Ich gebe mal
meinen Eindruck von der Verhandlung wieder, der sich mit dem Eindruck des Beklagten decken sollte.
Zur Vorgeschichte:
Die Stadtwerke, vertreten durch Kollegen Dr. Dietmar Hempel, Dortmund hatten
2007 gegen den Beklagten Zahlungsklage erhoben zur Kartellkammer des LG Mainz, mit der Begründung, der Beklagte habe sich auf die Unbilligkeit der Preise und damit incident auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung berufen. Eine Frage der Taktik.
Viele, viele Seiten der Klageschrift wurden darauf verwendet, warum es für die Streitentscheidung nicht auf die Unbilligkeitseinreden des Beklagten ankomme. Wie recht die Stadtwerke damit haben, sollten diese jedoch erst
Jahre später erfahren. Ihre Mühen sollen insoweit nicht ohne Lohn bleiben.
Die Kartellkammer des LG Mainz sah es in mündlicher Verhandlung
2009 zum Aktenzeichen 12 HK O 77/07 so, dass die HEL- Klauseln in den Gas- Sonderabkommen wohl wirksam seien, jedenfalls keine Billigkeitskontrolle zuließen. Der Beklagte rügte die Zuständigkeit des LG Mainz, weil die Streitentscheidung nicht von kartellrechtlichen Bestimmungen abhängt, zumal die Stadtwerke selbst geltend machten bei Strom und Gas im Wettbewerb zu stehen, weshalb bereits deren marktbeherrschende Stellung fraglich erscheine. Schließlich hätten die Stadtwerke auch selbst argumentiert, dass es für die Streitentscheidung auch auf eine Billigkeitskontrolle gar nicht ankomme.
Auch eine Frage der Taktik.
Die Kammer schloß sich der Auffassung des Beklagten an, dass sie für die Streitentscheidung nicht zuständig sei, die Klage deshalb als unzulässig abzuweisen sei. Dr. Hempel war vor dem LG Mainz zunächst der Ansicht, dass er keinen Antrag stellen wolle, woraufhin der Beklagtenvertreter erklärte, dass es der Klägerin selbstverständlich frei stehe, ob sie in mündlicher Verhandlung einen Antrag stellt oder nicht.
Wo man nun schon mal zur mündlichen Verhandlung nach Mainz angereist sei, stelle der Beklagte jedenfalls Klageabweisungsantrag.
Eine weitere Frage der Taktik, um den Rückzugsweg abzuschneiden.
Auf in allerletzter Minute in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Mainz gestellten Verweisungsantrag der Stadtwerke wurde der Rechtsstreit deshalb durch Beschluss an das LG Bad Kreuznach verwiesen.
Dort fand auch bereits eine erste mündliche Verhandlung im Frühjahr
2010 zum Aktenzeichen 5 HK O 36/09 statt, nachdem die Klägerin die Klage um weitere Forderungen erweitert hatte. In dieser ersten mündlichen Verhandlung vor dem LG Bad Kreuznach erklärte Kollege Dr. Hempel, die Stadtwerke sähen erst einmal keinen Grund zur gütlichen Streitbeilegung. Wiederum eine Frage der Taktik. Deshalb wurde auch vor dem Landgericht Kreuznach streitig verhandelt, wobei der Beklagte wiederum Klageabweisung, auch hinsichtlich der erfolgten Klageerweiterung, beantragte.
Pressebericht zum ersten Termin am LG Bad Kreuznach Kurz vor dem festgesetzten Verkündungstermin reichte die Klägerin einen weiteren Schriftsatz vom 20.05.2010 mit
geändertem Klageantrag ein. Der Beklagtenvertreter wies darauf hin, dass die Kammer über den neuen Klageantrag jedenfalls erst mündlich verhandeln müsse. Die Kammer fasste daraufhin einen Beschluss, wonach die mündliche Verhandlung wiedereröffnet wird. Der Termin für die erneute mündliche Verhandlung musste mehrfach verschoben werden, weil die Anwälte jeweils verhindert waren.
Soweit die Vorrede.
Die neue mündliche Verhandlung fand endlich am
31.01.11 um 14.00 Uhr am Landgericht Bad Kreuznach statt.
Wegen großen öffentlichen Interesses (viele Zuschauer, darunter auch die örtliche Presse) zog man in einen größeren Saal um.
Wer in dieser erneuten mündlichen Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen des LG Bad Kreuznach dabei war, hat erfahren, dass die gut vorbereitete Kammer nach umfangreicher Erörterung des Sach- und Streitstandes nach bisheriger Rechtsauffassung der Argumentation des Beklagten in allen Punkten folgt, wonach alle Preisänderungen für Strom und Gas in dem betroffenen Vertragsverhältnis \"Kreuznacher Energieclub\" bis 31.12.2007 unwirksam waren, so dass sie von einer Klageabweisung ausgeht. Soweit bei Strom möglicherweise etwas zuviel gekürzt worden sei, fehle es an nachvollziehbaren Darlegungen der Klägerin zum vertraglich geschuldeten Preis. Auf die streitgegenständlichen Verbrauchsabrechnungen könne nicht abgestellt werden, weil die Klägerin diesen Preise zu Grunde gelegt habe, die jedenfalls nicht vertraglich vereinbart waren und zu deren einseitiger Festsetzung sie auch nicht berechtigt war.
Die Verhandlung erfolgte in einer sehr guten Atmosphäre, da sich die Kammer sehr gut vorbereitet hatte und auch die gesamte Verhandlung von sehr großer Sachlichkeit getragen war.
Dem Beklagten war schon klar, dass in dem Verfahren mehr als eine Klageabweisung nicht zu erreichen sein wird.
Kollege Dr. Hempel machte geltend, er wolle für die Stadtwerke noch zu zwischenzeitlichen
Neuvereinbarungen der Parteien vortragen.
Warum er so spät noch (in dem seit Jahren anhängigen Verfahren) neuen Sachvortrag anbringen wolle, erklärte er hingegen
nicht.
Der Beklagtenvertreter erklärte daraufhin zu Protokoll, dass es nach Vertragsabschluss im November 2004 im streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.12.2007 zwischen den Parteien zu keinerlei Neuvereinbarungen gekommen war, weder in Bezug auf den Preis, noch in Bezug auf sonstige Vertragskonditionen, verwies zudem auf den umfangreichen Akteninhalt, aus dem sich auch ergibt, dass der Beklagte auch alle zur Abrechnung gestellten Preise vorsorglich als unbillig gerügt hatte, wobei es sich um die Preise für Strom-, Gas- und Wasserlieferungen handelte.
Den Stadtwerken wurde auf die entsprechenden Hinweise des Gerichts ein beantragtes Schriftsatzrecht eingeräumt, dies laut der Vorsitzenden schon mit Rücksicht auf eine mögliche Berufung der Stadtwerke gegen das zu erwartende Urteil. Nach dem Schriftsatz von Kollegen Dr. Hempel kann dann vor dem Verkündungstermin am 31.03.11 auch nochmals für den Beklagten Stellung genommen werden.
Den weiteren Nachmittag genossen die beteiligten Anwälte dann wieder - wie nach jeder solchen Verhandlung - in vollen Zügen.
Fest steht, dass den Stadtwerken nach der erfolgten mündlichen Verhandlung mit Antragstellung der Rückzug abgeschnitten ist.
Eine Klagerücknahme ist nur mit Zustimmung des Beklagten möglich.
Die Entscheidung der Kammer am
31.03.11 bleibt abzuwarten.