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Autor Thema: Gas-Kundin entlarvt Stadtwerke-Vergleich  (Gelesen 4061 mal)

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Offline Gas-Rebell

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Gas-Kundin entlarvt Stadtwerke-Vergleich
« am: 03. Dezember 2010, 00:13:10 »
Die Stadtwerke Münster haben auf Ihrer Internetseite Informationen zu ihrem Vergleichsangebot veröffentlicht (hier) und darunter ein Kommentar-/Frage-Forum eingerichtet. Dort findet sich auf Seite 2 seit gestern ein Kommentar einer Gas-Kundin, die treffend aufzeigt, dass das Vergleichsangebot der Stadtwerke Münster eine Mogelpackung ist und dass man auf dem gerichtlichen Weg risikolos erheblich höhere Beträge zurückerhalten kann.

Zitat
\"Ich habe mir Ihre \"Daten- und Fakten-Übersicht\" (]hier) mal näher angeschaut.

Daraus ergibt sich, dass die 1,32 Cent die Hälfte des durchschnittlichen Preises sind, um den der Gaspreis im Zeitraum 01.01.2008 bis 31.08.2008 den Referenzpreis vom 31.12.2004 (Fall Stansch) überstieg.  Fairerweise müssten diese 1,32 Cent dann als Multiplikator für den individuellen Verbrauch im gesamten Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.08.2008 angesetzt werden.

Nach Ihrer Berechnungsformel (Verbrauch 2007 in kWh x 1,32 Cent) wollen Sie die 50%-Erstattung (1,32 Cent) aber nur für 12 Monate (2007) anbieten und nicht für 20 Monate (auch die 8 Monate aus 2008 ). Damit bieten Sie effektiv nur 30% der Summe an, die Ihren Kunden mindestens zustünden.

Das finde ich nicht mehr fair. Es würde mich nicht wundern, wenn bei sowas viele Kunden lieber eine Klage einreichen. Denn damit bekäme man risikolos die vollen 100% (der von Ihnen zitierte Durchschnittshaushalt also 880 Euro statt nur 264 Euro) zugesprochen.\"

Bingo! Abgesehen davon lassen sich sogar noch erheblich höhere Rückforderungen geltend machen. Denn wenn ein Kunde der SW Münster einen Gas-Sonderabkommen aus der Zeit vor dem 31.12.2004 abgeschlossen hat (nicht wenige Kunden haben Verträge aus den 90er-Jahren oder noch früher), dann ist in der Rückforderungsberechnung nicht etwa der Preis vom 31.12.2004 anzusetzen, sondern der vertragliche Anfangspreis, z.B. aus dem Jahr 1995. Die Rückforderungssumme erhöht sich diesenfalls drastisch!

Noch höhere Beträge ergeben sich für Rückforderungszeiträume, die über den 31.08.2008 hinausgehen. Haben Sondervertragskunden der SW etwa die seinerzeit zum 31.08.2008 (gegen 50 Euro Dankprämie, man fasst es nicht!) angebotene Umstellung des Vertrags auf eine neue Preisgleitklausel nicht angenommen, wurde der Vertrag anschließend von den SW gekündigt. In diesem Fall lassen sich Rückforderungen noch bis zum Auslaufen des Vertrags (z.B. 31.08.2009) stellen.

Kunden, die seinerzeit der Einbeziehung der neuen Klausel zum 31.08.2008 zugestimmt haben, könnten sich zudem auch noch nachträglich auf deren Unwirksamkeit berufen (Intransparenz nach § 307 BGB) und damit sogar Rückzahlungsansprüche bis Mai 2010 und darüber hinaus geltend machen. Denn erst dann haben die SW Münster eine nach der derzeitigen BGH-Rechtssprechung wirksame Preisgleitklausel in ihre Verträge aufgenommen. Altkunden, die diese erneute Vertragsumstellung nicht akzeptieren wollten, erhielten die Vertragskündigung. Rückforderungsansprüche sind für diese dann sogar bis Mai 2010 plus Kündigungsfrist möglich!

Fazit: Stadtwerke-Kunden, die den angebotenen Vergleich annehmen, verzichten ohne Not auf Rückerstattungen in Höhe von u.U. mehreren Tausend Euro! Deshalb sollte man gegenüber den SW zumindest Rückforderungen in der eingangs beschriebenen \"Risikolos-Höhe\" (Basispreis 31.12.2004, Zeitraum 01.01.2007 bis 31.08.2008 ) stellen und nötigenfalls auch gerichtlich geltend machen (mindestens gerichtlichen Mahnbescheid beantragen, siehe hier und hier). Aber auch höhere Rückzahlungsforderungen dürften sich lohnen. Denn die Chancen auf ein Obsiegen in einer gerichtlichen Auseinandersetzung stehen nach der derzeitigen Rechtssprechung besser denn je.

