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Autor Thema: Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen  (Gelesen 3831 mal)

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Offline UlrichD

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« am: 21. Januar 2011, 06:53:49 »
Hallo liebe Mitstreiter und Mitleser,

ich habe seit 2006 meinem Gasversorger jährlich Gegenrechnungen gestellt und die Preise allgemein als unbillig getadelt.
(Basis war der Preis 2005 zzgl. geringer prozentualer Sicherheitsaufschläge)

In der Jahresrechnung fuer 2010 ist es nun erstmalig der Fall, das der vom Versorger geforderte Preis je kWh sowohl aktuell, wie auch im Jahresschnitt
geringer ist, als der bislang von mir in den Gegenrechnungen und für meine Abschlagzahlungen angenommen Preis/kWh.

Ich halte die Preise natürlich nach wie vor für unbillig, jedoch stellt sich mir die Frage, wie eine Gegenrechnung in diesem Falle aussehen sollte.

Sollte ich meinen angenommenen Preis zahlen, und den Versorger darauf hinweisen, dass er keine Verrechnung mit bisherigen Rechnungen vornehmen darf?

Oder was ist die korrekte Reaktion?

Gruß aus Ostwestfalen

Offline RR-E-ft

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #1 am: 21. Januar 2011, 08:43:24 »
Fakt ist, dass der Kunde keinen höheren Preis zahlen muss, als ihn der Versorger mit seiner Abrechnung überhaupt fordert.

Zunächst ist zu fragen, welcher Preis denn überhaupt für die Energielieferungen vertraglich vereinbart wurde:

Lesen: LG Frankfurt/Oder Urt. v. 26.10.10 Az. 19 S 24/10 Zahlungsklage Gaspreis abgewiesen (EWE)

Bei Sonderverträgen außerhalb der Grundversorgung ist der Versorger oft nicht berechtigt, die Preise nach Vertragsabschluss einseitig abzuändern. Er ist dann auch nicht dazu verpflichtet.

Eine der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegende Preisbestimmungspflicht des Versorgers besteht in Sonderverträgen zumeist nicht, so dass es auf die Billigkeit von einseitigen Preisbestimmungen von Anfang an auch nicht ankommt, weil diese per se unzulässig sind.  

Möglicherweise wurde trotz der erfolgten Widersprüche und Kürzungen in all den Jahren viel mehr an den Versorger gezahlt, als überhaupt an diesen vertraglich geschuldet war. Dann können deshalb Rückforderungsansprüche des Kunden entstanden sein, § 812 BGB.  

Lesen: LG Köln, Urt. v. 05.01.11 Az. 9 S 207/10 Rückforderungsklage eines Gaskunden erfolgreich

In der Grundversorgung besteht hingegen eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers, deren Ausübung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegt.

Gegenüber grundversorgten Kunden besteht auch eine Verpflichtung zur Preisabsenkung, wenn eine solche möglich ist [BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Es kann dabei vorkommen, dass der Grundversorger, den die gesetzliche Preisbestimmungspflicht trifft, den Preis zwar absenkt, jedoch nicht soweit wie möglich und hierdurch seinen Gewinnanteil am Preis unzulässig erhöht.

Dann entspricht auch der abgesenkte Preis nicht der Billigkeit und ist unverbindlich gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Ggf. muss dann auf Antrag des Versorgers erst ein Gericht den der Billigkeit entsprechenden Preis bestimmen, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Kunde den abgesenkten Preis überhaupt gem. § 315 Abs. 3 BGB als unbillig rügt.

Das ist bei der EWB Bünde nicht anders als bei anderen Versorgern auch.

Offline bolli

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #2 am: 21. Januar 2011, 09:08:51 »
Und als Ergänzung für UlrichD noch:
Die Tasache, dass die EWB behaupten, Sie befänden sich in der allgemeinen Grundversorgung und es gälten für Sie AVBGasV bzw. GasGVV hat nicht automatisch zur Folge, dass dem auch so ist.

Es gbit schon einige Gerichte, die bei Staffelpreisen und Einstufung des Verbrauchers in eine günstigere (höhere) Preisstaffel schon das Vorliegen eines Sondervertrages sehen (so z.B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.06.2009, Az. VI- 2 U (Kart) 14/08 (siehe auch hier).

