Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 27. September 2005
Keine Einigung mit E.ON Ruhrgas zur Öffnung der
langfristigen Gaslieferverträge
Das Bundeskartellamt hat seine Bemühungen, mit den Ferngasgesellschaften
eine Verständigung zur Öffnung der langfristigen Gaslieferverträge zwischen
Ferngasunternehmen und Weiterverteilern zu erreichen, eingestellt. Der
außergerichtliche Weg ist letztendlich an E.ON Ruhrgas gescheitert. Mit der
Absage von E.ON Ruhrgas als bedeutendstem Ferngasunternehmen kann die
angestrebte Konsenslösung nicht mehr umgesetzt werden. Das Bundeskartellamt
wird die Öffnung der langfristigen Gaslieferverträge nun im Rahmen von
Untersagungsverfügungen durchsetzen.
Die langfristige vertragliche Bindung von Stadtwerken und Regionalversorgern
an die etablierten Ferngasunternehmen hat bislang eine wettbewerbliche
Öffnung der Gasmärkte verhindert. Das Bundeskartellamt hat deshalb Verfahren
eingeleitet und vor einigen Wochen ein Schreiben an 15 Ferngasgesellschaften
versendet, in dem es die von den Unternehmen einzuhaltenden Verpflichtungen
nennt, die für eine Verfahrenseinstellung notwendig sind. Diese Punkte sind
zuvor in den seit Januar diesen Jahres laufenden Verhandlungen und
Gesprächen mit den Ferngasgesellschaften diskutiert worden. Der angestrebte
Kompromiss hätte einen weichen Übergang hin zu mehr Wettbewerb auf den
Gasmärkten bedeutet. Vorgesehen war eine stufenweise Öffnung der Gasmärkte
ab dem Gaswirtschaftsjahr 2006/2007: In der ersten Stufe hätte das
Bundeskartellamt den Unternehmen eingeräumt, bestehende und künftige
Lieferungen an Gasweiterverteiler in einem Gesamtumfang von bis zu 35 % des
Gasabsatzes an Gasweiterverteiler von der Öffnung auszunehmen. Mit der
Erhöhung dieses Anteils von ursprünglich 12 % auf 35 % hat das
Bundeskartellamt den Praktikabilitätsansprüchen der Unternehmen Rechnung
getragen. In der zweiten Stufe, die mit dem Gaswirtschaftsjahr 2007/2008
begonnen hätte, wäre die Freimenge auf 9 % reduziert worden, was den
Unternehmen genug Raum für unternehmensindividuelle Sonderfälle gelassen
hätte. Die vom Bundeskartellamt angestrebte Konsenslösung sollte zudem im
Rahmen einer de-minimis Regel die Ausnahme kleiner Abnehmer mit einem
Gesamtgasbedarf von bis zu 200 GWh aus der Marktöffnung vorsehen, sofern sie
dies wünschen.
E.ON Ruhrgas hat die Konsenslösung scheitern lassen, weil sie vorsah, dass
Liefermengen nur im Einvernehmen mit dem Abnehmer in die Freimenge
aufgenommen werden können. E.ON Ruhrgas wollte dies aber einseitig und ohne
Zustimmung der Abnehmerseite bestimmen und diese damit auch gegen deren
ausdrücklichen Wunsch weiter an sich binden können. Der Präsident des
Bundeskartellamtes, Dr. Ulf Böge, dazu: \"Die beiderseitige Zustimmung des
Gasabnehmers und des Gaslieferanten zur Aufnahme in die Freimenge ist in
einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung unabdingbar. Eine einseitige und
selektive Festlegung durch die etablierten Gaslieferanten hätte einzelne
Kunden noch lange gefangen gehalten. Hiervon wären insbesondere die
Unternehmen betroffen, die sich schon jetzt für eine Marktöffnung einsetzen
und aus dem System der Langfristverträge aussteigen wollen.\"
Das Bundeskartellamt wird langfristige Gaslieferverträge nun im
Verfügungswege angreifen, wobei eine schnelle gerichtliche Klärung
angestrebt wird. Kartellamtspräsident Ulf Böge: \"Ein Aufbrechen der
langfristigen Gaslieferverträge ist unabdingbar. Das Bundeskartellamt hat
sich in einem offenen und transparenten Verfahren dafür eingesetzt, die
Interessen aller Marktteilnehmer im Rahmen eines Kompromisses zu
berücksichtigen. Mit dem Scheitern der Konsenslösung wird das
Bundeskartellamt nun die sofortige Umsetzung der Marktöffnung auf dem
rechtlichen Weg umsetzen.\"