Offline Gas-Rebell

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Gas-Kundin entlarvt Stadtwerke-Vergleich
« Antwort #1 am: 07. Dezember 2010, 22:29:49 »
Petra Willing,Pressesprecherin der Stadtwerke Münster, 03.12.10 11:31:

Zitat
@ Gesine Meyer

Entschuldigung, dass ich mich nicht schneller gemeldet habe. Zur Ihren Fragen. Wir wissen, es ist komplex und deshalb schreiben wir ja auch jeden betroffenen Kunden noch einzeln an.  

Zum Referenzpreis: Leider ist Ihr Ansatz falsch. Richtig ist, dass die jahreszeitlich gewichtete Preisdifferenz über den Zeitraum brutto ca. 1,64 ct/kWh betrug. Der Vergleichspreis von 1,32 ct/kWh beträgt im Verhältnis dazu ca. 82% und nicht 50%!

Zum Prozentsatz, den Sie errechnen unsere Antwort: Ihre Schlussfolgerung ist (als Folgefehler) somit auch falsch: Richtig ist, dass der Vergleichspreis von 1,32 ct/kWh bezogen auf die o.g. Preisdifferenz ca. 82% beträgt, da der Vergleichspreis aber nur auf eine Jahresverbrauchsmenge zur Auszahlung kommt, der Auszahlungsbetrag um den Faktor 1,62 niedriger liegt (Rückrechnung von 20 auf 12 Monate). 82% dividiert durch 1,62 ergibt - bis auf Rundungsungenauigkeiten - sehr genau die Vergleichsquote von 50% in diesem sogenannten \"Mustervergleichsfall\".  

Warum wir so vorgehen: Kein Kunde hat als ersten Anhaltspunkt von uns eine Rechnung von 20 Monaten vorliegen. Um die Angelegenheit zu vereinfachen, haben wir diesen Faktor errechnet auf Basis eines Jahres. Im Januar bekommt jeder Kunden auf seinem Verbrauch bezogen für den Zeitraum von 20 Monaten sein persönliches Angebot.  

Rechnung mit Verbraucherzentrale abgestimmt und geprüft. Sehr geehrte Frau Meyer. Diese Detailrechnung ist mit den Verbraucherschützern besprochen und abgestimmt worden.  

Mich wunderte es, dass Sie einen Prozess, der sich über lange Jahre hinziehen kann als risikolos bezeichnen und 100 Prozent versprechen. Falls Sie weitere Detailfragen haben, schlage ich vor, dass wir in den direkten Kontakt treten.  

Selbstverständlich steht jedem Kunden die Entscheidung frei, auch zu Klagen, dann bis zum 31.12.2010. Hierauf weisen wir immer fairerweise hin.  

In ein paar Tagen bekommen alle betroffenen Kunden Post von uns, in der wir unser Vergleichsangebot verbindlich und schwarz auf weiß zusichern. Nur der genaue Betrag wird aus technischen Gründen noch nicht drin stehen können.  

Ich danke für Ihr Interesse und hoffe, für mehr Klarheit gesorgt zu haben.

Beste Grüße Petra Willing

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Gesine Meyer, 03.12.10 19:02:

Zitat
@ Petra Willing

Dass „die jahreszeitlich gewichtete Preisdifferenz über den Zeitraum brutto ca. 1,64 ct/kWh betrug“ sehe ich nicht. Ihre Grafik „Auszahlungskalkulation“ zeigt den von Ihnen genannten Wert nur in den ersten 3 Monaten an, danach liegt die Preisdifferenz für den Zeitraum 01.04.2007 bis 31.08.2008 im Durchschnitt nur bei rund 1,25 ct/kWh. Insofern kann ich auch Ihre sonstigen Rechnungen nicht nachvollziehen.  

Warum machen Sie die Berechnungsformel nicht öffentlich, damit jeder nachrechnen kann, wie sich Ihr Vergleichsangebot zusammensetzt? Je mehr Sie damit hinter dem Berg halten, desto mehr Raum für Spekulationen und Misstrauen bieten Sie doch. Und dümmer als die Verbraucherschützer, mit denen Sie die Formel besprochen haben, sind Ihre sonstigen Kunden doch sicher auch nicht.  

Mich wundert, wie Sie darauf kommen, dass sich ein Prozess, in dem ein Kunde auf der Basis des Referenzpreises Stansch für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 Rückforderungsansprüche geltend macht, sich „über lange Jahre hinziehen“ könnte. Denn soweit sich die Voraussetzungen mit denen im Fall Stansch decken, dürfte der Kunde seine Forderungen doch wohl zu 100% durchsetzen. Wo ist da ein Risiko?


Seitdem seitens der Stadtwerke \"Schweigen im Walde\". Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. ;)

 

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