Es ist also zu klären, was für ein Vertrag wohl vorliegt, denn Rückforderungsansprüche aus zuviel gezahlten Geldern verjähren in der Regel 3 Jahre nach Fälligkeit der Forderung (§§ 196, 199 BGB).

Offline RR-E-ft

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #3 am: 21. Januar 2011, 09:37:40 »
Rückforderung infolge Überzahlungen verjähren innerhalb von drei Jahren ab der ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung.

Offline UlrichD

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #4 am: 21. Januar 2011, 12:55:31 »
Danke fuer die Infos.

Ich werde somit - für die lezte Jahresabrechnung - die vom Versorger geforderten Preise zahlen und selbige wie gehabt als unbillig tadeln.

Unabhängig davon, ob eine Grundversorgung oder ein Sondervertrag zugrunde liegt.  Ich persönlich kann es Stand heute nicht beurteilen ( siehe Kommentar von bolli )

Offline RR-E-ft

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #5 am: 21. Januar 2011, 13:57:51 »
@UlrichD

Dann werden Sie womöglich, wie schon bisher trotzt Widerspruch und Kürzung, wieder  zuviel bezahlen.

Wenn da steht \"Lesen:\", dann sollte man dort lesen.

Offline bolli

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #6 am: 21. Januar 2011, 14:35:07 »
Sein Problem dürfte sein zu beurteilen, ob er einen Sondervertrag hat oder über die Grundversorgung beliefert wird. In letzterer hätte er die Preisbestimmungen bis 2005 ja durch widerspruchslose Zahlung der Rechnungen anerkannt. Das gilt natürlich nur auf Basis der BGH-Rechtsprechung des VIII. Senats mit dem Preissockelprinzip und nicht gemäß unserer beider Auffassung, dass grundsätzlich immer der gesamte Preis als Unbillig gerügt wird.  ;)
Aber wir wollen UlrichD nicht zu sehr irritieren, denn das ist ja noch ein weiteres Fass zu seiner \"Frage\" der Vertragsform.

Alternativ bliebe natürlich, vorsichtshalber nur den Vertragsanfangspreis zu zahlen und zu warten, was der Versorger macht. Wenn er mehr haben will, müsste er klagen. Aber das Gebiet, auf dem man sich da bewegt ist eben noch nicht so sicher (festgefügt) wie andere Bereiche.
Nicht jeder hat Ihre Sachkenntnis bzw. einen solchen Anwalt zur Hand.  ;)

Offline RR-E-ft

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Preis/kWh geringer als letzte Kürzungen
« Antwort #7 am: 21. Januar 2011, 14:37:20 »
Zitat
Original von RR-E-ft
In der Grundversorgung besteht hingegen eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers, deren Ausübung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegt.

Gegenüber grundversorgten Kunden besteht auch eine Verpflichtung zur Preisabsenkung, wenn eine solche möglich ist [BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Es kann dabei vorkommen, dass der Grundversorger, den die gesetzliche Preisbestimmungspflicht trifft, den Preis zwar absenkt, jedoch nicht soweit wie möglich und hierdurch seinen Gewinnanteil am Preis unzulässig erhöht.

Dann entspricht auch der abgesenkte Preis nicht der Billigkeit und ist unverbindlich gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Ggf. muss dann auf Antrag des Versorgers erst ein Gericht den der Billigkeit entsprechenden Preis bestimmen, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Kunde den abgesenkten Preis überhaupt gem. § 315 Abs. 3 BGB als unbillig rügt.

Man muss dabei nicht nur den aufgrund Preisbestimmungspflicht festgesetzten Preis unter Berufung auf dessen Unverbindlichkeit  gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB  als unbillig rügen, sondern auch Anlass dazu geben, dass sich überhaupt einmal ein Gericht damit befassen kann.

Wenn der Kunde den Preis als unbillig rügt, ihn aber zahlt, hat schon keiner Veranlassung darüber  zu klagen. Nicht anders, wenn der Kunde mehr zahlt als vertraglich überhaupt vereinbart war.

 

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