@Hennessy
Dinkelsbühl liegt anders:
Dort geht der Streit darum, ob ohne N-Ergie- Beteiligung an der Gesellschafterversammlung der Beschluss gefasst werden durfte und wirksam gefasst werden konnte, einen neuen Liefervertrag mit Wingas zu schließen.
Es geht also vornehmlich um Gesellschaftsrecht.
Wir reden hier über Kartellrecht, Energierecht, zivilrechtliche Billigkeitskontrolle.
Lesen Sie in der BGW-Praxisinfo, auch wenn darin einiges auf den Kopf gestellt ist.
Die sog. Interimsfälle betreffen gerade die Lieferungen an Weiterverteiler!!!
Erst später wurde von der Rechtsprechung § 315 BGB auch auf Kundenverträge (Daseinsvorsorge) ausgeweitet.
Kunth/ Tüngler behaupten statt dessen, das ginge nur bei Tarifkunden, nicht jedoch bei Weiterverteilern (BGW-Praxisinfo, S. 12 unter aa)).
Bei deren Kollegen Stappert in NJW 2003, 3177 kann man es jedoch noch anders nachlesen.
Glücklicherweise kann man nicht wie in \"1984\" alle Bücher gleichzeitig umschreiben.
Sie können hierzu auch im AGFW-Gutachten von Büdenbender (EHP 3/2005, S. 22, 26 unter A II 1 c. aa) und bb) die BGH-Urteile) nachlesen:
Stadtwerke können sich also darauf berufen, dass sie aktuell nicht vertraglich, sondern in einem Interimsverhältnis beliefert werden.
Bekanntlich das Beste, was einem Kunden passieren kann, vgl. nur OLG München, NJW 1999, 421.
Und um die Preisformel brauchen Sie sich keinerlei Gedanken mehr machen:
Diese steht nur im Vertrag, der jedoch nichtig und nicht mehr gültig ist.
In einem Interimsverhältnis gibt es keine Preisformel.
Ich würde eine solche mit HEL- Bindung auch in keinen neuen Vertrag, der irgendwann das Interimsverhältnis beenden wird, mehr aufnehmen.
Das macht ja auch bei kurzfristigen Lieferverträgen schon keinerlei Sinn.
Glückwunsch!!!
Ich hoffe, dass Sie und Ihre Kollegen diese einmalige Chance jetzt nutzen.
Ersichtlich wird:
Es ist kein Milzbrand, auch wenn die Iddee sich entsprechend schnell verbreitet.
Auch für Stadtwerke nicht, sondern auch zu deren Nutzen einsetzbar:
Entgegen anderslauternder Entscheidungen (BGH wird noch in diesem Monat dazu verhandeln), kann man mit § 315 BGB auch die Netznutzungsentgelte des vorgelagerten Netzbetreibers drücken, wiederum letztlich zum Nutzen der Kunden.
Sollten Stadtwerke diese Chance jedoch nicht nutzen, braucht auch keiner mehr zu jammern, wie hilflos er doch sei.
Es gibt keine hilflosen Stadtwerke, sondern aktuell nur hilflose Vorlieferanten, denen die Kunden die Rechnungsbeträge zusammenkürzen, ohne dass hiergegen eine Gegenwehr möglich wäre.
Man möge getrost klagen und seine Preiskalkulation offen legen.
Wenn alle so verfahren, ist auch schnell E.ON Ruhrgas vor Gericht, um die Preiskalkulation zu eröffnen.
Das wird erst was:
Für eine solche Gerichtsverhandlung gäbe es wohl Kartenvorbestellungen wie für die Fussball- WM.
Ich bin gespannt, was E.ON Ruhrgas dann als das \"Marktübliche\" zur Rechtfertigung seiner überhöhten Preise heranziehen will.
Schließlich haben wir einen einheitlichen EU- Binnenmarkt und zum Beispiel russisches Erdgas wird auch nach Polen und Tschechien geliefert, wo die Preise steuer- und abgabenbereinigt weit niedriger sind. Die Erdgaspreise im Baltikum wären auch interessant, wo doch die Russen diesen Ländern bekanntlich nichts schenken.
Schließlich wurden die alten Verträge aus Monopolzeiten bei Demarkation herübergerettet, so dass es sich um Nachwirkungen dieses Monopols handelt. Die Offenlegung der Preiskalkulation wäre wohl fast so spannend wie das Schmökern in der Coca Cola- Rezeptur.
So ändern sich die Verhältnisse in einem deutschen Herbst.
Die Letzten werden die Ersten sein.
@Hennessy
Hier hat niemand etwas gegen starke Stadtwerke, ganz im Gegenteil.
Aber Handlanger der Konzerne, die nur auf ihre Hilflosigkeit verweisen und die Verbraucher immer weiter für die fast berstenden Konzernkassen abkassieren, sind nun einmal nicht das, was man sich als mündiger Energieverbraucher wünscht.
Stadtwerke und deren Kunden sollten partnerschaftlich miteinander umgehen und gemeinsam denen die rote Karte zeigen, die ersichtlich nur schnelles Geld auf Kosten anderer machen wollen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt