dass

- Verbrauchern bei Preiserhöhungen ein Rücktrittsrecht (Kündigungsrecht) gewährt wird,

- Verbraucher über eine beabsichtigte Preiserhöhung rechtzeitig vorher unterrichtet werden,

- dabei vom Versorger zugleich über das Rücktrittsrecht (Kündigungsrecht) informiert wird und

- Verbrauchern jede Preiserhöhung mit angemessener Frist (d.h. rechtzeitig) auch direkt (unmittelbar) mitgeteilt wird.

5. Wird auch nur eine Anforderung nicht erfüllt, sind Preiserhöhungen rechtlich nicht durchsetzbar und kann Zahlung nicht verlangt werden.

Soweit ein Preisänderungsrechrt wirksam eingeräumt ist, unterliegt dieses der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.
Die Preise dürfen nur im Umfange tatsächlich gestiegener Kosten erhöht werden.
Nach der Unbilligkeitseinrede ist die Billigkeit vom Versorger nachzuweisen, § 315 Abs. 3 BGB.

Zitat
BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17

Ist einem Energieversorger aufgrund Gesetzes oder vertraglicher Vereinbarung ein Preisanpassungsrecht eingeräumt, so unterliegt eine auf der Grundlage dieses Rechts erfolgte Preiserhöhung als einseitige Leistungsbestimmung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, sofern und soweit es sich nicht um vereinbarte Preise handelt (st. Rspr. des Senats; zuletzt Beschlüsse vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO unter III 2 a; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09, WM 2011, 850 Rn. 18; jeweils mwN).

Zitat
BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 10 f.:

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gasversorgungsunternehmen das ihm nach dem Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 oder 2 AVBGasV kraft Gesetzes zukommende und dort nach Anlass, Voraussetzungen und Umfang nicht präzisierte Recht zur Preisänderung nicht nach freiem Belieben ausüben; eine solche Preisänderung hat vielmehr gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen. Sie ist deshalb für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Zu diesem Zweck kann dieser die Preisänderung auch gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen lassen (BGH, Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 14 ff.; vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 26; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 26; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 19 f.).

b) Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirk-sam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).




Handelt es sich hningegen um die Belieferung außerhalb der Grundversorgung
aufgrund eines Sondervertrages, so ist der Versorger zur ordentlichen Kündigung berechtigt.
Es würde sich dabei lediglich die Frage stellen, ob die Kündigungsfrist eingehalten wurde.
Wurde bei einem Sondervertrag eine Kündigungsfrist nicht vereinbart,
so kann diese bei einem bereits langjährig bestehenden Vertragsverhältnis bis zu 6 Monate betragen.

Die ordentliche Kündigung eines Sondervertrages führt zu dessen Beendigung.
Dazu, welche gegenseitigen Zahlungsansprüche ggf. noch bestehen, folgt aus der Kündigung nichts.
« Letzte Änderung: 31. August 2012, 16:01:46 von RR-E-ft »

Offline Gasbläser

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Re: Widerspruch Strompreise - Kündigung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit
« Antwort #9 am: 01. September 2012, 11:50:01 »
Also muss ich wissen, ob ich grund- oder sonderversorgt werde. Das ist insofern problematisch, als daß ich bis Anfang 2000 bei der Süwag Kunde war. Dann bin ich umgezogen und habe quasi telefonisch mit dem Kundenberater geklärt, daß man mir die Abrechnung der alten Wohnung machen möchte und mir - damals noch Strom und Gas von Süwag - in mein Haus liefern möchte. Die Abrechnung der alten Wohnung kam, dann kam eine "Mitteilung zur Energielieferung"/Inbetriebnahme. Hier steht nichts über Grundversorgungsvertrag oder Sonderversorgungsvertrag. Lediglich der letzte Absatz bestimmt: "wir leifern und berechnen gemäß der jeweils geltenden "Allgemeinen Versorgungsbedingungen" (AVBEIt/AVBGasV), den "Ergänzenden Versorgungsbedingungen" sowie dem "Allgemeinen Teil". Diese senden wir Ihnen auf Wunsch gerne zu."

Eine Zusendung erfolgte nie, ich habe auch damals keine Unterschrift unter irgendeinen Vertrag gesetzt. Das auf der ersten Rechnung verwendete Wort für die Bezugsart war "Treuestrom".

Später zerfiel die Versorgung in Süwag /Strom und Mainova / Gas. Bezüglich meiner Gasproteste und verminderter Abschlagszahlungen hat Mainova bislang weder gekündigt, noch Mahnverfahren eingeleitet. Hier hat man mir sogar einen Vergleich angeboten, falls ich auf ein neues Bezugsmodell des Hauses umsteigen würde.

Wie finde ich also heraus, ob ich SÜWAG Grundversorgungs- oder Sonderversorgungskunde bin?

Offline bolli

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Re: Widerspruch Strompreise - Kündigung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit
« Antwort #10 am: 03. September 2012, 07:29:44 »
Da in der Grundversorgung und im Sondervertragsverhältnis bei den meisten versorgern unterschiedliche Preise gelten, wäre z.B. ein Hinweis, welche Preise in den letzten Jahren angesetzt wurde. Dazu können die veröffentlichten Preise in diesen Zeiträumen mit den entsprechenden Preisen in den jeweiligen Jahresrechnungen verglichen werden. Des weiteren könnte der genannte Begriff "Treuestrom" mal im damaligen Zeitraum recherchiert werden. Meiner (unmaßgeblichen) Meinung nach deutet der Begriff auch auf einen Sondervertrag hin, da viele Versorger ihn oder ähnliche Begriffe für die Sonderverträge verwenden/verwendet haben.
Inwieweit das nichtvorliegen eines schriftlichen Vertragsdokumentes zu einem Problem werden könnte, wenn die SüWAG auch Grundversorger ist, vermag ich von hier nicht zu beurteilen. Das kommt sicherlich auf die Beantwortung der oben angeführten Punkte sowie weiterer Hinweise für einen Sondervertrag an. Je mehr darauf hindeutet, desto eher kann man auf ein schriftliches Dokument verzichten, das man unterzeichnet hat.

 

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