@hko
Klingt fast ein bißchen zynisch Ihr Vergleich. Ich verstehe, was Sie damit sagen wollen, aber meines Erachtens ist er schlichtweg unzulässig.
Sagen Sie mal den Betroffenen von Atomunfällen: \"Damit musst Du leider leben, das ist wie im Straßenverkehr, ein ein bißchen Schwund gibt\'s immer.\"
Im Straßenverkehr entscheide ich mich ganz persönlich ein gewisses Risiko zu tragen, indem ich mich in mein Auto setze. Damit nehme ich im konkreten Fall persönlich in Kauf, dabei zu Tode zu kommen, evtl. zusätzlich mit ein paar wenigen Anderen.
Dann werden die betroffenen KFZ von der Straße geräumt und für die übrigen Verkehrsteilnehmer ist der ursprüngliche Zustand weitestgehend wieder hergestellt.
Bei Unfällen durch Atomkraftwerke sprechen wir nicht von einer Anhäufung von Einzelereignissen, wir sprechen in jedem Einzelfall von einer Katastrophe, von einem GAU oder gar Super-GAU. DAbei geht es nicht einfach um einen technischen Ausrutscher, der vielleicht unter in Kaufnahme von \"ein paar\" Toten wieder geheilt werden könnte.
Bei Tschernobyl betraf es die Region um die Stadt Prypjat (~ 50.000 Einw.). Neben diesen wurden weitere rund 330.000 Einw. evakuiert, die Sperrzone beträgt rund 4300 km2.
Bei einem Gau geht es um existenzielle Grundlagen eines ganzen Landstriches inclusive der Bevölkerung.
Der Staat kann Ihnen kein Einzelrisiko wie im Straßenverkehr abnehmen, er kann es mittels Gesetzen und Vorsschriften minimieren, denken Sie beispielsweise an den Sicherheitsgurt oder ESP.
In unserer Verfassung heißt es in Art. 2 Abs. 2, \"Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.\"
Unser Staat ist verantwortlich für die Energieversorgung seiner Bürger. Dies muss er nun mit dem Art 2 GG unter einen Hut bekommen. Er entschied sich, unter Inkaufnahme eines gewissen Restrisikos, für die Kernkraft.
Nun stellt sich heraus, dass das Restrisiko wohl die bisherigen Annahmen übersteigt, daher ist er gehalten die Sicherheitsanforderungen auf dem neuseten Stand der Wissenschaft und Technik zu halten.
Wird dieser Maßstab vor allem an die älteren AKW angelegt, dann muss man konstatieren, dass diese AKW Defizite aufweisen, die dem neusten Stand nicht mehr entsprechen und auch nicht nachgerüstet werden können.
Der Staat ist daher aus Fürsorgegründen gehalten, diese Kraftwerke abzuschalten.
Dies sind die Grundlagen. Inwieweit unsere Politik, getrieben durch die Medien bzw. der Bevölkerung, ein gutes Bild abgibt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Nur die Gefahren der Atomkraft immer abzuwiegeln, damit Großkonzerne ihre Renditeziele erreichen können, scheint speziell nach Fukushima nicht mehr zu funktionieren. Bislang hat man ja unterstellt, dass Japan, als hochtechnisiertes Land, die Sicherheit seiner Atomanlagen ebenso gewährleisten kann wie wir. Nun stellen sich anlagenbedingte Risiken heraus, die diese Unterstellung hinfällig werden lassen.
Die Politik muss reagieren, da ihre Prämissen von der Mehrheit der Bevölkerung (Umfragen sagen ~ 58%) nicht mehr getragen werden.
Fazit: Ein Vergleich mit den Toten des Straßenverkehrs ist nicht tragfähig. Seriöserweise hätten Sie für unsere deutsche Diskussion auch nur die deutschen Verkehrstoten heranziehen dürfen, denn andere Länder schätzen das Risiko ja ganz anders ein. Im Straßenverkehr wie bei der Atomenergie.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang_AW